„Stars an Fäden“ - Die Augsburger Puppenkiste

"Urmel aus dem Eis"
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Die Kistendeckel öffnen sich, der Vorhang geht langsam auf und das Spiel der Puppen beginnt. Ich fange an zu staunen. So ist meine erste Erinnerung an die Stücke der Augsburger Puppenkiste im Fernsehen. Das die Puppen Marionetten waren und noch immer sind, habe ich damals in den fünfziger Jahren in meiner Aufregung nicht erkannt. Ich war nur von „Der Muminfamilie“ (1959/60) total begeistert. Welche Sorgfalt, Mühe und jede Menge kleiner Details hinter dieser Fernsehaufzeichnung steckten hat mich damals wirklich nicht interessiert.
Nun ist meine Kindheit wieder ein Stückchen zurückgekommen. Während eines Besuches bei der Ausstellung über die Augsburger Puppenkiste im Leine-Center in Laatzen konnte ich so richtig in die Welt „der Stars an Fäden“ eintauchen.
Im Jahre 1948 verwirklichte sich die Familie Oehmichen ihren Traum und eröffnete ein Marionetten-Theater mit dem Namen „Augsburger Puppenkiste“. Die Idee mit der Puppenkiste hatte Walter Oehmichen. Er wollte, dass sein Marionettentheater in einer Kiste Platz fand, um so leichter transportfähig zu sein. Als erstes Stück wurde das Märchen „Der gestiefelte Kater“ gespielt. Premiere dieses Stückes war am 26. Februar 1948. Junge Augsburger Schauspieler wurden als Puppenspieler und Sprecher verpflichtet und so kam auch Manfred Jenning dazu. Er wurde Hausautor und inszenierte auch das erste Kabarett der Puppenkiste für Erwachsene, welches bereits zum Jahreswechsel 1950/51 präsentiert wurde. Damit war eine neue Tradition gegründet.
Die Marionetten schnitzte Walter Oehmichen zunächst alle selbst. Gab dann jedoch diese Aufgabe schnell an seine Tochter Hannelore ab. Diese schnitzte mit viel Liebe all die wunderbaren Figuren. Ihre erste bekannte Figur war wohl „Der kleine Prinz“. Mit der Aufführung dieses Stückes gelang dann auch der richtige Durchbruch für das Marionettentheater in die Erwachsenenwelt.
Im Jahre 1953 hatte die Puppenkiste mit dem Stück „Peter und der Wolf“ Fernsehpremiere und wird so über die Grenzen Augsburgs hinaus bekannt. Der erste Mehrteiler war dann 1958 „Die Geschichte der Muminfamilie“. Hier setzt dann auch meine Erinnerung ein. Wie habe ich diese Figuren geliebt. Und wie habe ich der Fortsetzung der Geschichte entgegen gefiebert. Es war einfach toll! „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ war im Jahre 1961 der nächste Renner. Natürlich wurden diese Filme noch in schwarz-weiß gesendet. Aber was lese ich nun auf den Schautafeln? Die Dreharbeiten für einen Film (Dauer ca. 20 – 25 Minuten) dauerten 2-3 Monate. Ein Tagespensum bestand aus 3 bis 4 Sendeminuten. Erblickt man als Erwachsener nicht auch die ganzen Feinheiten und liebevollen Details, die unwahrscheinlich arbeitsintensiv sind?
Ab 1965 gibt es dann die Augsburger Puppenkiste in Farbe im Fernsehen. „Der Löwe ist los“ ist die erste Aufführung, die farbig bewundert werden kann. Zu den bekanntesten und beliebtesten Produktionen zählt das Stück „Urmel aus dem Eis“ aus dem Jahre 1969 von Max Kruse.
Viele klassische Märchen - nicht nur der Brüder Grimm, sondern auch aus Tausendundeine Nacht oder nach Wilhelm Hauff - werden in der Puppenkiste gespielt. Das beliebteste Stück des Theaters ist „Der Räuber Hotzenplotz“ 1966.
Aber auch Stücke für Erwachsene standen und stehen noch immer auf dem Plan des Theaters. Darunter u.a. „Die Dreigroschenoper“ von Berthold Brecht, „Eine kleine Zauberflöte“ nach Mozart oder „Don Giovanni“.
Es macht ja so viel Spaß in der Geschichte der Augsburger Puppenkiste zu blättern und dabei zu träumen. Ich habe das Gefühl, ich könnte stundenlang diesen Bericht schreiben und sicherlich gibt es auch noch genug zu berichten. Die Augsburger Puppenkiste hat schon viele Generationen begeistert und ich erlebe gerade dieses in meiner Familie. Mich macht es glücklich, wenn ich beobachte, dass sich meine beiden kleinen Enkelsöhne an den Figuren erfreuen und das Lied „Eine Insel mit zwei Bergen...“ total toll finden.
Bis zum 24. April 2010 ist die Ausstellung im Leine-Center in Laatzen noch zu besuchen und jeder der Interesse hat kann sich dort ein eigenes Bild machen und vielleicht ebenfalls in Kindheitserinnerung schwelgen.
Für mich gilt die Textzeile aus „Nessaja“ von Peter Maffay: „Irgendwo tief in mir, bin ich ein Kind geblieben...“.

Bürgerreporter:in:

Ingrid Pawelczak aus Laatzen

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