Gespinstmotten spielen den Verpackungskünstler Christo nach ... (oder anderstrum)

21. Mai 2011
Flur, 86853 Langerringen
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Statt Laub trägt der Baum an der Gennach einen weißen Schleier. Ein Phänomen, das die Gespinstmotte erzeugt, kommt jedes Jahr vor, aber selten so gut sichtbar.

Hiltenfingen. Weiß gewandet erscheinen dieser Tage einige Erlen und Weiden entlang der Gennach. Eingehüllt wurden die Bäume von Gespinstmotten. „Die Leute erschrecken sich bei dem Anblick fast zu Tode“, sagte mir ein Anwohner aber ihn erschüttert das zähe Gewebe, das bei näherem Betrachten voller wimmelnder Raupen ist, inzwischen nicht mehr. „Die sind völlig harmlos. Die tun nichts und die Bäume gehen auch nicht davon ein.“

Aus der Nähe betrachtet wuselt es im Gespinst. Nicht alle Raupen werden sich zu Schmetterlingen verpuppen. Einige werden zu Wächterraupen.

Dass sich die Raupen aus der Yponomeutiden genannten Familie von Kleinschmetterlingen so auf das junge Laub der Bäume stürzen, hat einen einfachen Grund. Frisch ausgetrieben steckt es noch voller Eiweißstoffe. Das brauchen die Raupen für ihre schnelle Entwicklung. „Später im Jahr werden die Blätter unattraktiv.“ Der Eiweißgehalt sinkt, die Blätter enthalten mehr und mehr Schutzstoffe, die vom Fressen abhalten. Da vergeht den Raupen der Appetit.

Für die Bäume ist es zwar ein harter Schlag, wenn ihnen das ganze Laub für die Photosynthese zunächst abhanden kommt, doch die erholen sich auch wieder, wurde mir gesagt.

Das textile Werk der Raupen sieht zwar eher wie ein Leichentuch aus, aber auch wir können von der Spinntätigkeit der Schmetterlingsraupen auch viel profitiert. Was an der Gennach leichtes Gruseln erzeugt, „das ist im Prinzip eine enorme Produktion von Spinnseide“. Das Ausgangsmaterial für Seide stellen schließlich nach gleichem Muster auch die Seidenspinnerraupen in ihren Speicheldrüsen her. Es sind im wesentlichen zwei Eiweißstoffe, Fibroin und Serezin, die für eine recht stabile Hülle sorgen. Fibroin macht die Seidenfaser stabil, Serezin sorgt für das Zusammenkleben.

Die Wächter opfern sich für die anderen
Die Gespinstmotten haben das Gewebe zu einem Schutzumhang weiterentwickelt. Vögel oder Schlupfwespen, die Raupen gern als Nahrungsquelle hätten, kommen so nicht an sie ran. Selbst Spritzmittel perlen ab. Neben den Raupen, die sich ganz normal zu Schmetterlingen verpuppen, gibt es auch noch Wächterraupen. Die sind für Reparaturen im Gespinst zuständig, wenn sich die übrigen Raupen in ihre Kokons zurückziehen. Sie verspielen dabei die Chance, sich selbst zum Schmetterling zu wandeln, und sterben.

Eine spinnende Verwandschaft
Die Gespinstmotten gehören zur Schmetterlingsfamilie der Yponomeutiden. Die erwachsenen Schmetterlinge sind unscheinbar und erreichen etwa zwei Zentimeter Flügelspannweite. Die Arten haben sich auf unterschiedliche Nahrungspflanzen verlegt. Die Pflaumen-Gespinstmotte wickelt Schlehen oder Zwetschgen ein. Es gibt Kleinschmetterlinge, die Pfaffenhütchen befallen oder den Faulbaum. Einen ernsthaften Schädlingen gibt es auch mit der Art, die Apfelbäume attackiert.

Wer die Gespinste im eigenem Garten rechtzeitig bemerkt, sollte kräftig dagegen klopfen. Manche Raupen seilen sich dann ab. Mutige greifen einfach beherzt zu und entfernen die Raupen samt Schleier mit der Hand. Sie lassen sich auch mit einem Wasserstrahl abspritzen. Wenn es nicht anders geht, mit einer Schere den Befallsherd herausschneiden.

Bei wildwachsenden Bäumen kommt es nicht zu dauerhaften Schäden. Im Laufe des Sommers schieben sie neues Laub. Der Befall kommt nicht jedes Jahr wieder.

Bürgerreporter:in:

Harald Schuster aus Hiltenfingen

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