Österreich - Klösterreich
St. Pölten in Niederösterreich

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Auf Spuren klösterlichen Lebens (5)

St. Pölten - In der Landeshauptstadt Niederösterreichs

10.07.2018 - Nach unserem Besuch der Wallfahrtskirche Heiligenkreuz-Gutenbrunn wollen wir mit unserer Reisegruppe am frühen Nachmittag St. Pölten erkunden. St. Pölten mit römischen Wurzeln und Spuren aus dem 2. bis 5. Jahrhundert ist die älteste Stadt Österreichs. Der Rathausplatz, die Klostergasse, der Dom und der Domplatz sind das hauptsächliche Revier unserer Erkundung.

Am Rathausplatz zieht ein markanter, auffälliger, rosa-weiß-gefasster Barockbau die Aufmerksamkeit an sich - das prächtige Rathaus und Wahrzeichen der Stadt. Das Gebäude ist von 1503, der Turm von 1591 und die jetzige Fassade von 1727. In seiner gepflegten Erscheinung bietet das Rathaus einen wohlgefälligen Blickfang im Stadtbild. 
Gleich neben dem Rathaus in der Rathausgasse 2 befindet sich das Schubert-Haus in seiner barocker Erscheinung.

In der Klostergasse 15 suchen wir das Haus auf, in dem der "Klosterviertelbürger" und berühmte Barock-Baumeister Jakob Prandtauer gewohnt und gearbeitet hat. Hier entstanden unter anderem die Baupläne für das Stift Melk, das als sein Hauptwerk gilt und an dem er bis zu seinem Lebensende arbeitete. Seinen Ruhm verdankt Prandtauer vor allem den von ihm errichteten Klosteranlagen. Dieses Haus war seit 1632 sein Eigentum, er erwarb es kurz vor seiner Hochzeit. Mit dem Erwerb des Hauses wurde er "Untertan" des Chorherrenstifts St. Pölten. Am 16. September 1726 ist Jakob Prandtauer in diesem Haus in der Klostergasse gestorben. Sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt, es wurde mit dem Tag seiner Taufe auf den 16. Juli 1660 überliefert. Eine Tafel aus schwarzem Marmor an der Hausfassade, die die Stadtgemeinde St. Pölten ihrem großen Bürger widmete, ehrt ihn und bewahrt sein Andenken. 
Nach dem Tod Prandtauers 1726 wurden seine Werke durch seinen Neffen zweiten Grades Joseph Muggenast weitergeführt. 

Wir wenden uns dem Dom zu. Die Ursprünge des heutigen Stifts St. Pölten und damit des Domes gehen auf die Zeit um das Jahr 790 zurück. Benediktiner gründeten ihr Kloster St. Hippolytus, von dem der Name St. Pölten abgeleitet ist.
Unter Bischof Altmann von Passau wurde dieses Kloster 1081 zu einem Augustiner-Chorherrenstift. Der Dom war bis zur Auflösung des St. Pöltener Augustiner-Chorherren-Stifts im Jahr 1784 dessen Klosterkirche. Aus dem Bau mit seinem romanischen Kern wurde ein Werk der Barockzeit. Es steht unter Denkmalschutz. 

Mit der Besichtigung des Innenraumes der Kirche sind wir überwältigt vom Anblick barocker Pracht und Fülle. Von Jakob Prandtauer, Daniel Gran und Bartolomeo Altomonte stammt die Ausgestaltung. Thomas Friedrich Gedon gestaltete teilweise die Deckenfresken. Prunkvoll erscheint der Hochaltar, den ab 1722 Jakob Prandtauer schuf. Das Altarbild stellt "Mariae Himmelfahrt" dar,  1658 von Tobias Pock gemalt. 

In der Rosenkranzkapelle innerhalb des ältesten Teils des Domes halten wir eine Weile inne und lassen im Gegensatz zur barocken "Überfülle" die spätromanische Schlichtheit des Raumes mit seinen wenigen Gestaltungselementen auf uns wirken. Im Halbrund der Apsis blicken wir auf ein goldenes Kreuz mit einem Jesus im langen rotbraunen Gewand und einer Goldkrone auf dem Haupt. Er scheint über den Dingen zu schweben als wäre er bereits der auferstandene Christus. Wir sehen eine Darstellung des Christkönigs. Darunter ist ein farbiges Marienretabel angebracht, dass in rötlichgoldenem Metall gerahmt biblische Szenen zeigt. 

An die Domkirche schließt sich der Kreuzgang mit seiner Gartenanlage im quadratischen Innenhof an. Innerhalb des mit Buchsbaumeinfassungen und Rasen gestalteten Gartens, in dem im Sommer rote Rosen blühen, befindet sich ein kunstvoll überdachtes Brunnenhaus aus dem Jahre 1728. Es besteht aus einem Zisternenbrunnen mit Steinfassung und schmiedeeisernen Trägern für die Zinnüberdachung in Form einer Glockenhaube. Hier würde man gern länger in Stille verweilen und in der Frische der Luft und in der Schönheit des Natürlichen frei durchatmen, kontemplieren, meditieren.
Wikipedia- Dom zu St. Pölten

Auf dem Domplatz erleben wir beiläufig archäologische Ausgrabungen mit der Freilegung von menschlichen Skeletten auf ehemaligem Friedhofsgelände, das in das 9. Jahrhundert zurück führt.  Wissenschaftliche Untersuchungen und Forschungen begleiten das Projekt. Ergebnisse im Überblick zeigt ein Plakat dazu an (siehe Foto 38 in Lupenansicht). An dieser Stelle ist man auf römische Spuren gestoßen (Aelium Cetium), aber auch auf Spuren einer Rundkirche aus dem 9. Jh., die als älteste der bekannten Kirchen gilt. Für mich ist mit dem Anblick der Ausgrabungen eine Erfahrung verbunden, die gewiss nicht alltäglich ist - ein Erleben von "zur richtigen Zeit am richtigen Ort" etwas Außergewöhnliches zu sehen - mit einem Empfinden von Entdecken und Bewahren wollen zwischen Vergänglichkeit und Ewigkeit. 
10 Jahre Ausgrabungen am Domplatz

Meine Galerie zeigt weiter Aufnahmen aus der Domkirche anlässlich eines abendlichen Besuchs einige Tage später. Im Lichtschein der Innenbeleuchtung scheint ein "Strahlen des Sakralen" spürbar zu werden. 

Ein anschließender Bummel über den Rathausplatz schenkt uns noch einen Blick auf die an der südwestlichen Ecke des Rathauses befindlichen Prandtauerkirche im Abendlicht. Sie war einst die Klosterkirche der Karmelitinnen. Der Kirchenbau begann 1707/1708. Die Bauleitung wurde Jakob Prandtauer übertragen und die Einweihung der Kirche erfolgte 1725 durch den Fürstbischof von Passau. Der frühbarocke Kirchenbau zeigt eine eingeschwungene Front, in der die Statue der Kirchenpatronin Maria vom Berge Karmel  zu erkennen ist. Die Prandtauerkirche - heute Rektoratskirche Unserer Lieben Frau vom Berge - steht unter Denkmalschutz.
Prandtauerkirche/Geschichte

Auf der gegenüber liegenden Seite des Rathauses befindet sich am Rathausplatz 12 / Prandtauerstraße das Kloster und die Kirche des Franziskanerordens. Beides steht unter Denkmalschutz. Die Kirche wurde 1785 unter der Betreuung der Franziskaner römisch-katholische Pfarrkirche Zur Heiligen Dreifaltigkeit. 
Kirche und Kloster wurden 1757 - 1779 als Kloster der Karmeliter erbaut. Diese kamen 1709 nach St. Pölten, um die Karmelitinnen in dem von Gräfin Montecuccoli gegründeten Kloster zu betreuen. Die Klosterkirche der Karmelitinnen damals war die heutige Prandtauerkirche. (Siehe oben und im Link)
Schon zu Lebzeiten des heiligen Franziskus (1181/82-1226) kamen die ersten Brüder in das Gebiet des heutigen Österreichs. Anfang des 15. Jahrhunderts trat Bernardino von Siena auf und beeinflusste die Ordensregeln hinsichtlich strengerer Auslegung. Nach den Jesuiten und Benediktinern bilden die Franziskaner den drittgrößten Orden weltweit. 
Franziskanerkloster St. Pölten

Kirsten Mauss

Bürgerreporter:in:

Kirsten Mauss aus Hamburg

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