Privat-Krankenversichert

Die Presse gibt uns einige Daten: Rund zehn Prozent aller Bürger in Deutschland sind in der PKV (Private Krankenversicherung) versichert. Von der Möglichkeit der Privat-Versicherung machen vor allem Alleinstehende, junge, gesunde, Gutverdiener gebrauch. Und die Ärzte machen im Durchschnitt zwanzig bis dreißig Prozent ihres Umsatzes mit diesen Privatversicherten.
Wie passt das zusammen? Nur zehn Prozent der Bürger, alle jung und gesund, bringen zwanzig bis dreißig Prozent des Umsatzes? Ach ja doch, da werden die privat Versicherten doch viel besser von ihrem Arzt versorgt – aber die sind doch angeblich alle jung und gesund – seit wann gehen Gesunde zum Arzt?
Also noch einmal. Privatversicherte bekommen vom Arzt eine Rechnung und auf dieser Rechnung werden alle Posten sorgfältig aufgelistet. So weit stimmt es – wenigstens teilweise.
Aber was nicht gesagt wird, ist dies: Ärzte (Zahnärzte) rechnen nach einer Gebührenordnung ab. Auch bei den bei der GKV (gesetzliche Krankenversicherung) Versicherten wird nach dieser Gebührenordnung gerechnet. Nur bei den Kassenpatienten darf der Arzt nach dieser Gebührenordnung nur mit dem Faktor 0,7 oder 0,8 multiplizieren, bei den Privatversicherten ist dieser Faktor 1,3 bis 2,5 und höher: Die Privatpatienten zahlen mehr als das Doppelte der Kassenpatienten – für die gleiche Leistung!
Aber der Privatpatient wird doch besser und bevorzugt bedient! Diese Behauptung, gern vorgetragen, ist mindestens so allgemein nicht richtig. Eine andere Art der Behandlung ergibt sich aus einem anderen Grund: Privatpatienten sind meist besser gebildet, sie können daher besser fragen und bekommen daher auch eher eine vernünftige Antwort des Arztes.
Und Privatpatienten werden doch besser behandelt! Also ob besser, ist noch die Frage, umfangreicher: Ja! Nur, das, was ihnen der Arzt da antut, ist oft überflüssig und unsinnig, wirkungslose Handlungen und gern auch mit sinnlosen, wirkungslosen Medikamenten, denn: Die Privatversicherung zahlt jeden Dreck. Das weiß der Arzt, das weiß der Privatversicherte und der macht nun den Denkfehler, dass er es dann auch nutzen kann.
Aus langjähriger Beobachtung hier ein paar eigene Erlebnisse:
Der Arzt wird wegen der Beschwerde A besucht. „Wir machen auch gleich noch mit, weil Sie schon mal da sind“ und was dann passiert, liest sich auf der Rechnung in Zahlen so: A zehn Euro, das nur so Mitgemachte, zwanzig Positionen, zweihundertfünfzig Euro. Wie notwendig und sinnvoll das noch so Mitgemachte ist, bleibt offen. Leider zahlt die Privatversicherung schweigend, ein freundlicher Hinweis an den Versicherten wäre sehr hilfreich.
Da finden sich Positionen mit schönen großen Preisen auf der Rechnung, die nicht erbracht wurden. Eindeutig Betrug. Wer seinen Arzt darauf anspricht, erlebt schnell, dass der darauf verzichtet. Der bekannte Fall, dass der Zahnarzt erst einen Zahn zieht und ihn dann vier Wochen später plombiert haben will, ist nur ein Beispiel (auch für besonders dumme Ärzte).
Da werden Geräteleistungen abgerechnet, obwohl das Gerät offensichtlich defekt ist. Macht man den Arzt darauf aufmerksam, meint der „aber das ist doch gerade repariert worden!“ - selbst wenn, das war nicht die Frage.
Da stellt der Zahnarzt fest, dass der gespaltene Zahn behandelt werden muss. Bitte einen neuen Termin machen! Und kommt der Patient zu diesem extra dafür genannten Termin, hört er „aber jetzt doch nicht, dann müsste ich ja meine Mittagspause versäumen!“ (Dieser Zahnarzt hat seine Praxis nur wenige Kilometer von mir im nächsten Dorf.)
Im Krankenhaus (auch nicht weit von mir) an den Chefarzt geraten, führt dieser sein gesamtes Ärzteteam vor und anschließen alle möglichen Untersuchungen durch „damit Sie einmal sehen, was wir alles können!" Das macht zehn Tage Krankenhausaufenthalt – die eigentliche Behandlung der Beschwerde dauerte fünf Minuten!
Da ist der Ohrenarzt (auch nicht weit von mir), der erst alles untersucht, dann plötzlich feststellt, das da sofort eine Infusion gemacht werden müsse (zehn Mal wiederholt, und das ganze in einem halben Jahr erneut), sonst tritt Taubheit ein. Sehr gut, nur auf dem Medikamentenbeipackzettel steht, dass das „Medikament“ nicht zugelassen ist, im Netz findet man: völlig wirkungslos, der Apotheker, ausdrücklich danach gefragt, nuschelt etwas dahin, und der Arzt, darauf angesprochen, behauptet, dass dies das beste Medikament sei, das es gäbe. Die Arzthelferin, sie sei dafür ausgebildet, sagt der Arzt, lässt Luftblasen in die Infusionsleitung – hat wohl nicht gereicht, oder ich bin wirklich unsterblich.
Übrigens, jede Arztrechnung beginn immer mit der Position „Eingehende Beratung, auch telefonisch“ und kostet so ungefähr zehn Euro. Warum diese Position da steht, weiß wohl auch der Arzt nur selten. Aber wenn, dies wäre die einzige wirkliche Leistung des Arztes, nur wenn er sie tatsächlich erbringt, dann spart man sich hundert künftige Arztbesuche. Eine gute Beratung ist also für den Arzt geschäftsschädigend. Umgekehrt, würde er diese Leistung korrekt erbringen, müsste sie mit einem sehr viel höheren Satz vergütet werden (ab hundert Euro und sehr viel höher), denn eine gute Beratung braucht Zeit und von einem Stundensatz von hundert Euro kann kein Arzt seine Praxis betreiben.
Weil unser Abrechnungssystem für Arztleistungen falsch ist, sind auch die Abrechnungen falsch – nur mit der Privatversicherung hat das nichts zu tun.

24.04.2012
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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