Brieftauben - Die Sehnsucht spornt sie an!

Im Taubenschlag
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Man nennt sie auch „Rennpferde des kleinen Mannes“ und meint die Brieftauben, die heute überwiegend für Flugwettbewerbe gehalten und gezüchtet werden. Früher dienten die Brieftauben der Nachrichtenübermittlung. Sie waren vor der Erfindung des Telegraphen praktisch die einzige Möglichkeit, Texte und vor allem militärische Informationen schneller zu übermitteln als durch einen Reiter. Zudem konnten die Tauben Nachrichten auch über feindliche Stellungen hinweg transportieren, ohne Aufsehen zu erregen. Diese Taubenpost gilt allgemein als Beginn der Flugpost. Heute haben Brieftaubenzüchter ganz anderes mit ihren Tieren im Sinn: Eine gute Zucht und Erfolge bei Flugwettbewerben stehen im Vordergrund ihrer täglichen Arbeit im Taubenschlag. Die Züchter schließen sich in Brieftaubenzuchtvereinen zusammen, welche wiederum Reisevereinigungen bilden, die den eigentlichen Wettbewerb durchführen. Dachorganisation des Brieftaubensports in Deutschland ist der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter e. V. mit Sitz in Essen. Das Ruhrgebiet galt immer schon als Hochburg des Brieftaubensports, dessen Wurzeln in Belgien liegen. Um Botschaften zu transportieren, muss eine Brieftaube von ihrem Heimatschlag an den geplanten „Auflassort“ gebracht werden. Bei den heutigen Wettbewerben transportiert ein Speziallastwagen die Tauben zu einem etwa 100 bis 1000 Kilometer vom Heimatort entfernten „Auflassplatz“, von wo sie ihren Heimflug antreten, wenn die Witterungsverhältnisse dies erlauben. Die Auflassentscheidung liegt in der Verantwortung eines vom Verband Deutscher Brieftaubenzüchter zertifizierten Flugleiters, der dazu detaillierte Informationen über die Wetterverhältnisse auf der gesamten Flugstrecke einholt. Bei ungünstigen Wetterverhältnissen, insbesondere bei Regen, Gewitter oder Nebel, wird der Auflass verschoben oder der Flug ganz abgesagt. Die Ankunftszeiten der einzelnen Tiere im heimatlichen Taubenschlag werden elektronisch erfasst. Nach dem Wettflug kommen die Daten zur Auswertung und Erstellung der Ergebnisliste in ein Rechenzentrum. Die Identifikation der einzelnen Taube geschieht hierbei mittels eines geschlossenen Nummernringes, der ihr für gewöhnlich in der zweiten Lebenswoche am rechten Fuß aufgezogen wird und dort ein Leben lang verbleibt. Die Farben der Ringe wechseln jedes Jahr. Verirrte Brieftauben können so mit Hilfe dieser Fußringnummer sogar „online“ gemeldet werden. In der Regel tragen Brieftauben zusätzlich auch am linken Fuß einen Ring mit der Telefonnummer des Eigentümers. Eine vollständige Erklärung dafür, wie sich Brieftauben orientieren, ist bis heute nicht gefunden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Brieftauben wie auch Zugvögel den Stand der Sonne bzw. der Sterne sowie das Magnetfeld der Erde als „Sonnen-, Stern- und Magnetkompass“ verwenden und zusätzlich optische Anhaltspunkte zur Orientierung nutzen. In jüngster Zeit wurde von Forschern ein Sensor des Magnetsinns in Nervenzellen am oberen Teil des Schnabels von Brieftauben nachgewiesen, mit dem diese die Stärke des Magnetfeldes der Erde messen und damit jederzeit ihre geographische Position bestimmen können. In den Monaten September bis März bleiben Brieftauben in ihrem Schlag. Grund hierfür ist das geringere Nahrungsangebot in der kalten Jahreszeit für den Habicht und das Sperberweibchen. Die Tauben wären ein gefundenes Fressen für die Greifvögel. Ab Mitte April beginnt die Flugsaison der Brieftauben. Zu Trainingszwecken sind zunächst drei Vorflüge von 30, 65 und 86 Kilometern zu absolvieren. Im Mai erwartet die Tauben z. B. ein Flug über 176 km von Brandenburg in den Raum Hannover. Der weiteste Preisflug startet in Polen, im 605 km entfernten Klodawa. Was aber veranlasst die Brieftauben zum schnellen Flug von 1000 bis 2000 m/Min. und Rückkehr in den heimischen Taubenschlag – mitunter über viele hunderte Kilometer? Es ist überwiegend die Sehnsucht der Tiere nach ihrem Partner zu Hause! Die nach Geschlecht getrennt gehaltenen Brieftauben kommen vor einem Wettflug paarweise zusammen und genießen – dem Menschen gleich – die Zweisamkeit. Wenn der Flugwettbewerb ansteht, trennt der Züchter die Tiere und schickt jeweils einen Partner auf die oft lange Reise. Mit der Auflassung am fernen Startort treibt die Sehnsucht nach dem zurückgelassenen Partner die Tauben zu Höchstleistungen an. Sie kennen dann nur noch ein Ziel: Den heimatlichen Schlag. Und dort erwartet sie ihr Taubenzüchter schon sehnsüchtig!

Im Taubenschlag
Warten auf den Partner - Guten Flug!
Bürgerreporter:in:

Bernd Stache aus Königslutter am Elm

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