Ausstellungstipp: Der Novemberpogrom 1938 in Hannover

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Der Novemberpogrom 1938 in Hannover. Eine Ausstellung vom 5. November 2008 bis zum 18. Januar 2009 im Historischen Museum Hannover:

Zum 70. Jahrestag des Pogroms an den Juden vom 9. November 1938 präsentiert das Historische Museum Hannover eine Ausstellung, die nicht nur für hannoversche Geschichtsstudenten einen Museumsbesuch wert ist! Die kleine aber feine Sonderausstellung zeigt, wie es in jener Novembernacht in Hannover zuging, als zuerst in den jüdischen Geschäften der Georg- und der Goethestraße die Scheiben krachten und zuletzt die Synagoge brannte. Sie führt ein in das Leben der hannoverschen Juden vor und nach dem Pogrom und spart auch das Schicksal der Betroffenen nach diesem düsteren Tag der deutschen Geschichte nicht aus. Das Film, Ton- und vor allem das Bildmaterial der Ausstellung, dass erstmals ein Foto der brennenden Synagoge zeigt, machen den Besuch allein schon erstrebenswert. Eine digitale Rekonstruktion der Synagoge und ein ca. 1m hohes Modell des jüdischen Gotteshauses zeigen, welch schönes Bauwerk durch den nationalsozialistischen Terror für immer zerstört worden ist.

Die hannoversche Chronologie der Reichspogromnacht liest sich wie folgt:

Am 7. November 1938 beging der in Hannover aufgewachsene 17 Jahre alte jüdische Jugendliche Herschel Grynszpan ein Attentat auf einen Sekretär der deutschen Botschaft in Paris namens Erst vom Rath. Die genauen Gründe für das Attentat sind nicht bekannt, doch war Grynszpans Familie Ende Oktober 1938 aus Hannover nach Polen abgeschoben worden, weil sie Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit waren. Als vom Rath zwei Tage später am 9. November seinen Verletzungen erlag, nahmen es die Nationalsozialisten zum willkommenen Anlass im gesamten Deutschen Reich gegen die dort lebenden Juden vorzugehen. An jenem Tage traf sich auch die hannoversche NSDAP in der Stadthalle zur alljährlichen Feier des Hitler-Putsches 1923. Der Tag endete mit einer feierlichen Aufnahme von Kandidaten in die SS. Dazu hatten sich die lokalen SS-Führer und 100 Hitlerjungen sowie 62 Bewerber der Staats- und Kriminalpolizei im Konzerthaus am Hohen Ufer versammelt. Als diese irgendwann in der Nacht die Veranstaltung verlassen, ist die Synagoge schon am brennen, um 2.35 Uhr am 10 .November erhielt die hannoversche Feuerwehr Meldung, dass die Synagoge in der Bergstraße (heute Rote Reihe) brenne. Ein kleiner Kommandotrupp der SS hatte das Gotteshaus aber schon fast zwei Stunden vorher angezündet, das bei Eintreffen der Feuerwehr in hellen Flammen stand. Unter dem Befehl der SS-Führer Jeckeln und Benson vollzog sich die vollständige Zerstörung der Synagoge im weiteren Tagesverlauf, indem die gelöschten Reste gesprengt wurden. Zeitlich parallel zum Anschlag auf die Synagoge zogen Trupps von SS und SA durch die Stadt und demolierten 94 Geschäfte jüdischer Inhaber: Die Waren wurden teils zerstört, teils geplündert, teils „sichergestellt“. 27 Wohnungen jüdischer Eigentümer oder Mieter widerfuhr ein ähnliches Schicksal: Möbel, Geschirr, Haushaltsartikel und Kunstgegenstände wurden kurz und klein geschlagen. Doch damit nicht genug. In Hannover wurden am 10. November 180 jüdische Männer und eine Frau aus ihren Wohnungen und Geschäften geholt und mit weiteren 153 Verhafteten aus den Gemeinden des Umland zunächst im Polizeigefängnis eingesperrt. Am Morgen des folgenden Tages wurden 275 Verhaftete in das KZ Buchenwald deportiert. Alle Hannoveraner kehrten zwar lebend zurück, aber mit gebrochenen Glauben an eine sicher Zukunft in diesem Deutschland. Der psychische und physische Terror der KZ-Haft hat auch in einigen Fällen zum baldigen Tod geführt. Die meisten Inhaftierten willigten ein, Deutschland zu verlassen und ihren Besitz zu „arisieren“. Im Frühjahr 1939 gab es fast kein jüdisches Eigentum mehr in Hannover, die Emigration erreichte ihren Höhepunkt.
Fazit:
Schaut euch die Sonderausstellung an, es ist zwar nicht schön in das nationalsozialistische Hannover „zu reisen“, doch sehr informativ. Besonders die kleinen Details sind es, durch die diese Ausstellung besticht. Beispielsweise ist auf der einen Seite eine eingeschlagene Schaufensterscheibe als Rekonstruktion zu sehen, während einen Meter weiter Bretter die zugenagelten Geschäfte nach dem Pogrom symbolisieren. Die von der Polizei notdürftig zugenagelten Schaufenster mussten im Übrigen von den jüdischen Ladenbesitzern bezahlt werden.
Nicht zuletzt die damaligen Straßennamen dokumentieren das „braune“ Hannover der nationalsozialistischen Jahre, so wurde der Novemberpogrom in Hannover vom lokalen SS-Hauptsitz am Horst-Wesselplatz 2, dem heutigen Königsworther-Platz geplant und organisiert.
Also ab ins Museum... und noch ein Tipp am Rande, das Historsiche Museum und die anderen hannoverschen Museen wie z. B. das Museum August Kestner haben Freitags immer freien Eintritt!

Bürgerreporter:in:

Frank Straßburger aus Hannover-Südstadt

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