Das A-Z-Problem

Wie verhält sich eine Population der Alteingesessenen wenn in ihr Territorium Zuwanderer eindringen?

Die Physik lehrt, dass wo ein Körper ist, kann kein anderer Körper sein.
Die Biologie lehrt, dass jedes Lebewesen nicht nur den Raum braucht, den sein Körper einnimmt, sondern noch zusätzlich seinen Lebensraum, sein Territorium. Und die Biologie zeigt genügend Beispiele, dass dieser Lebensraum, auch gegen Artgenossen, erbittert verteidigt wird, sei es durch Vertreiben sei es durch Töten des Eindringlings. Dies gilt für Einzeller und Vielzeller, für Pflanzen wie für Tiere – und der Mensch ist auch nur ein Tier, wenn auch ein besonders dummes.
Gegeben ist ein Territorium, irgendwie gegen den Rest der Welt abgegrenzt, zum Beispiel eine Insel mitten im Ozean oder eine Halbinsel irgendwo. Gegeben ist ferner die in diesem Territorium ansässige Population der Alteingesessenen, diese nennen wir die A. Und gegeben ist schließlich die Population der Zuwanderer, die wir die Z nennen.
Das Problem ist, was geschieht, wenn die Z in das Territorium der A eindringen. Welche Verhaltensalternativen haben die A, welche die Z? Welche Folgen hat das eine oder andere Verhalten?
Modell 1.
Es kommt ein einzelner Z, ein Schiffbrüchiger, ein Verirrter, ein Händler, ein Wanderer, ein Kundschafter.
Variante 1. Es kommt zu gar keinem Kontakt mit den A. Der einsame Z stirbt. Folge: die A tun nichts, weil sie von nichts wissen. Oder sie finden die Leiche und versuchen diesen Fund irgendwie zu interpretieren, etwa: Hilfe, wir sind entdeckt!
Variante 2. Es kommt zu keinem Kontakt mit den A. Der einsame Z überlebt und kann sich aus eigener Kraft wieder zu seiner Population zurück bewegen. Folge: wenn die A von der zeitweisen Anwesenheit des Z nichts erfahren, tun sie gar nichts. Finden die A die Spuren des Z kommt es wieder darauf an, wie sie diese Information interpretieren.
Variante 3. Der einsame Z und die A begegnen sich. Nun haben die A mehrere Möglichkeiten für eine Reaktion. Die A könnten feindlich sein und den einsamen Z kurzerhand erschlagen – dann sind wir so ungefähr bei der Variante 1. Die A könnten, mehr oder minder gewaltsam, den Z vertreiben – dann nähern wir uns der Variante 2. Die A könnten aber auch den Z freudig begrüßen, sich ihm unterwerfen, ihn feiern, beschenken und ihn bei all seinem Tun, zum Beispiel Heimreise zu seinen Z, unterstützen.
Jetzt wollen wir mal die mögliche Reaktion der Z (des Volkes der Z) betrachten. Nach einem gesunkenen Schiff wird man nicht lange suchen, das kommt vor auch ohne „Feindeinwirkung“. Bei einem Verirrten (nicht unbedingt Irren) mag es ähnlich sein, man mag eine Weile suchen und gibt dann die Suche erfolglos auf. Beim Händler, Wanderer kennt man das Ziel und den geplanten Weg, Suche ohne Erfolg abbrechen ist denkbar. Aber bei einem Kundschafter sieht die Sache völlig anders aus. Hier weiß man sehr genau, wo der hingehen wollte, sollte. Und der Kundschafter wird abgesprochene geheime Markierungen hinterlassen, eben für den Fall, dass er nicht zur Berichterstattung zurückkehrt. Hier ist es ziemlich sicher, dass eine Suchmannschaft ausgeschickt wird, die dank der vom Kundschafter gesetzten Duftmarken seinen Weg verfolgen wird und kann. Dies alles werden und sollten die A bei ihrem jeweiligen Tun bedenken.
Modell 2.
Es kommt nicht ein einzelner Z, es kommt eine Gruppe, aber keine Streitmacht. Dieses Modell ist eigentlich die zwingende Folge, wenn die A einen einzelnen Z haben gehen lassen, der nun von dem herrlichen leicht zu habenden Land der A schwärmt.
Variante 1. Die Gruppe wird erschlagen. Das hängt selbstverständlich von der beiderseitigen Stärke ab. Aber mit etwas Glück mögen die A das durchstehen.
Variante 2. Folgt aber Gruppe der Z auf Gruppe der Z, wird es also zu einem Mengenproblem, dann werden die A mit dem erschlagen nicht nachkommen. Hier gibt es nun mehrere Möglichkeiten. A und Z leben friedlich nebeneinander, wird aber, wenn A und Z getrennt bleiben, auf die Dauer nicht gut gehen. Andere Möglichkeit, die A und die Z verschmelzen, dann wird es eine neue Population der AZ geben.
Modell 3.
Die Z kommen mit einer Streitmacht und besiegen die A. Dies kann auch so geschehen, dass die Z zunächst friedlich einzeln und in Gruppen kommen und erst dann ihre Streitmacht im Gebiet der A aufbauen.
Variante 1. Die Z vertreiben die A aus dem eroberten Gebiet. Was aus den A wird, ist dann egal.
Variante 2. Die Populationen mischen sich, es entsteht die Population der AZ.
Die Biologie kennt für alle die Modelle und Varianten ihre Beispiele. Die Weltgeschichte hat für das Tier Mensch ebenfalls für alle diese Modelle mit ihren Varianten ihre Beispiele produziert. Wer will, soll dort nachlesen. Und einige Beispiele sind gar nicht so alt, hier reicht schon fast die Tageszeitung. Beispiel gefällig? Bitte sehr:
Es wird berichtet, dass lange vor Kolumbus die Wikinger nach Nordamerika gefahren seien. Ob sie dort mit den Indianern Kontakt hatten und wenn, wie der ausgegangen ist, ist offenbar nicht eindeutig bekannt. Jedenfalls hatte dies alles keine erkennbaren, nachteiligen Folgen für die dort alteingesessenen Indianer. Für den Fortgang der Weltgeschichte offenbar keine Folgen.
Ganz anders als Kolumbus kam. Mit ihm kamen eine Handvoll erschöpfter Seefahrer. Für die ihn empfangenden dortigen Eingeborenen wäre es eine Leichtigkeit gewesen, diese Handvoll Abenteurer zu erschlagen und den Fischen zum Fraß vorzuwerfen. Hätten sie es getan, wir müssten die Weltgeschichte umschreiben. Selbst wenn in ein paar Jahren, wohl eher Jahrzehnten, ein zweiter Entdecker gekommen wäre, man hätte das mit dem genauso machen können. Die Weltgeschichte wäre anders verlaufen.
Und nu, die Moral von die Geschicht: wehret den Anfängen! Erschlage jeden Z solange du es noch kannst!? - Oder was, bitte, sollen die A tun?

25.10.2009
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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