Alte Häuser verschwinden trotz Denkmalschutz

Es war einmal
Frische Frösche für Franzosen
gegen Keks getauscht

Das Meisterhaus an der Ecke Bruchstraße)Germaniastraße : Vor über hundert Jahren erbaut

Es steht mit Recht unter Denkmalschutz, das dreigeschossige Wohnhaus an der Ecke Bruchstraße/Germaniastraße No 11, das der aus der Grenzmark Posen/Westpreußen stammende Fabrikant Hermann Manske für seine Meister erbauen ließ, die in seiner Portland-Cementfabrik in Lehrte ihr täglich Brot verdienten. Der Bauantrag stammt vom 4. September 1890, doch welcher Maurermeister hier am Werk war, verraten die Bauakten nicht. Vermutet wird, dass vieles in Eigenarbeit verrichtet wurde, zumal die Cementfabrik über ausgezeichnete Fachkräfte verfügte. Es war auf jeden Fall solide Arbeit, die die Handwerker seinerzeit leisteten, obwohl schon nach ein paar Jahren Risse im Mauerwerk auftraten. Der als Gutachter beauftragte Lehrter Architekt und Stadtbaumeister Max Huguenin stellte fest, dass die Cementfabrik keinesfalls Zement minderer Qualität für ihr eigenes Haus verwendet hatte. Schuld an den auftretenden Rissen war der Grundwasserspiegel, der sich auch durch Wasserentnahme ständig veränderte und sogenannte Senkungsschäden verursachtete.
Im Volksmund heißt auch heute noch das stattliche Gebäude Meisterhaus, obwohl heutzutage weder ein Meister der Portland-Cenmentfabrik noch einer der Maschinenfabrik von Franz Bade & Co dort wohnt. Beide Fabriken sind längst liquidiert. Der inzwischen (2010) verstorbene Schimmel Wilhelm Grimm, der mit seinen Eltern eine Zeitlang im Meisterhaus gewohnt hatte, weiß aus seiner Jugendzeit, dass zum Haus noch ein Nebengebäude gehörte, in dem während des Ersten Weltkrieges französische Kriegsgefangene untergebracht waren. Als Sechsjähriger habe er mit seinen Kumpels in den benachbarten sumpfigen Wiesen Frösche gefangen und an die Franzosen verkauft. Wer die meisten Kekse spendierte, bekam die dicksten Frösche, erinnert er sich verschmitzt lächelnd.
Nach dem Ersten Weltkrieg um 1919 stand ein großer Umbau des Wohnhauses an. Aus sechs Meisterwohnungen wurden vorübergehend zwölf Notwohnungen für Flüchtlingsfamilien, die zum Teil aus Elsaß-Lothringen nach Lehrte gekommen waren und bei Bade Arbeit gefunden hatten. In das Nebengebäude zog die Röhrenfabrik Nussbaum und später richtete der neue Eigentümer, die Maschinenfabrik Bade, dort für seine Belegschaft eine Kantine ein. Heute stehen an Stelle des abgerissenen Nebengebäudes mehrere Garagen.
Doch Denkmalschutz heißt nicht, das Haus Wind und Wetter zu überlassen sagten sich die späteren Eigentümer, die Gebrüder Dr. Ernst August Wübben, Lehrte, und Dr. Karl Wübben, Wolfratshausen. Seit 1987 ließen sie unter Mithilfe der Leistungsgesellschaft Haus & Grund Niedersachsen Hannover das lädierte Gebäude mehrfach vorbildlich renovieren, so dass es sich jetzt wie aus dem Ei gepellt dem Betrachter präsentiert. Augenblicklich leben in dem dreistöckigen Haus mit den vielen großen Fenstern fünf Familien, die mit den zeitgemäß ausgestatteten Wohnungen durchaus zufrieden sind, obwohl Grundwasser sich hin und wieder bemerkbar macht. Dann nämlich, wenn die Pumpe im Brunnen vor der Haustür ausfällt und das Wasser in Kellerräume eindringt. Damit muss man leben, meint die 80jährige Asta Eickelberg, die sich seit 1965 in dem Haus am Ende der Germaniastraße wohl fühlt und Gottlob , wie sie betont, erst einmal nasse Füße bekommen hat. Lothar Rolf Luhm

Bürgerreporter:in:

Lothar Rolf Luhm aus Lehrte

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