Der Laatzener Sonnenkönig oder „Die Wahrheit bin ich“

Der Laatzener Sonnenkönig

Von Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, ist der Ausspruch überliefert: „L'État, c’est moi! – Der Staat bin ich!“. Diese Sichtweise passte in die damalige Zeit, da der Absolutismus noch das Maß aller Dinge war. Seitdem sind Jahrhunderte vergangen und die absolute Macht der Kaiser, Könige und Prinzen wurde in den meisten Ländern vom Willen des Volkes hinweggespült. Demokratie nennt man diese Entwicklung. Die Gallionsfigur der deutschen Sozialdemokratie, Willy Brandt, war sogar der Meinung, man solle „mehr Demokratie wagen“. Auch das ist Vergangenheit und so ist es kein Wunder, dass das Pendel auch mal zurückschlägt und es wieder Protagonisten gibt, die das Rad der Geschichte in Richtung Absolutismus zurückdrehen wollen.

Ein Paradebeispiel für diese rückwärtsgewandte Tendenz ist in der Stadt Laatzen, die vor den Toren Hannovers liegt, überdeutlich zu beobachten. Hier herrscht ein Prinz - auch Bürgermeister genannt - über rund 42.000 Untertanen. Sein autoritärer und hierarchischer Führungsstil, den man getrost mit dem Ludwigs des XIV. vergleichen kann, scheint aus der Zeit gefallen zu sein. Und wenn der Laatzener Sonnenkönig zu sich selbst spricht, so meint man zu hören: „Die Wahrheit bin ich“. Und das hängt unter anderem mit dem „Fliegenden Holländer“ zusammen, einer Holzbrücke über die Rethener Bruchriede.

Im Kern geht es um die Aussage des Laatzener Bürgermeisters Thomas Prinz in der Sitzung des Ortsrates Rethen vom 29.05.2012, dass bereits im Jahre 2009 verwaltungsintern feststand, dass keine Gelder mehr für den „Fliegenden Holländer“ zur Verfügung gestellt werden. Im Sitzungsprotokoll der Ortsratssitzung, das von der Verwaltung erstellt wird, fehlte diese Aussage des Bürgermeisters und als daraufhin ein Mitglied des Ortsrates in der nächsten Ortsratssitzung am 12.07.2012 darum bat, das Protokoll entsprechend zu ergänzen, sträubte sich der Erste Stadtrat Arne Schneider mit Händen und Füßen gegen diese Änderung. Aber es sollte noch schlimmer kommen, denn die Verwaltung versuchte in der Ortsratssitzung vom 11.09.2012 folgende Formulierung in das Protokoll zu mogeln:

„Im Hinblick auf das Ergebnis der Brückenprüfungen vor 2011 wurde gefragt, warum nicht bereits in den Vorjahren Instandsetzungsarbeiten durchgeführt wurden. Der BGM antwortet, dass die Verwaltung schon seit mehreren Jahren gewusst habe, dass die Brücke Mängel hat. Der Hintergrund dieser Prüfberichte sind die Prüfberichte, die jeweils Mängel aufgelistet haben; es handelt sich aber nicht um Mängel, die die Benutzbarkeit der Brücke in Frage gestellt hätten. Es wurden Unterhaltungsarbeiten durchgeführt, für Instandsetzungen standen keine Mittel zur Verfügung“.

Verwundert blickten sich die Ortsratsmitglieder an, denn niemand von ihnen konnte sich an eine solche Aussage des Bürgermeisters erinnern. Daraufhin wurde im Ortsrat der Antrag gestellt, das Protokoll so zu ergänzen, wie es ursprünglich gefordert worden war. Dieser Antrag wurde einstimmig, also auch mit den Stimmen der Partei des Bürgermeisters, angenommen und somit sein Versuch, die Wahrheit umzubiegen, vereitelt. Die Demokratie hat in Rethen zunächst doch noch über absolutistische Tendenzen gesiegt.

Für Außenstehende mag dieser Disput kleinkariert erscheinen, doch er ist es nicht, weil anhand des ergänzten Protokolls nun gefragt werden kann, ob die Rethener Bürger und ihre politischen Vertreter im Ortsrat von der Stadtverwaltung vorsätzlich belogen worden sind. Anders kann zum Beispiel nicht erklärt werden, warum einerseits seit 2009 verwaltungsintern feststand, dass keine Gelder mehr für den „Fliegenden Holländer“ zur Verfügung gestellt werden und dass andererseits die Verwaltung in ihrem Schreiben vom 24.05.2011 an den Ortsrat ausführt: „Der Zustand der Brücke Fliegender Holländer wird überprüft. Sollten aus Sicherheitsgründen bauliche Maßnahmen erforderlich sein, werden diese vorgenommen“. Oder es kann jetzt gefragt werden, warum in den Leine-Nachrichten vom 01.09.2011 zu lesen war: „Die Brücke muss saniert werden, sagte Stadtsprecher Matthias Brinkmann am Dienstagabend auf Anfrage des Rethener Ortsrates“. Hat Der Stadtsprecher die Öffentlichkeit bewusst falsch informiert? Weiterhin kann gefragt werden, warum die Stadtverwaltung schweigend zugesehen hat, als der Rethener Ortsrat am 24.05.2011 und nochmals am 29.11.2011 jeweils einstimmig für die Sanierung des „Fliegenden Holländers“ votiert hat. Warum wurde dem Ortsrat nicht mitgeteilt, dass die Stadtverwaltung den Fliegenden Holländer längst abgeschrieben hatte? Wurden die Rethener und ihre Ortsratspolitiker vorsätzlich an der Nase herumgeführt oder gar bewusst getäuscht?

Das absolutistische Weltbild des Laatzener Sonnenkönigs beweist auch ein Ausspruch, der ihm am 17.09.2012 im Ausschuss für Wirtschaft und Vermögen über die Lippen gekommen ist: „Das aquaLaatzium gehört der Stadt und nicht den Bürgern“. Hierzu muss man wissen, dass die aquaLaatzium Freizeit - GmbH, die den hochdefizitären Badetempel betreibt, eine 100 % Beteiligungsgesellschaft der Stadt Laatzen ist.

Erstaunlich ist für mich immer wieder, warum sich die Politiker den autoritären Führungsstil des Bürgermeisters gefallen lassen und warum sie dem absolutistischen Spuk in Laatzen nicht ein Ende bereiten. Denn unser Sonnenkönig kostet uns Bürgern richtig viel Geld, wobei ich nicht an seinen Oberklasse-Daimler sondern eher an die Leine-Volkshochschule denke, bei der hunderttausende von Euros versenkt worden sind und weitere noch versenkt werden. Als damaliger Vorsitzender des Aufsichtsrates der Leine-Volkshochschule trägt der Laatzener Sonnenkönig die Hauptverantwortung für die gescheiterte Unternehmenspolitik, die vom heutigen VHS-Geschäftsführer wie folgt kommentiert wurde: „Das war betriebswirtschaftlicher Wahnsinn“. Und wie war es möglich, dass nicht nur ein katastrophaler umsatzbezogener Vertrag mit dem gescheiterten Geschäftsführer ausgehandelt wurde sondern dass auch bei dessen Entlassung grobe Formfehler begangen wurden? Und warum war der Bürgermeister am 17.09.2012 in der oben genannten Ausschusssitzung nicht über das gefällte Gerichtsurteil informiert, obwohl die Presse bereits darüber berichtete? Oder war dem Laatzener Sonnenkönig auch hier das Hemd näher als die Wahrheit? All diese und auch weitere Vorkommnisse lassen Zweifel aufkommen, ob der Laatzener Bürgermeister seinem Amt noch gewachsen ist.

Demokratiedefizite in unserer Laatzener Prinz-Monarchie ließen sich beliebig auflisten, würden den Rahmen meines Beitrags jedoch deutlich sprengen. Deshalb können Sie sicher sein: Fortsetzung folgt! Es sei denn, der Laatzener Sonnenkönig dankt freiwillig oder gezwungenermaßen ab, was selbst in seiner eigenen Partei inzwischen nicht nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert wird.

Bürgerreporter:in:

Klaus Hoffmeister aus Laatzen

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