DIE PROBLEME NACH DEM "RETTEN" EINES HUNDES!

Aleyna und Ricky
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Coral + Ricky

Im August 2007 habe ich angefangen mich für Hunde aus Spanien zu interessieren. Ich habe im Internet die Tierhilfeseiten gewälzt, mich erkundigt, wie man einen Hund bekommt, habe mehrere Absagen bekommen, weil ich berufstätig bin und habe schließlich die Kontaktanzeige bei Coral ausgefüllt und weg geschickt. Als Referenz hatte ich meine Tierärztin angegeben, welche mich seit 20 Jahren mit meinen Tieren kennt. Ich arbeite zwar den ganzen Tag, mache aber 1 Stunde Mittag in der ich mit den Hunden bei uns im Park unterwegs bin. Ganz oft holt sich auch meine Schwägerin mit der Nichte die Hunde und sie haben eigentlich immer genug Spaß und Aktion. Nach gut bestandener Vorkontrolle wurde mir noch mitgeteilt, dass Coral Leishmaniose hat. Da ich mich aber schon in ihr Foto verliebt hatte, war mir das egal. Auch die Rücksprache mit meiner Tierärztin hat mich sicherer gemacht, dass das zu meistern ist.

Am 11.12.2007 war es dann soweit und Coral ist gelandet. Ich habe sie in HH auf dem Flughafen in Empfang genommen. Zitternd und bibbernd saß sie in Ihrer Box und war nicht aus der hintersten Ecke rauszubekommen. Auch Wasser und Futter wollte sie nicht annehmen. Zuhause in Hannover angekommen, haben wir sie in der Box in den dritten Stock hoch getragen. Ich öffnete die Box und sie schnupperte ein wenig. Nach dem meine Freundin gegangen war, kam sie endlich raus und schaute sich in der Wohnung um. Sie trank und fraß auch ein bisschen und ich war schon frohgemut, dass sie wohl bald auftaut.

Ich bin dann noch mit ihr nach unten gegangen und wollte ihr den Garten zeigen, damit sie sich erleichtern konnte. Sie blieb wie erstarrt vor der Tür stehen, begann zu zittern und ging keinen Schritt mehr. Okay, dann eben morgen, dachte ich mir.

Die Nacht verbrachte ich im Wachschlaf. Immer mit einem Ohr bei den Geräuschen in der Wohnung. Morgens wollte ich ihr das Halsband anlegen und noch einmal versuchen mit ihr rauszugehen.
Nichts ging.
Sie lief weg und zitterte wieder am ganzen Körper. Meine Freundin gab mir die Telefonnummer von einer Hundetrainerin. Diese empfahl mir, dass Halsband mit Lecker zu versehen und es vorsichtig noch einmal zu versuchen.
Nichts ging.
Nachmittags kamen die engsten Freunde um sich Coral anzuschauen. Alle hatten tolle Tipps für mich, aber nichts war möglich. Sie lag die ganze Zeit zitternd auf dem Sofa oder im Badezimmer, bis ich den Besuch höflich bat zu gehen. Ich versuchte es noch einmal und nach langem hin und her, war das Halsband an. Meine Freundin mit ihren beiden Spaniern stand schon bereit gleich zu mir zu kommen, weil ich dachte, mit Hundegesellschaft geht es draußen besser. Weit gefehlt. Nachdem ich Coral runtergetragen hatte, saß sie zitternd und erstarrt auf genau dem Fleck, auf dem ich sie abgesetzt hatte. Kein schnuppern oder umsehen. Völlig versteinert. Bei einem Geräusch brach sie plötzlich in Panik aus und ich hatte Glück, dass sie sich das Halsband nicht über den Kopf zog. - Seit dem NUR NOCH GESCHIRR bei neuen Hunden!! Also Hund auf den Arm und wieder hoch. Die Hundetrainerin angerufen und wieder um mentale Unterstützung gebeten. Nachmittags kam meine Mutter mit meiner Nichte. Die erste Reaktion von Coral: KNURREN und SCHNAPPEN nach dem Kind. Im Bericht stand: Kinder sind ihre große Liebe! Dieses Kind wohl nicht. Wieder die Trainerin angerufen wie ich mich verhalten soll. Weg gehen und den Hund ignorieren. Am Donnerstagmorgen hatte sie noch immer keine Geschäfte erledigt, weder klein noch groß. Also rief ich meine Tierärztin Ulrike Hartmann an, welche gleich morgens um 8 Uhr, vor ihrer Praxisöffnung, kam. Sofort fing Coral wieder an zu zittern. Die Tierärztin sagte, ich soll mir mal keine Sorgen machen, der Hund platzt schon nicht :-) Untersuchen ging nicht, da Coral so ängstlich war.
Als sie weg war, bin ich erst mal duschen gegangen und als ich wiederkam, welche Freude, das Wohnzimmer schwamm in Pipi und stank nach AA.
Ich war glücklich!
Dann haben wir wieder geübt Halsband anzulegen, mit leckerster Fleischwurst, aber das war ein furchtbarer Kampf. Sowie sie nur irgendetwas in meiner Hand sah, ob es das Ladekabel für mein Handy war, einen Bindfaden, Schal oder ähnliches, lief sie zitternd vor mir davon. Heute versuchte ich nicht mehr sie nach draußen zu tragen. Dafür nahm ich ihren Haufen, legte ihn auf den Balkon und zeigte ihr das mit lobenden Worten. Einmal machte sie dann auch Pipi auf dem Balkon.
Den Rest des Tages verbrachten wir auf dem Sofa mit langen Bürsten- und Streicheleinheiten. Die ganze Zeit murmelte ich: feine Maus, Supermaus, weil mir jemand gesagt hatte, dass sie diese Worte dann draußen mit etwas schönem verbindet. Man soll das etwa 5000 mal sagen ;-)
Freitag morgen war wieder das Wohnzimmer als Toilette entfremdet nachdem ich aus der Dusche kam. Wir versuchten es dann mal wieder draußen, aber die Reaktion war die gleiche wie zuvor. Gegen Mittag kam die Trainerin zu mir ins Haus. Auch sie war recht schockiert, als sie Coral dann sah. Völlig traumatisiert und ängstlich zitternd. Sie hatte mir ein homöopathisches Mittel dagelassen mit dem ich es probieren wollte. Abends kam noch eine Freundin und hat mir beim Packen geholfen. Samstag morgen war Umzugstermin in meine neue Wohnung. Coral war unverändert ängstlich und lag zitternd auf dem Sofa oder im Bad.
Am Samstag nun verbrachte sie die Umzugszeit im Badezimmer. Das war übrigens auch der Raum, in den sie zum Schlafen ging. Ich nehme an, dass die kahlen Wände und der Boden sie an ihren Zwinger erinnert haben und sie sich dort sicher fühlte. Um 16 Uhr war alles fertig und wir haben den Hund geholt. Da ich sie ja sowieso runter tragen musste, dachte ich, es wäre gut sie noch mal auf den Rasen zu setzen und zu gucken, was passiert. Wieder die gleiche ängstliche Reaktion. Ich hatte vorgesorgt und eine Packung Katzenfutter als Lecker mit genommen, aber das wurde nicht mal kurz beschnuppert. Die erste Nacht in der neuen Wohnung schlief sie auch im Badezimmer. In der neuen Wohnung wurde die leere Küche als Toilette auserkoren. Da war ich recht froh drüber, da alles gefliest ist und nicht viel passieren konnte.
Am Sonntag nahm ich den Hund auf den Arm, in den Fahrstuhl und runter zum Auto. In den Kofferraum und ab zu meiner Mutter in den Garten. Wenn ich jetzt manchmal darüber nachdenke, hatte ich ganz schön Glück, dass Coral da nicht weggelaufen ist. Der Gartenzaun ist nämlich nur ca. 40 cm hoch. Sie blieb brav auf dem Grundstück und ohne Leine war sie auch entspannter und lief im Garten rum und schnüffelte. Leider konnte ich mich ihr nicht nähern um sie wieder einzufangen. Nach ca. 1 Stunde konnte meine Mutter sie festhalten und ich machte sie an die Leine. Wieder blieb sie wie erstarrt stehen und rührte sich nicht mehr. Die Leine muss für sie etwas furchtbares gewesen sein. Also trug ich sie wieder ins Auto und fuhr nach Hause. Das machten wir dann bis zum 24.12. An diesem Tag zog sie sich das Halsband über den Kopf und entwischte mir im Hausflur. In diesem Moment kam auch gerade noch jemand ins Haus, reagierte aber sofort und schlug die Tür wieder zu. Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. Durch das Einfangen, der Flur ist ziemlich lang, war Coral wieder so ängstlich, dass ich fast wieder am Anfang stand. Zwischenzeitlich ist sie schon mit mir über den Hausflur gelaufen. Das war nun wieder alles hinfällig. Frau Ehlers gab mir nun eine Packung mit Valium. Ich gab ihr immer eine halbe Tablette bevor ich zu meiner Mutter in den Garten fuhr. Ich hatte das Gefühl nichts half. Jeden Tag das gleiche Drama. Meine Freunde ulkten schon und einige sagten, sie würden den Hund wieder zurückgeben. Für mich war ein halbes Jahr minimum. So lange wollte ich auf jeden Fall probieren. Am 30.12., wir waren wieder bei Mutter im Garten, sagte mein Vater: Dem Hund kannst Du doch nur noch den Gnadenschuss geben (Mein Vater ist nicht sehr tierlieb). Kurz darauf wollten wir nach hause und ich machte Coral die Leine um – sie ließ es zu, ohne zu zittern und zu erstarren. Meine kleine Nichte nahm die Leine und ging raus. Ich konnte es nicht fassen, der Hund ging neben dem Kind her bis zum Auto. Ich öffnete den Kofferraum und sie sprang hinein. Ich sagte zu Aleyna, dass sie wohl die Worte von Opa gehört hatte und ihm das Gegenteil beweisen wollte. Zuhause sind wir sofort noch auf den Rasen gegangen und sie lief ganz brav mit. Das war das allerschönste Geschenk zum neuen Jahr. Auch am nächsten Tag sind wir eine Runde bei uns im Park gegangen und es hat super geklappt. Meine Freundin mit den beiden Spaniern meinte zwar, ich gehe wie auf rohen Eiern, aber das war mir total egal. Alles war gut und schön!
Mitte Januar waren wir beim Tierarzt. Ihre Krallen waren furchtbar lang und ich hatte das Gefühl sie konnte schlecht gehen. Sie hat eine leichte Narkose bekommen und die Krallen wurden geschnitten. Danach konnte sie viel besser laufen. Beim abtasten war ihr Rücken sehr empfindlich und sie bekam Traumeel Tabletten. Inzwischen bekommt Coral täglich Rimadyl und es geht ihr bestens. Sie scheint schlimme Schmerzen im Rückenbereich zu haben, wenn sie das Medikament nicht bekommt. Wir überprüfen halbjährlich die Leberwerte und die sind okay. Sie verträgt Rimadyl sehr gut.
Ende Januar dachte ich dann, die Zeit ist reif es mal ohne Leine zu probieren. Coral und ich waren ja nun das Dreamteam. Leider war das ca. 4 Wochen zu früh. Auf dem Rückweg ist sie mir weggelaufen. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, während ich im Dauerlauf durch den Park hinter ihr her bin. Wir haben eine Straße zu überqueren bis wir zu hause sind. Die ganze Zeit habe ich auf ein Bremsenquietschen oder Hupen gelauscht. Was war ich froh, als Coral vor der Tür saß und mit eingezogenem Schwanz und auf dem Bauch kriechend auf mich zukam.
Sie hat die ganze Tüte Lecker auf einmal bekommen.
Inzwischen bin ich sehr zufrieden mit unserer "Partnerschaft". Coral wird wahrscheinlich nie ein normaler Hund werden. Sie hat noch immer Angst, wenn uns mehrere Menschen entgegenkommen und wenn etwas Unbekanntes auf einem bekannten Weg liegt oder steht. Sie bleibt dann stehen und geht nicht weiter. Ich nehme sie dann an die Leine – die ihr inzwischen Sicherheit gibt - und führe sie vorbei.
Im August entschloss ich mich, einen 2. Hund anzuschaffen. Als Kumpel für Coral und damit sie nicht mehr allein ist, wenn ich arbeiten gehe. Mit Hilfe von Andrea und Birgitt Häusler entschied ich mich für Andres7. War zwar für mich nicht der schönste Hund, aber er soll Coral´s Zellengenosse in Spanien gewesen sein. Am 28. November 2008 kam der Matz in HH an. Er saß in seiner Box, schwanzwedelnd, das Gitter ableckend und wollte so gerne alle Menschen abschlecken und begrüßen.
Das Zusammenführen der beiden Hunde klappte super. Coral war in der Zeit bei meiner Mutter und als wir ankamen war es schon 23 Uhr. Wir haben die Hunde kurz im Garten aneinander schnüffeln lassen, sind dann noch eine Runde Gassi gegangen und anschließend beide ins Auto in den Kofferraum. Keine Probleme. Zuhause noch mal eine kurze Runde und dann hoch. Andres hat erst mal den Türrahmen vom Flur in die Küche markiert und ein strenges NEIN dafür geerntet. Schlafen musste er außerhalb des Schlafzimmers, weil er soooo gestunken hat.
Samstag sind wir mit 5 Hunden Gassi gegangen. Andres fing an wie ein Verrückter im Kreis an der Flexi zu laufen. Voller Elan der Bursche Zuhause haben wir ihn dann mit einem Shampoo eingesprüht und erst mal richtig gebürstet. Der Gestank war zwar noch da, aber diese Nacht wollte er ins Schlafzimmer und hat sich auch nicht davon abhalten lassen. Jaulen und kratzen waren dann die Argumente die mich überzeugten.
Am Sonntag waren wir nur mit 3 Hunden Gassi und auf unserer großen Hundewiese im Wald habe ich dann ganz mutig die Leine gelöst, damit er sich mal richtig austoben konnte.
Dieser Hund hat mich für alles was ich mit Coral durchgemacht habe entschädigt. Er konnte sofort ohne Leine gehen, hat nur 5 mal die Wohnung mit Pipi markiert und war vom ersten Tag an anhänglich und KINDERLIEB! Er lässt wirklich alles mit sich machen und wenn er ein Kind hört muss ich ihn zurückhalten, sonst ist er sofort da um „Tach“ zu sagen. Nach ca. einer Woche haben wir ihn Ricky genannt, weil er immer bei „i“ Worten geguckt hat. Den Namen hat er sofort für sich in Anspruch genommen. Sein zweiter Name ist Matzi, weil er lt. meiner Nichte nie aus dem Hosenmatzalter rausgewachsen ist. Er benimmt sich noch immer wie ein Welpe und kommt mit seinen 28 kg gerne auf den Schoß.
Beide Hunde sind gut sozialisiert und außer im Urlaub hatte ich noch nie Streß mit einem anderen Hund. Der Hund im Urlaub hatte aber auch mit allen anderen Hunden Streit.
Coral ist natürlich nach all dem Streß noch immer mein Liebling und die ganze Arbeit und die Verzweiflung über ihr Verhalten haben sich in meinen Augen gelohnt.
Ich kann nur empfehlen:
Nicht aufgeben, immer ruhig bleiben und keine einzige Bestechung (Jagdwurst, Wienerwürstchen usw.) auslassen.
ES LOHNT SICH

Bürgerreporter:in:

Carola Dierkes aus Hemmingen

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