Vorstellung des Sportlers Jörg Wedde

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Jörg Wedde ist für die Wahl zum Behindertensportler des Jahres des Behindertensportverbandes nominiert. Mehr zur Wahl findet man am ende des Textes.

Hier nun das Portrait über Jörg Wedde

Von Null auf 105 Prozent

Früher dachte ich immer, Sport ist etwas, das man nur im Fernsehen sieht “, sagt Jörg Wedde , wenn er an seine Jugend denkt. Mittlerweile möchte sich der 43-jährige Medizintechniker ein Leben ohne aktiven Sport gar nicht mehr vorstellen. Mit insgesamt fünf Deutschen Meistertitel, einem vierten Platz bei den Paralympics in Turin und seit 2008 in seiner Position als Mannschaftskapitän der Nationalmannschaft gehört er mittlerweile zu den erfolgreichsten Sledge-Eishockeyspielern in Deutschland.

Seine Erfolge hat Jörg Wedde seinem außergewöhnlichen Engagement und seiner Einstellung zu verdanken. „Durch das Sledge-Eishockey hat sich mein gesamtes Leben verändert“, sagt er rückblickend. Nachdem ihm in Folge eines Bahnunfalls im Alter von 13 Jahren beide Unterschenkel amputiert werden mussten, hat er sich dem Sport zunächst regelrecht verweigert. „Ich hatte für den Schulsport ein dauerhaftes Attest und konnte in der achten und neunten Stunde immer nach Hause gehen“, erinnert er sich. Als Sledge-Eishockey im Winter 1996/1997 nach Deutschland kam und ein Freund ihn mit zum Training nehmen wollte, hat er abgelehnt. „Ich war einfach nicht bereit, die Prothesen auszuziehen und mich in einen Schlitten zu setzen“, erklärt er. Erst sehr viel später, im Jahr 2002 kam er im Alter von 37 Jahren durch einen Kollegen zum Sledge-Eishockey. „Mannschaftssport fand ich schon immer ganz okay, und irgendwann hatte ich mich daran gewöhnt, ohne Prothesen auf dem Schlitten zu sitzen“, sagt er. „Andere ziehen ihre Schlittschuhe an, ich setze mich in den Schlitten.“

Vermittler und Vorbild in einer Person

Dass Jörg Wedde sich lange Zeit gegen das Ablegen der Prothesen ebenso gewehrt hat, wie gegen die Nutzung eines Rollstuhls, liegt daran, dass er in seiner Behinderung nie „etwas Negatives“ gesehen hat und nie auf andere angewiesen sein wollte. „Als ich nach der Amputation im Krankenhaus aufgewacht bin, wusste ich recht bald, dass ich etwas tun muss, wenn ich in meinem Leben vorankommen will“, erinnert er sich. Dieser Gedanke hat sich wie ein roter Faden durch Jörg Weddes gesamtes bisheriges Leben gezogen. Ebenso seine Flexibilität und seine Offenheit für Neues. Mittlerweile geht er sehr professionell mit seiner sportlichen Rolle um. Seit 2008 ist er Kapitän der Nationalmannschaft und identifiziert sich voll und ganz mit dieser Aufgabe. „Ich mach das sehr gern. Man nimmt eine Vermittlerrolle zwischen Trainern und Mannschaft ein und versucht, Anweisungen und Wünsche in beide Richtungen zu kommunizieren.“ Ziel sei es, eine homogene Gruppe zu schaffen, in der man die Spieler oftmals „menschlich abholen“ müsse. Besonders nach einem Vier-Augen-Gespräch komme er sich manchmal vor „wie ein Priester mit Beichtgeheimnis“. Oft genug werden ihm private Schwierigkeiten anvertraut, und für die jüngeren Spieler hat er zudem eine Vorbildfunktion hinsichtlich Kommunikation und Fairness. „Dabei gebe ich, wie sonst auch, immer 105 Prozent.“

Plötzlich waren wir die Gejagten

Mit Hilfe seines Engagements und seiner Zielstrebigkeit hat Jörg Wedde es nicht nur geschafft, innerhalb der Mannschaft eine wichtige Positon einzunehmen, sondern hat mit seinem Team bereits im Jahr 2005 Geschichte geschrieben. Damals fanden zum ersten Mal die Europameisterschaften statt und Jörg Wedde gewann den ersten EM-Titel in der Geschichte des Sledge-Eishockey. Doch erst mit dem vierten Platz bei den Paralympics 2006 in Turin war Deutschland im Kreis der starken Nationen angekommen. „Durch diesen vierten Platz haben wir uns großen Respekt erspielt. Plötzlich waren wir die Gejagten“, sagt der Kapitän. In der Vorrunde hatte sein Team keine Partie verloren, unterlag jedoch im Halbfinale den Kanadiern und im Spiel um Platz drei knapp den USA. „Mit einer besseren Auslosung hätte es auch zu einem Treppchenplatz reichen können“, meint Jörg Wedde.

Einer für alle, alle für einen

Nicht erst seit diesem Erfolg steht für Jörg Wedde eines fest: Sledge-Eishockey, das ist Spitzensport, in dem man sich im Kampf um den Sieg mit allen Konsequenzen durchbeißen muss. „Auf dem Eis sind wir Gegner, privat verstehen wir uns aber gut und haben viel Spaß miteinander. Wenn man sich aber die Erlebnisse nicht aufschreibt, die wir miteinander haben, geht das Leben wie im Zeitraffer an uns vorbei.“ Trotz aller Rivalität um Titel und Siege sei die Sledge-Eishockey-Szene eine große internationale Familie und die eigene Mannschaft ein festes Mitglied. Über seine Kandidatur für die Wahl zum Behindertensportler des Jahres freut sich Jörg Wedde zwar sehr, betrachtet sie aber mit Blick auf die gesamte Mannschaft eher uneigennützig. „Ohne die anderen hätte ich es ja gar nicht zu so vielen Erfolgen gebracht.“

Hinweis: Gewählt werden kann (vom 13. Februar bis zum 11. März) in den Lotto-Annahmestellen in Niedersachsen, den Geschäftsstellen der Hannoverschen Volksbank, mittels der Stimmkarte in der HAZ und weiteren Tageszeitungen, der Stimmkarten der Magazine des BSN und des LandesSportBundes, im Sportleistungszentrum Hannover und im Internet auf der Homepage des BSN http://www.bsn-ev.de.

Text:
Einführung: Lars Klingenberg
Portrait: Behinderten Sportverband Niedersachen

Bürgerreporter:in:

Lars Klingenberg aus Lehrte

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