Lebensversicherung, Teil 16 - Versicherungsbetrug

Der Begriff „Versicherungsbetrug“ ist nicht eindeutig:
Der Versicherungsnehmer betrügt den Versicherer. Das ist der Fall, an den Polizei, Staatsanwaltschaft, Strafgerichte und Krimiautoren denken.
Der Versicherer betrügt den Versicherungsnehmer. Und dieser Fall kommt viel öfter vor, als manche klugen Kriminalisten denken.
Der Fall „Versicherungsnehmer betrügt Versicherer“ hat in der Lebensversicherung ein Problem: Es geht ja im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod. In der Erlebensfallversicherung, praktisch geht es ja nur um die Rente, muss der Tod der versicherten Person verheimlicht werden. Das mag für kurze Zeit gehen, sehr lange sicher nicht. Auf diese Weise sind in der Rentenversicherung jedenfalls keine großen Beträge, die das Betrugsrisiko lohnen, zu erwerben.
In der gemischten Versicherung steckt eine Erlebensfallversicherung in der Form, dass bei Zeitablauf die Versicherungssumme fällig wird. Hier den vorzeitigen Tod der versicherten Person zu verschweigen ist Dummheit, denn durch den Todesfallanteil in der Versicherung wird die Leistung ja auch und zwar sofort fällig. Es könnte allenfalls um bestimmte Gewinnanteile am Ende der Versicherungszeit gehen, was im Einzelfall zu prüfen wäre – aber ebenfalls das Betrugsrisiko nicht aufwiegt.
Ganz anders in der reinen Todesfallversicherung und hier geht es vor allem um die von mir empfohlene kurze Todesfallversicherung. Der Beitrag ist – im Verhältnis zur Versicherungssumme – niedrig, also: die versicherte Person muss sterben. Der einfache Mord führt zwar zum Tode und damit zum Versicherungsfall, aber leider auch – oft, nicht immer – zur Mordanklage. Übrigens, um dieser Variante vorzubeugen, werden von den Versicherern derartige Versicherungen auf das Leben eines Minderjährigen mit größter Vorsicht behandelt und oft sogar einfach abgelehnt. Die versicherte Person muss immer den Versicherungsvertrag mit unterschreiben, sie muss also immer wissen, dass sie in diesem Versicherungsvertrag die versicherter Person ist und damit im wahren Wortsinn mit ihrem Leben einsteht.
Selbstmord führt zwar auch zum Tode der versicherten Person, wird aber möglicherweise in den Versicherungsbedingungen ganz oder für eine Wartezeit von mehreren Jahren als Versicherungsfall ausgeschlossen.
Bleibt die Vortäuschung des Todes der versicherten Person. Verschollenheit führt nicht zum Versicherungsfall, wohl aber die Für-Tod-Erklärung, auszustellen von einem Gericht nach dessen Prüfung. Für diese Fälle hat dann aber auch die Polizei viel Zeit und Interesse. Überlassen wir diese Variante also lieber den Krimiautoren.
Wenden wir uns nun den Fällen zu, in denen der Versicherer den Versicherungsnehmer betrügt.
Hier geht es wohl nie um die Erlebensfallversicherung, denn das eine bestimmte Person lebt, lässt sich, da diese Person ja daran selbst ein Interesse hat, so ziemlich immer sicher feststellen.
Und so geht es auch hier um die Todesfallversicherungen. Da geht es zunächst um tot oder gerade nicht auffindbar? Aber auch diese Frage stellt eigentlich kein richtiges Problem dar.
Ist eine Unfallzusatzversicherung im Spiel geht es häufig um die Frage: Unfall oder kein Unfall und weiter um Selbstmord oder nicht. Unfall ist ein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis. Das an den Brückenpfeiler gefahrene Auto ist ein Unfall, wenn auch vielleicht absichtlich herbeigeführt, das Trinken von Gift, auch wenn es unabsichtlich geschieht, ist ein beliebter Streitfall. Bei Selbstmordverdacht (und Verdacht kann man doch immer haben!) geht es um die Formulierungen in den Versicherungsbedingungen – und ich rate jedem, der einen Selbstmord vor hat, diese Vertragsbedingungen sehr sorgfältig zu lesen, es erspart Enttäuschungen.
Bei der Frage Selbstmord oder nicht, versuchen Versicherer das für sie günstigere herauszuschlagen: weil (vermutet) Selbstmord, keine Verdoppelung der Versicherungssumme bei Unfallzusatzversicherung, weil (vermutet) Selbstmord kein Versicherungsfall, also keine Zahlung. Der Versicherer kann also unter Umständen die Leistung total verweigern, aber er versucht es in Zweifelsfällen lieber mit einem Angebot: ich leiste ein bisschen und du verzichtest auf die Klage.
Das eigentliche Spielfeld für beide Seiten aber sind die – angeblich – fehlerhaften oder unvollständigen Angaben auf dem Versicherungsantrag. Wer hier bei Geschlecht und Alter (Geburtsdatum) lügt, ist selbst schuld, wenn er erwischt wird. Zu den Gesundheitsangaben habe ich schon an anderer Stelle einiges gesagt. Die Angaben zu bestehenden oder abgelehnten anderen Versicherungen, kann der Versicherer leicht nachprüfen, denn die Versicherer arbeiten nicht nur im eigenen Konzern sondern auch bundesweit – auch über die Grenzen der Versicherungssparten hinweg - eng zusammen. Und dann muss man immer daran denken: der Versicherer lernt aus jedem neuen Fall bei sich und anderen dazu. In diesem Kampf steht also der Versicherungsnehmer allein gegen den Rest der Welt.
Ich neige zu dem Rat: keine faulen Kompromisse, im Notfall klagen – und das mit möglichst viel Öffentlichkeit, denn dies ist Negativwerbung für den Versicherer – und die kann für ihn sehr teuer werden. Die Versicherer versuchen übrigens diesen Konflikt dadurch zu vermeiden, dass sie auf derartige Klauseln in den Versicherungsbedingungen verzichten – aber leider nicht alle und nicht immer.
Und jetzt noch ein ganz anderes Problem. Da hat jemand eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen, fällig beim Tod der versicherten Person. Nun geht die Zeit dahin und die versicherte Person erreicht nach dem bekannten Geburtsdatum das 100. Lebensjahr – und lebt weiter, wird 110, 120, 150 Jahre alt. Sie mag in Wirklichkeit längst gestorben sein, aber niemand kommt und legt den Versicherungsschein vor. Was wird daraus? Nun, in solchen Fällen vereinnahmt der Versicherer als Sondereinnahme das Geld. Sollte dann aber doch noch ein Berechtigter kommen, muss der Versicherer die versprochene Versicherungsleistung zahlen. Nur eines muss der Versicherer nicht: selbst nach einem Berechtigten suchen.
Handelt es sich aber um eine Rentenversicherung wird der Versicherer in einem solchen Fall einfach die Zahlungen einstellen und abwarten, was passiert. Meldet sich niemand, na dann wars dass eben, und meldet sich der Berechtigte, dann entschuldigt man sich für den bedauerlichen Fehler einer untergeordneten Aushilfskraft – und versucht es etwas später wieder.

24.07.2010
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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