Mit Gisela nach Eisenach in Thüringen.

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Hunderttausende aus aller Welt kommen nach Eisenach der Wartburg wegen. Davon profitiert natürlich auch die Stadt. Sie war längst nicht so verfallen wie andere Städte direkt nach der Wende. Es wurde mehr repariert und restauriert. Die Altstadt machte auch zu DDR-Zeiten einen passablen Eindruck. Heute ist natürlich alles wunderbar renoviert.

Ich hatte mich früher über jedes neue Dach gefreut. Man sah so richtig die Wandlung. Jetzt ist es für mich richtig langweilig. Aber nichts-desto-Trotz sehen wir uns eine wunderschöne Stadt mit einer der berühmtesten Burgen an.

Das Zentrum der Stadt ist der Marktplatz (als ich das erste Mal da war, hieß er noch Mittwochs-Markt) mit dem barocken Stadtschloss aus dem 18. Jahrhundert.

Das spätgotische Rathaus hat einen schiefen Turm und Reliefs des Renaissancemeisters H. Leonhardt, der auch den Brunnen mit St. Georg, dem Schutzheiligen Eisenachs 1549 schuf.

St. Georg ist die Pfarrkirche geweiht. Hier predigte Martin Luther und 1685 wurde Bach über die Taufe gehoben. Beide haben in Eisenach ihre Gedenkstätten.

Am Lutherplatz erinnert das Lutherhaus an den berühmten Schüler der Lateinschule St. Georg im Jahr 1488.

Das Bachhaus zeigt eine Ausstellung über Leben und Werk des großen Eisenachers und eine Sammlung historischer Musikinstrumente.

Vom Marktplatz führen mehrere Gässchen zum Karlsplatz, dem ehemaligen Sonnabendmarkt. Hier steht die Nikolaikirche, Ende des 12. Jahrhunderts als Flachdeckenbasilika erbaut. Ein Denkmal romanischer Baukunst. Aus der gleichen Zeit stammt das Nikolaitor, das älteste erhaltene Stadttor Thüringens.

In dem ehemaligen „Gasthof zum Löwen“ wurde auf dem Eisenacher Kongress 1869 die Sozialdemokratische Partei gegründet.

Das es in Eisenach auch ein Fritz-Reuter-Museum gibt, verwundert zunächst. Der mecklenburgische Dichter verbrachte hier seine letzten Lebensjahre. Er teilt sich die schöne Villa mit Richard Wagner, dessen Leben und Wirken man hier gleichfalls gedenkt. Er schrieb schließlich die Oper Thannhäuser, die auf der Wartburg spielt.

Kurz nach der Wende war man sehr besorgt wie lange die Wartburg die damals 22 Führungen pro Tag noch aushält. Inzwischen ist die Anziehungskraft des legendären Bauwerkes noch erheblich gestiegen. Ich war fast zehn Jahre nicht mehr dort und weiß deshalb nicht, wie das jetzt geregelt ist.

Ich habe während meiner Reiseleiterzeit hunderte Burgen besucht, aber die Wartburg ist etwas ganz besonderes. Sie ist eine Burg, die ans Herz greift.

Um 1067 soll sich Ludwig der Springer den Wartberg als Standort für seine neue Burg ausgeguckt haben. Weil er jedoch nicht beschwören konnte auf eigenem Grund und Boden zu stehen, ließ er flugs Erde aus seinem Besitz herbeischaffen, stellte sich darauf und schwor. Wie die Burg ursprünglich aussah, weiß man nicht. Das wollen wir auch gar nicht wissen, denn so wie sie jetzt ist, ist sie wunderschön. Die weiträumige Anlage, um zwei Höfe gruppiert, entstand in verschiedenen Bauzeiten. Gründlich restauriert wurde sie 1978 bis 1983.

Wir betreten sie über den einzigen Zugang, über die im Norden gelegene Zugbrücke nachdem wir über tausende (ist leicht übertrieben) Treppenstufen den Wartberg erklommen haben. Keuch – ächz – Schnauf!

Nach dem Passieren mehrerer Torbögen, zum Teil romanisch, zum Teil gotisch erreicht man den ersten Burghof mit Fachwerkbauten aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Mit Wehrgängen, Ritterhaus, Vogtei mit Nürnberger Erker. Aber schon die Torhalle, Neue Kemenate und Bergfried entstanden wesentlich später im neoromanischen und neogotischen Stil des 19. Jahrhunderts.

Seit dem 16. Jahrhundert war die Wartburg allmählich verfallen. Erst Minister Goethe machte auf den großen Wert dieses Denkmals wieder aufmerksam. 1838 begann dann der Baumeister Hugo von Ritgen die Burg auf- und auszubauen. Es war die Zeit politischer Bemühungen um die deutsche Einheit, die sich die Wartburg zum Symbol erkor.

Wertvollster Teil der Burg ist der zweite Burghof mit dem Gadem, der Zisterne, dem Südturm und dem Palas. Der Palas, das Landgrafenhaus, entstand zwischen 1190 und 1220. Seine Rundbogenfenster und die Kapitelle an den Bogengalerien zählen zum besten der spätromanischen Bauplastik.

Die Repräsentationslust des ludowingischen Landgrafen zeigt sich an den Festräumen. Der Festsaal umfasst das ganze zweite Geschoss. Der romanische kreuzgewölbte Ritter- und der Sängersaal erinnern an den Sängerwettstreit auf der Wartburg, an dem die begabtesten Dichter und Sänger teilnahmen. Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Reinmar von Zweter, Meister Klingsor. Tatsächlich stattgefunden hat der Sängerstreit nicht, alles wurde von Heinrich von Ofterdingen erfunden und ein paar hundert Jahre später durch Richard Wagner vertont. Tannhäuser hat die Wartburg opernreif und weltberühmt gemacht. Den Sängersaal haben alle Wagnerfans schon einmal als Kulisse auf der Bühne gesehen.

Aus dem 13. Jahrhundert stammen die Elisabeth-Kemenate. Kreuzgewölbe mit herrlichen Glasmosaiken. Hier lebte die mildtätige Landgräfin, die sich den Armen widmete und heilig gesprochen wurde. Ihre wundersame Geschichte und die der ganzen Wartburg erzählte in märchenhafter Art Moritz von Schwindt mit seinen Fresken in der Galerie neben dem Sängersaal.

Dieser war auch Schauplatz des Wartburgfestes der Studenten am 18. Oktober 1817, auf dem deutsche Burschenschaften aus allen vaterländischen Hochschulen zusammenkamen als Manifestation gegen feudale Kleinstaaterei und für die deutsche Einheit.

Über den westlichen Wehrgang kommt man zur Lutherstube, deren Einrichtung fast unverändert ist, bis auf den Tisch, der wegen Abnutzung schon 1817 ausgewechselt wurde. Luther war am 05. Mai 1521 auf dem Weg von Möhra nach Gotha entführt und auf die Burg gebracht worden. Der Kurfürst von Sachsen hatte das veranlasst um ihn vor der Reichsacht Kaiser Karl V. zu schützen. Als „Junker Jörg“ übersetzte er in zehn Monaten das Neue Testament aus dem Griechischen. Eine großartige Tat für die Herausbildung des Hochdeutschen, die auch ein hohes Maß an Geduld verlangte. Dass er sie zwischendurch verlor, beweist wohl der Wurf mit dem Tintenfass nach dem Teufel, der ihm angeblich erschienen war, um ihn in Versuchung zu führen mit der aufwendigen Arbeit Schluss zu machen. Leider wird der Tintenfleck an der Wand nicht mehr erneuert.

Logieren kann man auch auf der Wartburg in einem stilvollen Hotel, das meistens ausgebucht ist. Auch das Restaurant ist stark frequentiert. Wir haben uns aber nach so viel Kultur ein schönes Stück Kuchen mit einer Tasse Kaffee, oder auch zwei, verdient. Deshalb habe ich dort für uns Plätze reserviert. Anschließend verlassen wir wieder die Wartburg über die „tausend“ Treppen nach unten zu unserem Bus und setzen unsere Fahrt fort.

Bürgerreporter:in:

Gisela Görgens aus Quedlinburg

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