Ursula Prüße: "Wir sind der jüngste Ahltener Verein, aber lange nicht der kleinste!"

Ursula Prüße | Foto: Ursula Prüße

Ursula Prüße ist die Vorsitzende des Vereins Lebendiges Ahlten. Im E-Mail-Interview stellt sie den Verein näher vor, berichtet vom Dorfchronisten Albert Diedrich, der auf eine Quelle gestoßen ist, nach der Ahlten 200 Jahre älter sein könnte als gedacht und verrät, was Ahlten lebenswert macht.

Sie sind die Vorsitzende des Vereins Lebendiges Ahlten. Seit wann gibt es den Verein, was hat er sich auf die Fahnen geschrieben, und seit wann sind Sie Vorsitzende?

Unseren Verein gibt es seit dem 4. Oktober 2006. Die Herausgabe einer Dorfchronik gab den Anstoß zur Gründung einer Heimatbundgruppe, die Mitglied im Heimatbund Niedersachsen e.V. ist. Neben der Pflege der Ortsgeschichte haben wir uns vor allem die Verschönerung des Ortsbilds und die Förderung des Zusammenlebens in unserem Dorf Ahlten auf die Fahnen geschrieben. Wir wollen, dass Ahlten liebenswert, lebendig (deshalb der Name!) und damit lebenswert bleibt!
Von Anfang an habe ich im Vorstand mitgearbeitet. Im März 2009 musste unser Vorsitzender leider aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten, und ich wurde als Vorsitzende gewählt.

Was zeichnet den Verein Lebendiges Ahlten aus? Und wo zwickt es?

Wir sind der “jüngste” Ahltener Verein, aber schon lange nicht mehr der kleinste! Unsere Mitglieder kommen aus den unterschiedlichsten Gruppierungen/Parteien. Darauf sind wir stolz. Und “gezwickt” hat es uns bislang noch gar nicht. Mit unseren Vorschlägen und Anliegen laufen wir oft offene Türen ein. Natürlich ist meistens die Finanzierung das Schwierigste, wir sind immer auf Sponsoren angewiesen.

Wenn Sie zurückblicken: Welche Errungenschaften waren wichtig für den Verein?

Unser erster großer Erfolg war die Herausgabe einer ganz besonderen Dorfchronik. Es ist uns gelungen, die umfangreichen Sammlungen unserer beiden betagten Ortschronisten Ilse Prüße und Albert Diedrich mithilfe eines Historikers und mit Unterstützung unseres Ortsrats in einem wunderbaren Werk zusammenzuführen. Der Titel lautet: "Lebendiges Ahlten, Geschichte(n) eines Dorfes im Großen Freien". Die Finanzierung eines solchen Werkes ist natürlich nicht leicht. Wir bemühten uns erfolgreich um Sponsoren, und zu unserer Freude verkaufte sich die Chronik von Anfang an sehr gut, so dass sie schnell bezahlt war.
Viele im Dorf würden in diesem Zusammenhang sicher auch unseren Kalender nennen, den wir seit Bestehen unseres Vereins jedes Jahr herausgeben. Bestückt mit historischen Bildern aus Ahlten, jedes Jahr zu einem anderen Thema, ist er zu einem festen Bestandteil geworden. Die Vorstellung des neuen Kalenders ist in jedem Jahr Mitte November das Highlight unseres Stammtisches.
Ein weiterer großer Erfolg war in diesem Jahr die Organisation des ersten gemeinsamen Ahltener Maifests, an dem sich fast alle Ahltener Vereine und Organisationen beteiligten. Unserem Verein Lebendiges Ahlten war es gelungen, 23 Vereine bzw. Organisationen an einen Tisch zu bekommen. Jede der teilnehmenden Gruppen von den Kindertagesstätten bis zu den Kleingärtnern hatte sich ganz besondere Highlights ausgedacht: Vorführungen und Mitmachaktionen für Groß und Klein boten viel Abwechslung und Unterhaltung und natürlich war auch für das leibliche Wohl gesorgt. Hervorheben möchte ich, dass sich die Beteiligten mit ihrem Einsatz nicht für die Aufbesserung ihrer Vereinskasse, sondern zum Wohle des ganzen Dorfs engagierten. Aus anderen Orten weiß ich, dass so ein gutes Miteinander durchaus nicht selbstverständlich ist.
Dass sich der Einsatz und die Arbeit unseres Vorstands gelohnt haben, zeigt sich darin, dass sich alle Beteiligten darin einig waren, dass das Fest zu einer festen Einrichtung am 1. Mai werden und Lebendiges Ahlten weiterhin mit der Organisation betraut werden soll.

Viele Vereine beklagen das fehlende Engagement des Nachwuchses. Welche Beobachtungen machen Sie?

„Heimatverein“ klang für mich anfangs etwas altertümlich. Deshalb war mir unser Name „Lebendiges Ahlten“ sehr wichtig. Inzwischen wollen viele Menschen in unserem Dorf zu den lebendigen Ahltenern gehören, auch Jüngere. Das zeigt sich an folgendem Beispiel:
Als Ergänzung zum Ahltener Bauernfastabend, den traditionsgemäß der Ortsrat jedes Jahr Fastnacht für die Männer veranstaltet, haben wir ein Spargelessen für die Ahltener Frauen im Mai eingeführt. Die Veranstaltung „Spargel und Aktuelles“ ist schnell zu einem wahren Renner geworden, bei dem man sich rechtzeitig um Karten bemühen muss. Drei Generationen von Frauen verbringen einen unterhaltsamen und lehrreichen Abend miteinander und konkurrieren darin, ob im nächsten Jahr Mutti oder Oma die Kinder hütet.
Selbstverständlich müssen wir uns weiter um Mitglieder bemühen. Dazu gehören besonders die neu Hinzugezogenen und natürlich auch die Jüngeren.

Im April stand Ihr Verein im Fokus der Öffentlichkeit, als Dorfchronist Albert Diedrich auf eine Quelle gestoßen ist, nach der Ahlten 200 Jahre älter sein könnte, als gedacht. Wie haben Sie davon erfahren und wie darauf reagiert?
Gibt es inzwischen neue Erkenntnisse zu diesem Thema?

Ja, das war eine Sensation. Herr Diedrich schrieb uns Folgendes: "Kaiser Otto setzte 1004 eine Kommission ein, die sich mit der Beseitigung der Grenzstreitigkeiten der Sufragane (Bistümer) unseres Bereiches beschäftigen sollte, um diese zu beseitigen. In diesem Zusammenhang wurde auch Ahlten genannt."

Auf meine Frage nach der Quelle schrieb er: "Die Quelle wurde in meiner Quelle als NSTA (Niedersächsisches Staatsarchiv) angegeben. Da sich dieser Fall um einen Auszug aus einem Teil der Rechtsstreitigkeiten zwischen den Bistümern Mainz, Minden u. a. handelt und u. a. auch teilweise in Büchern über den Bischof Bernward aufgezeichnet sind, kann man von einer Wahrhaftigkeit ausgehen. Noch dazu ich das Datum aus mehreren Literaturquellen entnommen habe. Ich werde versuchen herauszufinden, ob es noch „echte“ Kopien oder Abschriften gibt. In Hildesheim hat es bereits 1007 einen Brand gegeben, der alles vernichtet haben soll.“
Nun sind wir gespannt, ob Herr Diedrich weiteres ausfindig machen kann, das so stichhaltig ist, das wir es verwenden können. Zurzeit gibt es leider dazu noch keine neuen Erkenntnisse.

Die Ahltener Bürger sind aufgerufen, sich an einem von Ihnen initiierten Ideenwettbewerb zu beteiligen. Welche Idee steckt dahinter?

Wir wollen die Wünsche und Ideen der Ahltener Bevölkerung aufnehmen. Jeder soll die Chance haben, sich einzubringen. Manches leiten wir an unseren Ortsrat oder die Stadt Lehrte weiter, anderes nehmen wir in Angriff. Auf diese Art und Weise haben wir eine ausgefüllte To-do-Liste und müssen keine Angst haben, an den Wünschen unserer Mitbürger vorbei zu agieren. Unser Stammtisch, ein Begrüßungsschild am Ortseingang, die Bepflanzung eines Kreisels, ein Kochkurs rund um alte Ahltener Rezepte und vieles mehr sind schon aus dem Ideenwettbewerb entstanden.

Wo sehen Sie den Verein Lebendiges Ahlten in zehn Jahren? Und wo sehen Sie Ahlten in zehn Jahren?

Ich denke, dass unsere Mitgliederzahl in zehn Jahren noch weiter nach oben gestiegen ist. Vielleicht haben dann auch ein kleines Museum oder eine “Ahltener Stube”, in der wertvolle Erinnerungsstücke ausgestellt werden können. Das wird natürlich nicht ohne die Hilfe aus der Bevölkerung zu erreichen sein.
Ich hoffe, dass wir in zehn Jahren viel dazu beigetragen haben, dass unsere Neubürger (in den vergangenen Jahren waren es mehr als 1000) sich als Ahltener fühlen.
Aus dem ehemaligen Bauerndorf Ahlten ist ein Wohnort für viele geworden. In zehn Jahren wird Ahlten noch weiter gewachsen sein, und es werden noch mehr Industrie- und Gewerbebetriebe dort angesiedelt sein. Unser Verein Lebendiges Ahlten hat sich auf die Fahnen geschrieben, nach allen Kräften dafür zu sorgen, dass Ahlten auch in zehn Jahren noch liebenswert, lebendig und lebenswert sein wird.

Mal abgesehen vom Heimatbund: Was macht Ahlten lebenswert?

Vieles habe ich schon genannt. Besonders ist noch: In Ahlten lebe ich in einem Dorf mit allen Vorzügen, die das mit sich bringt und trotzdem sehr zentral. Wir habe eine tolle S-Bahnanbindung und sind in zwölf Minuten in Hannover.
Wir sind ein Dorf mit alteingesessenen, sehr engagierten mittelständischen Betrieben (Landwirtschaft, Handwerk), zwei Kindertagesstätten, einer Grundschule, Ärzten, einer Apotheke, mehreren Einkaufsmöglichkeiten und vor allen Dingen ganz vielen sehr rührigen Vereinen, die zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde darum bemüht sind, dass Menschen sich hier wohl fühlen.

Und was könnte besser werden?

Besser werden müsste unbedingt die innerdörfliche Gestaltung. Es gibt wunderschöne Pläne für die Umgestaltung unseres Barnstorfplatzes, die auf Initiative unseres Vereins von einem Städteplaner erstellt wurden. Ziel ist es, einen begrünten Dorfmittelpunkt zu schaffen.
Auch der ehemalige Dorfteich ist heute ein kleiner grüner Platz, den wir unbedingt erhalten und noch verschönern sollten. Leider hat die Stadt Lehrte nicht die finanziellen Möglichkeiten, dieses zeitnah umzusetzen. Mal sehen, was wir als Verein dazu beitragen können.

Seit zwei Jahren schreiben Bürgerreporter auf myheimat.de, dem Mitmachportal des Anzeigers. Was halten Sie von dem Projekt?

Mit dem Namen "myheimat" habe ich meine Probleme. Ich finde ihn ziemlich fantasielos und auch recht unpassend. Ein Mitmachportal finde ich gut und unterstützenswert. Es sollte allerdings nicht die journalistische Arbeit ersetzen.
Bislang denke ich, unsere Berichte werden in unseren eigenen Infobriefen, auf unserer Internetseite, dem Ahltener Vereinskurier und der Rubrik “Mein Verein” im Landkreisanzeiger mehr gelesen. Aber ich wäre auch bereit, ab und zu etwas auf myheimat.de zu berichten. Es gibt einige schöne Geschichten aus Ahlten, die durchaus auch für Nicht-Ahltener lesenswert wären.

myheimat-Team:

Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister

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