700 sind zu viel! - Protest in Hamburg-Klein Borstel

Zuerst die Standard-Verteidigung:

'Die Flüchtlinge tun mir leid! Ich bin bestimmt kein Rechter! Ich bin auch kein Rassist!
Ich wähle nicht die "AfD" und demonstriere nicht bei "Pegida"!

Und jetzt ahnen Sie schon, was kommt: Aber...

Aber ich werde mich hüten, öffentlich meine Meinung abzugeben; dass werde ich
'Stammtisch-Patrioten' überlassen!

"Charly, bitte eine Runde Sekt !", rief Karl dem Wirt zu.

"Was ist denn mit dir los?" tat Ralf erstaunt. "Wo du sonst so knauserig bist!"

"Habt ihr mich nicht auf dem Foto gesehen, das ganz groß auf der Hauptseite unserer seriösen Heimatzeitung zu sehen war? 'Klein-Borsteler protestieren gegen Flüchtlingsunterkunft'. Ich stehe ganz links auf dem Bild."
Der Wirt kam mit dem Sekt. "Auf unseren Erfolg!" sagte Karl und stieß mit den beiden an.

"Aber vergiss nicht, euer Erfolg ist der Misserfolg der Flüchtlinge!" entgegnete Ralf.

"Nein, widersprach Karl. "Die Flüchtlinge werden woanders besser untergebracht!
Das ist ein Misserfolg der Sozialbehörde! Die haben uns zu spät informiert und den Flächennutzungsplan ignoriert! Das Grundstück der ehemaligen Anzuchtgärtnerei des Friedhofs Ohlsdorf darf nur für gärtnerische Zwecke genutzt werden.
Das Verwaltungsgericht hat jetzt einen Baustopp verfügt."

Ralf verzog das Gesicht. "Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber das ist so typisch:
'Wir haben nichts gegen Flüchtlinge, aber nicht bei uns!'"

"Nein, haben wir auch nicht! Aber direkt neben unserer Neubausiedlung und angrenzend an die denkmalgeschützten Mausoleen sind 700 Flüchtlinge einfach zu viel!"

"Schuld ist ja der 'Eiertanz' unserer Politiker!", war Walter überzeugt. "Die Länder und Kommunen und letztenendes wir als kleine Bürger müssen das ausbaden!"

Ralf unterstützte ihn: "Ja, allein schon der Disput zwischen Ministerpräsident Seehofer und der Kanzlerin ist beschämend! Ich habe das Gefühl, dem Seehofer geht es nicht um die Flüchtlinge, nicht um Bayern, sondern um weitere Profilierung!"

"Das kannst du laut sagen!", erwiderte Karl. "Wichtig ist unsere Meinung; wir sind das Volk! Man sollte aufnehmen, aber begrenzt! - Was meinst du, Ralf?"

"Ja, auch die Verteilung in Europa müsste gerechter erfolgen! Wo bleibt die Solidarität? Aus dem großen EU-Geldtopf zu schöpfen, wird nicht abgelehnt!
Außerdem müsste rigoroser abgeschoben werden!"

Walter schüttelte den Kopf. "Das überall benutzte Wort 'Abschieben' finde ich menschenunwürdig! Und dann vielleicht noch unangekündigt mitten in der Nacht mit traumatisierten Kindern?! Man müsste die Asylbewerber, die nicht bedroht sind und aus wirtschaftlichen Gründen gekommen sind, motivieren, wieder nach Hause zu gehen!"

"Das ist ein gutes Schlusswort!", antwortete Karl. "Charly, bitte noch eine Runde Sekt!"

Bürgerreporter:in:

Martin Ripp aus Hamburg

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