myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Leipziger Buchmesse 2010: Reise ins Leseland

Kürzlich konnte ich mir endlich mal selbst ein Bild von der Leipziger Buchmesse machen. Neben der Frankfurter Buchmesse gilt die Leipziger als wichtigster Treffpunkt für Verlage und Autoren und soll dabei publikumsnäher als die Messe im Herbst sein. Taktisch unklug wählte ich den Samstag als Besuchstag – ging halt nicht anders. Zumindest gegen Nachmittag lichteten sich die Gänge etwas und damit war ein Durchkommen um ein Vielfaches beschleunigt: Statt 30 Minuten von Halleneingang 2 zu Halleneingang 3, brauchte ich nur noch 4 Minuten. In den Stoßzeiten seine angepeilten Lesungen und Gesprächsrunden zu erwischen, wird damit zur Utopie. Von Star-Autor Martin Suter („Lila, Lila“) hörte ich noch etwa drei Sätze im schweizer Dialekt und sah bei dessen Abgang einen grau melierten Schatten im Nadelstreifen-Anzug.
Aber scheißegal, danach kam Denis Scheck, der einmal im Monat im Literaturmagazin „druckfrisch“ im ARD Bücher empfiehlt und – was noch unterhaltsamer ist – von einigen, meist Bestseller abrät. Der Literaturkritiker, der meines Erachtens zum Sprachgewandtesten gehört, was das deutsche Fernsehen zu bieten hat, überzeugte mich voll und ganz. In 30 Minuten feuerte er in einer One-Man-Show ein Best-of ab, das auf die vergangen zwölf Monate Buchpublikationen einging.
Nach diesem Programmpunkt stöberte ich in der Messe in der Messe – einige Antiquariate hatten ihre Bestände zur Messe gebracht. Zwischen wunderschönen Gesamtausgaben einiger Autoren entdeckte ich einige Gedichtbände von Karl Krolow aus der Suhrkamp Edition wieder.
Nach einem Eis an der warmen Frühlingsluft, schlenderte ich Richtung Fantasy, stolperte über eine Lesung von Wolfgang Hohlbein und lauschte nebenbei beim kleinen Mann mit Vollbart. Noch fantastischer fand ich dem Bereich mit den Comics und Mangas – dort tummelten sich haufenweise Cosplayer. Diese sogenannten Cosplayer finden es ganz super sich als Fantasie-Figuren aus Comics, Mangas, Computerspielen, Kartenspielen u.a. zu verkleiden. Da der Trend aus Japan kommt, traf ich in der Manga-Ecke auch die meisten kostümierten Jugendlichen.
Nach diesem witzigen Kulturschock, war ich perfekt vorbereitet auf Nina Hagen auf dem Blauen Sofa. Die Sängerin präsentierte ihre Memoiren tituliert „Bekenntnisse“. Um die Punkdiva hatten sich ziemlich viele Zuhörer versammelt – heißt: Ich sah entweder nix und hörte Frau Hagen oder hörte nix und sah sie ameisengroß.

Den atmosphärischeren Teil der Messe erlebt man in der Innenstadt Leipzigs selbst, also hörte ich auf die Infos von Freunden und stieß zufällig auf eine Veranstaltung mit Helbert Häberlin vom Literarischen Kabinett Landsberg. Pflichtbewusst für das myheimat-Stadtmagazin „Landsberg“ zu berichten, verband ich typisch journalistisch Freizeit mit Arbeit und reihte mich in eine lange Schlange vor der Alten Handelsbörse Leipzig ein. Mit Glück ergatterte ich einen Knieplatz direkt vor der Bühne – der Saal war bis auf den letzten Zipfel voll und einige Willige mussten draußen bleiben. Die Musikalische Lesung stand unter dem Motto „Liebesbriefe großer Männer“ (übrigens ein Buch, das seinen Auftritt auch im Film „Sex and the City“ hat, Anm. d. Red.). Musikalisch untermalt wurden Häberlins starke Worte vom Gewandhausbläserquintett (Katalin Stefula, Thomas Hipper, Thomas Ziesch, Ralf Götz, Albert Kegel) und einem Jazz-Duo (Andrè Jolig, Christoph Schmidt). Die Musik passte sich der Zeit der Autoren an und spielte auch schon mal im Wechsel der Worte. Franzosen sind nach dem Programm zu urteilen die besten Liebenden. Neben Flaubert, Baudelaire, Sartre und Alain Delon kamen ausschließlich Franzosen zu Wort. Schön arrangierte der Veranstalter neben der großen Zeitspanne der Autoren auch deren unterschiedliche Art zu sagen „Ich liebe dich“: Mal liebevoll, mal schroff, mal sexuell überreizt.

Schade nicht alles gesehen zu haben. Aber manchmal ist weniger einfach mehr. Wahrscheinlich hätte es mir nicht mehr so gut gefallen, hätte ich verpflichtend alles sehen müssen. Ich höre jedenfalls auf Denis Scheck und lese jetzt mal wieder Lyrik – Krolow natürlich, hab ihn ja wieder entdeckt.

  • Literaturkritiker Denis Scheck mit seinem Best-of der Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt
  • hochgeladen von Juan Carlos Oliver-Vollmer
  • Bild 4 / 12

Weitere Beiträge zu den Themen

lesenMartin SuterLiterarisches KabinettKarl KrolowBücherWolfgang HohlbeinMangaCosplayDenis ScheckLeipziger BuchmesseNina Hagen

Kommentare

Beteiligen Sie sich!

Es gibt noch keine Kommentare. Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite