Gemeindefusion über Landkreisgrenzen

Das Gandersheimer Kreisblatt berichtet jetzt öfter über Kommunale Fusionen, so auch am 09. Juni 2011.
Einbeck und Kreiensen haben Fusionsgespräche aufgenommen, am Tisch dabei darf Bad Gandersheim sitzen. Kalefeld will einstweilen nicht. Von Dassel ist nichts zu hören. Das ist die derzeitige Runde im Norden des Landkreises Northeim. Parallel gibt es vorsichtige Tastversuche zwischen Seesen und der Samtgemeinde Lutter am Barenberge beide im Landkreis Goslar, einerseits, sowie Bad Gandersheim und neuerdings auch Kalefeld im Landkreis Northeim andererseits.
Diese Gemeindefusionsgespräche werden überlagert durch die anstehenden Landkreisfusionen. Allerdings hat bisher niemand an der Grenze zwischen den Landkreisen Northeim und Goslar gerüttelt. So kann man hier nicht zur Problemvereinfachung von der Annahme ausgehen, diese Grenze werden durch eine baldige Landkreisfusion gegenstandslos werden.
Die derzeit und bis zum 31. Oktober 2011 noch geltende NGO (Niedersächsische Gemeindeordnung) gibt im Dritten Teil: Gemeindegebiet, in den Paragraphen 16 bis 20 den rechtlichen Rahmen. Hier finden wir in Paragraph 17 Abs. 2: „Werden Gemeindegrenzen geändert, die zugleich Landkreisgrenzen sind, so bewirkt die Änderung der Gemeindegrenzen unmittelbar auch die Änderung der Landkreisgrenzen.“ Und in Paragraph 18 Abs. 3 „Verträge [...], die nach § 17 Abs. 2 eine Änderung von Landkreisgrenzen herbeiführen, bedürfen der Zustimmung der beteiligten Landkreise.“. Beide Vorschriften sagen eigentlich nur Selbstverständlichkeiten.
Wer hier hofft, dass das neue „Niedersächsiche Kommunalverfassungsgesetz“ (NkomVG) etwas anders sagt, der irrt, denn die entsprechenden Vorschriften lauten: „Werden Gemeindegrenzen geändert, die zugleich Grenzen der Landkreise oder der Region Hannover sind, so bewirkt die Änderung der Gemeindegrenzen auch die Änderung der Grenzen der Landkreise oder der Region Hannover.“ (Paragraph 24, Abs. 2 NkomVG); und: „Verträge zur Änderung von Gemeindegrenzen, die eine Änderung der Grenzen von Landkreisen herbeiführen, bedürfen der Zustimmung der beteiligten Landkreise.“ (Paragraph 25, Abs. 3, Satz 1 NKomVG)
Da Seesen und Bad Gandersheim (sowie Kalefeld) unterschiedlichen Landkreisen angehören, die vereinigte Gemeinde aber nur einem Landkreis angehören kann, muss also der eine Landkreis die vereinigte Gemeinde aufnehmen und der andere die bisher in seinem Gebiet liegenden Teile (Gemeinden) abgeben.
Nun haben zwar die Gemeinden die Absicht über die Fusion zu verhandeln der Kommunalaufsichtsbehörde - das ist der Landkreis - anzuzeigen (Paragraph 18 Abs. 5 NGO; beziehungsweise Paragraph 25 Abs. 5 NKomVG), aber das bedeutet nicht, dass ein Landkreis auch ungefragt einer Änderung seiner Landkreisgrenzen zustimmt. Die Akteure in den Gemeinden sollten also rechtzeitig sich die erforderliche Zustimmung der beteiligten Landkreise zur Grenzverlegung einholen – und die Landkreise werden gut daran tun, auch ihre potenziellen Landkreisfusionspartner einzubinden. Das alles wird zwar eine ernstgemeinte Gemeindefusion nicht verhindern, wohl aber die Verhandlungen erschweren und verzögern und die Durchführung komplizieren.
Die Ankündigung aus Bad Gandersheim (und/oder Kalefeld) mit Seesen zu fusionieren, mutet also mehr als ein Akt der Verzweifelung an.

15.06.2011
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Dies ist ein Beitrag für das „Gandersheimer Kreisblatt“; Abdruck: 15.06.2011

Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO) – Auszug -
Dritter Teil
Gemeindegebiet
§ 16
Gebietsbestand
(1) Das Gebiet der Gemeinde soll so bemessen sein, dass die örtliche Verbundenheit der Einwohnerinnen und Einwohner gewahrt und die Leistungsfähigkeit der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist.
(2) Das Gebiet der Gemeinde bilden die Grundstücke, die nach geltendem Recht zu ihr gehören; Grenzstreitigkeiten entscheidet die Kommunalaufsichtsbehörde.
(3) 1 Jedes Grundstück soll zu einer Gemeinde gehören. 2 Aus Gründen des öffentlichen Wohls können Grundstücke außerhalb einer Gemeinde verbleiben oder aus ihr ausgegliedert werden. 3 Das für Inneres zuständige Ministerium regelt die Verwaltung der gemeindefreien Gebiete durch Verordnung; es stellt hierbei sicher, dass die Einwohnerinnen und Einwohner entweder unmittelbar oder durch eine gewählte Vertretung an der Verwaltung teilnehmen.

§ 17
Gebietsänderungen
(1) Aus Gründen des Gemeinwohls können Gemeinden aufgelöst, vereinigt oder neu gebildet und Gebietsteile von Gemeinden umgegliedert werden (Gebietsänderungen).
(2) Werden Gemeindegrenzen geändert, die zugleich Landkreisgrenzen sind, so bewirkt die Änderung der Gemeindegrenzen unmittelbar auch die Änderung der Landkreisgrenzen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für gemeindefreie Gebiete entsprechend.

§ 18
Verfahren
(1) 1 Gebietsänderungen bedürfen eines Gesetzes. 2 Gebietsteile können auch durch Vertrag der beteiligten Gemeinden umgegliedert werden; der Vertrag bedarf der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.
(2) 1 Absatz 1 Satz 2 gilt für die vollständige oder teilweise Eingliederung gemeindefreier Gebiete in eine Gemeinde entsprechend. 2 Besteht in einem bewohnten gemeindefreien Gebiet eine gewählte Vertretung der Einwohnerinnen und Einwohner, so bedarf es auch der Zustimmung der Vertretung.
(3) Verträge nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2, die nach § 17 Abs. 2 eine Änderung von Landkreisgrenzen herbeiführen, bedürfen der Zustimmung der beteiligten Landkreise.
(4) 1 Vor dem Abschluss von Verträgen nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 sind die Einwohnerinnen und Einwohner der beteiligten Gemeinden zu hören. 2 Vor einer Gebietsänderung durch Gesetz sind die beteiligten Gemeinden sowie ihre Einwohnerinnen und Einwohner, im Fall des § 17 Abs. 2 auch die beteiligten Landkreise, zu hören.
(5) 1 Die Gemeinden haben ihre Absicht, über die Änderung ihres Gebiets zu verhandeln, rechtzeitig der Kommunalaufsichtsbehörde anzuzeigen. 2 Die Kommunalaufsichtsbehörde kann jederzeit die Leitung der Verhandlungen übernehmen.
(6) Die Vorschriften, nach denen die Änderung des Gemeindegebiets als Folge eines von den Landeskulturbehörden geleiteten Flurbereinigungsverfahrens eintritt, bleiben unberührt.

§ 19
Vereinbarungen und Bestimmungen zur Gebietsänderung
(1) 1 Die Gemeinden können durch Gebietsänderungsvertrag Vereinbarungen insbesondere über die Auseinandersetzung, die Rechtsnachfolge, das neue Ortsrecht, die Einführung von Ortschaften und die Änderungen in der Verwaltung treffen, soweit nicht eine Regelung durch Gesetz erfolgt. 2 Findet eine Neuwahl statt, so sollen sie ferner vereinbaren, wer bis zur Neuwahl die Befugnisse der Organe wahrnimmt. 3 Die Gemeinden können auch vereinbaren, dass der Rat einer aufzulösenden Gemeinde für den Rest der Wahlperiode als Ortsrat fortbesteht. 4 Der Gebietsänderungsvertrag ist der Kommunalaufsichtsbehörde anzuzeigen; § 18 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Kommt ein Gebietsänderungsvertrag nicht zustande oder sind weitere Gegenstände zu regeln, so trifft die Kommunalaufsichtsbehörde die erforderlichen Bestimmungen.
(3) Der Gebietsänderungsvertrag und die Bestimmungen der Kommunalaufsichtsbehörde sind ortsüblich bekannt zu machen; setzt der Gebietsänderungsvertrag zugleich Ortsrecht, so gelten insoweit die für die Bekanntmachung dieses Rechts, geltenden Vorschriften.

§ 20
Wirkungen der Gebietsänderung
(1) 1 Die Gebietsänderung, der Gebietsänderungsvertrag und die Bestimmungen der Kommunalaufsichtsbehörde begründen Rechte und Pflichten der Beteiligten. 2 Sie bewirken den Übergang, die Beschränkung oder die Aufhebung von dinglichen Rechten. 3 Die Kommunalaufsichtsbehörde ersucht die zuständigen Behörden um die Berichtigung des Grundbuchs, des Wasserbuchs und anderer öffentlicher Bücher.
(2) 1 Rechtshandlungen, die aus Anlass der Gebietsänderung erforderlich werden, sind frei von öffentlichen Abgaben und Gebühren. 2 Das Gleiche gilt für Berichtigungen; Eintragungen und Löschungen nach Absatz 1.
(3) 1 Soweit der Wohnsitz oder Aufenthalt Voraussetzung für Rechte und Pflichten ist, gilt der Wohnsitz oder Aufenthalt in der früheren Gemeinde vor der Gebietsänderung als Wohnsitz oder Aufenthalt in der neuen Gemeinde. 2 Das Gleiche gilt für gemeindefreie Gebiete.

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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