Missverständnisse und ein Nachtrag

Oder: Manchmal steckt mehr dahinter,

sie sind jung verheiratet, sie lieben sich, und eigentlich ist alles wunderschön, eigentlich, wenn da nicht sein Lieblingsessen wäre, nämlich Rouladen, mit denen stimmt was nicht, die bringen Margit zur Verzweiflung, denn immer wenn sie welche auf den Tisch bringt und ihren Mann fragt „schmeckt es dir“ antwortet Henning „jaja doch, wirklich“ aber es klingt immer so, als sagte er
„Schatz, für dich ess ich alles, selbst deine Rouladen“, und gemeint war, also wie bei meiner Mamma sind sie nicht, überhaupt nicht, obwohl Mamma doch erklärt hat, wie sie sein sollen.

Die Zeit vergeht, sie lieben sich weiterhin, auch die Rouladen bleiben weiterhin hinter denen von Mamma zurück, bis eines Tages, als sie wieder welche im Schmortopf hat, als die Kartoffeln kochen und das Gemüse vor sich hin gart, das Schicksal die Karten neu mischt, denn es klingelt an der Haustür, ausgerechnet jetzt.

Margit ist irritiert, die Rouladen im Topf, Kartoffeln und Gemüse auch und die Klingel gibt keine Ruhe, sie zögert einen Moment, dann ruft sie „Ja Ja ich komme“, lässt alles stehen und liegen läuft zur Haustür , und macht auf, es ist Birgit, ihre Nachbarin, die ist auch aufgeregt, ob Henning da sei, will sie wissen, „nein, ist er nicht“, sagt sie, aber er müsste gleich wiederkommen und warum sie das wissen wolle, weil sie einen Kurzschluss hätte, und Henning wüsste doch Bescheid mit dem Sicherungskasten und so „ach so ja ich schicke ihn gleich rüber wenn er kommt“ , und sie hätte im Moment keine Zeit und komplimentierte Birgit wieder in ihre Wohnung zurück, dann lief sie in die Küche zurück, böses ahnend,

zu Recht, das Unheil war geschehen, die Rouladen waren angebrannt, nicht allzu sehr, nur ein bisschen, Gott sei Dank, aber immerhin, Margit war den Tränen nahe, auch das noch, ausgerechnet sein Lieblingsessen, das er ohnehin nur um des lieben Friedens willen in dieser Form tolerierte, sie schüttelte den Kopf und wendete die Unglücksdinger im Schmortopf, dann hörte sie ihren Mann kommen und schickte ihn gleich zu Birgit rüber.

Nach einer Weile kam Henning zurück, Margit deckte den Tisch, legte ihm eine Roulade auf den Teller, sich selbst auch, obwohl sie keinen Bissen runter kriegen würde, und wartete auf sein vernichtendes Urteil, doch dann geschah das Wunder, Henning biss in seine Roulade und in seinem Gesicht ging die Sonne auf, er strahlte seine Frau an, und sagte „Das ist es, das ist es, so müssen Rouladen sein, ich bin begeistert“.

Margit verstand nichts mehr “aber die sind doch angebrannt“, “nein nein“ sagte er „so müssen sie sein, jetzt hast du es raus“.

Margit wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, die Rouladen waren ein paar Minuten länger im Topf als geplant, dadurch waren sie etwas brauner und etwas poröser, brüchiger geworden, und das soll das ganze Geheimnis gewesen sein,

sie überlegte.

Drei Personen waren die ganze Zeit an der Herstellung der Rouladen in unterschiedlicher Weise beteiligt, und hätten alle Möglichkeiten gehabt, ein ganz banales Problem zu lösen, aber erst ein ungewollter Zwischenfall brachte die Erleuchtung.

Hatte sie selbst versagt?, sie hatte sich doch bei Mamma genau erkundigt, wie man Rouladen macht, hatte sie nicht richtig zugehört, doch hatte sie, aber doch wohl nicht alles bedacht, oder war es nur ein Missverständnis.

Und ihr Mann? der hätte Margit doch sagen können, wie er sie gern hätte, hatte er den entscheidenden Unterschied gar nicht erkannt, oder wollte er nicht, wegen der Mama, um ihr Rouladenmonopol nicht anzutasten.

Und die Mamma selbst, „nein“, würde sie sagen, “ ich habe Margit alles genau gesagt“, hat sie das wirklich? , schwer zu sagen.

Wie dem auch sei, es kann sein, das missverständliche Erklärungen schuld daran waren, das ein Lieblingsessen nur bei Mamma perfekt war, hier bleiben allerdings ein paar Zweifel, denn die offenbar entscheidende Information erfolgte nicht,

weil Margit zu schnell aufgegeben hat?

weil Henning auf Kosten seiner Frau die Mamma nicht verletzen wollte?

weil Mamma ihre letzten Geheimnisse nicht preisgeben wollte, damit sie zumindest in ein paar Dingen immer noch die beste ist?

Wohl von allem ein bisschen, hier waren ganz sicher Verzweiflung, aber auch Halbherzigkeit, vielleicht sogar Feigheit und Egoismus im Spiel, doch wie man sieht, hält so eine unheilvolle Mischung menschlicher Verhaltensweisen nicht ewig, irgendwann klingelt das Schicksal an der Haustür und deckt alles auf, immer.

Gerd Szallies

Ein Nachtrag

Margit und ihre Rouladen hatten inzwischen über 100 Aufrufe, dafür bedanke ich mich, das ist wunderschön, und ich komme den Empfehlungen von einigen Besuchern dieser Seite gern nach, diesen Artikel zum Teil sehr direkt zu ergänzen.

Margit steht für ein Synonym, für jemand, der etwas erreichen wollte, was ihm nicht gelang, weil wichtige Informationen fehlten, oder weil es möglicherweise sogar bewusst falsche Hinweise gab, oder einfach nur eigene Dummheit der Grund war, wobei die Frage offen bleibt, ob das sein musste, wurden wirklich alle Möglichkeiten genutzt, um ein Ziel zu erreichen, was manchmal jedoch trotz aller Mühen nicht gelingen will, und damit befindet man sich in guter Gesellschaft, denn der ehemalige Reichskanzler Graf Otto von Bismarck, ein Liebhaber von gutem Eintopf, erging es ähnlich, als er auf einer seiner Reisen in einem Landgasthof einkehrte, wo ihm eine „junge hübsche Wirtin“ (so nach der Überlieferung seine Worte) einen Linseneintopf servierte, er war davon so begeistert, das er sie bat, ihm das Rezept zu geben,

das tat besagte hübsche Wirtin auch, wieder zu Haus angekommen gab er das Rezept seinem Koch mit der Order, genau danach einen Linseneintopf zu kochen, als er ihn probierte, fand er, dass er zwar gut schmecke, aber nicht so, wie bei der jungen hübschen Wirtin,
das konnte er auch nicht, denn diese hatte ihm mit voller Absicht drei Zutaten verschwiegen, ob er jemals die ganze Wahrheit erfahren hat, und wie seine Reaktion darauf war, ist zumindest mir nicht bekannt, gehen wir mal zu seinen Gunsten davon aus, dass „seine Exzellenz“ es schmunzelnd hingenommen hat.

Über nicht perfekte Eintöpfe oder Rouladen kann man sicherlich noch schmunzeln, das ist nicht immer möglich, vor allem dann nicht, wenn es um schlimme Enttäuschungen geht, wenn man einen Menschen durch seine Verhaltensweise verletzt hat, dann kann und sollte man sich nicht damit herausreden, dass „andere“ Schuld daran seien, das sind sie niemals, sie haben vielleicht durch ihren Rat, ihr Zutun eigene Interessen vertreten, das kann man ihnen nicht vorwerfen,

das eigene Versagen kann man damit nicht rechtfertigen, möglicherweise hat man auch eine Situation nicht richtig eingeschätzt, ist ein harmloser Satz, eine einfache Frage falsch rüber gekommen, trifft sie dann auf mangelndes Selbstvertrauen kann die Katastrophe perfekt sein, doch daran ist nicht der/die andere Schuld, und das Schicksal deckt nur Fehler auf, mehr nicht, aus der Welt schaffen oder zumindest berichtigen muss man sie selbst, soweit dies möglich ist.

Fehler kann man machen, um Verzeihung bitten sollte man, das verzeihen selbst ist das Recht des anderen, einen Anspruch darauf hat man nicht.

doch der Satz: „es tut mir leid, verzeih mir bitte“
hat Zauberwirkung, aber sagen muss man ihn, und auch so meinen,

letzteres ist ganz wichtig, denn:

„nur glatte Worte mit schmeichelnder Miene sagen, zeugt kaum von einem anständigen Charakter“

Konfuzius

Bürgerreporter:in:

Gerd Szallies aus Laatzen

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