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Brief an den Herrn Poeten von Goethe - Ein Gruß zum 266. Geburtstag am 28.08.2015

  • Johann Wolfgang von Goethe im 70. Lebensjahr - gemalt 1828 von Joseph Karl Stieler.
  • Foto: Wikimedia Commons
  • hochgeladen von Kirsten Mauss

den 17. August im Jahre 2001 zu Weimar

Mein lieber Herr von Goethe,

da sitz´ ich nun in Eurem köstlichen Garten und habe Herz und Blick an der schönen Blumenvielfalt, den prächtigen Bäumen - und der Ruhe.

Recht erquicklich ist das und ein guter Ausgleich zu dem lebhaften Hotelhause, von dem ich in der Früh herübergewandert bin. Die Luft ist erfrischend nach dem Regen und ich hoffe, daß der Rest des Tages nicht wieder so brutheiß wird.

Eine Kirchturmuhr hör´ ich schlagen, aber ich zähle nicht mit - mir ist bei Eurem Sommerhause die Zeit stehengeblieben. Wie oft mögt Ihr hier wohl gegangen sein? Vielleicht habt Ihr auch gern auf der Anhöhe neben dem Garten sitzend auf einer Bank verweilt, grad´ wie ich itzo. Der Blick schweift so schön zum Park und hänget im satten Grün. Das ist gar labend für´s Auge und der bewegte Geist findet Erholung. Dazu die verschiedenen Vogelstimmen, die dies Gemälde vertonen.

Die wetteifernden Farben wecken die Lebensgeister, verschiedene Düfte reizen die Sinne. So, denk´ ich mir, verehrter Herr von Goethe, hat diese Umgebung auch Euch inspiriert zu mancher Zeile. Und sicher, auch die Stille, die mir immer wieder durch meine Zeitgenossen gestört wird, die schnatternd einmal um die Beete rennen und dennoch gebildete Gesichter machen - von der großen deutschen Kultur, die sie in zehn Minuten eingeatmet haben.

Was soll ich dazu sagen - gewiß ist´s besser nun Eure schöne Stadt anzusehen, als sich an diesem Orte über den Unverstand der Reisenden zu erregen, die nicht auf Euren Spuren wandeln, sondern nur unterhalb meines Hügels im Hause lärmen und ihre Mägen füllen wollen. Das Flaschengeklirr und die ungepflegte Sprache vertreiben mich. Zumal es sich bewölkt hat und die Sonnenkringel vom Rasen verscheucht sind.

So gleichermaßen verscheucht und mit bewölkter Stirne werde ich schnell noch den Rundgang absolvieren und schauen, nur schauen - und hoffen, daß sich das Erspürte am Abend wiederbeleben und weiterdenken läßt.
Bis dahin grüße ich Euch, höchst erfreut und in höflicher Artigkeit als eine große Verehrerin Eurer hohen Kunst.

Nun, verehrter lieber Herr Poet, bin ich in Eurer lieben Stadt - wo´s heutzutag so ganz und gar unpoetisch ist. Gar mach lauschiges Plätzchen in der Altstadt lädt zum Schmausen ein, allein das Gedudel sogenannter moderner Musik vor jedem Hause vergällt einem das Sich-Niederlassen in einem ansonsten schönen Biergarten. Enttäuscht über den Mangel an Atmosphäre und der fehlenden Möglichkeit, die Gedanken schweifen zu lassen, zu betrachten oder auch nur die Vorüberziehenden zu studieren, bin ich in einem kleinen, alten Hause eingekehrt, wo die Karte mit Buchweizenpfannkuchen aller Art lockte, wo´s (zufällig ?) angenehm still ist.

So stecke ich die müden Füße unter das blaue Holztischchen - und während mich verführerische Düfte umkreisen, wandern meine Gedanken zurück zur Jakobikirche, die ich gerade aufgesucht hatte, um zu sehen, wo mein lieber Dichter seine schöne Christiane geehelicht hat. Schad´ ist´s nur, daß das wunderbare Kirchlein gar so schändlich und vernachlässigt dasteht - und man in Ihro Gedenken nicht auch diese Stätte gepflegt hat. Jedoch hat das Gebäude und der Kirchhof noch seinen Charme, so wie die kleinen Plätze in der Umgebung mit den Bürgerhäusern recht gemütlich wirken und alte Zeit ganz vorstellbar machen.

Überhaupt habe ich beim heutigen Schlendern Eure Stadt recht lieb gewonnen und mein Eindruck, auf Euren Spuren zu gehen, hat sich noch verstärkt. Das allerdings kann man nur im alleinigen Wandeln und ohne Außenstörung erreichen - ganz hineinzutauchen in das Gestern und vor Ort die gelesenen Empfindungen wieder aufzuspüren. So hoffe ich denn, daß mir in diesem Sinne noch ein krönender Abschluß zuteil wird, bevor ich scheiden muß.

Ergebendst Ihre A.

Veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis von der Verfasserin Angela Stempin.
Sei bedankt, liebe Angela!

Johann Wolfgang von Goethe wurde am 28. August 1749 in Frankfurt am Main geboren als Johann Wolfgang Goethe. 1782 wurde er geadelt. Gestorben ist er am 22. März 1832 in Weimar. Er gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung.

Mit Glück- und Segenswünschen an den Herrn Poeten von Goethe an seinem 266. Geburtstag grüße ich herzlich ins myheimat-Land
Kirsten Mauss

https://de.wikipedia.org/wiki/Goethes_Gartenhaus

  • Johann Wolfgang von Goethe im 70. Lebensjahr - gemalt 1828 von Joseph Karl Stieler.
  • Foto: Wikimedia Commons
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  • Stadtplan von Weimar im Jahre 1784, Radierung von Franz Ludwig Güssefeld. Norden ist rechts.
  • Foto: Wikimedia Commons
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  • Goethes Gartenhaus, Zeichnung von Georg Melchior Kraus 1777
  • Foto: Wikimedia Commons
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  • Schlösser in Dornburg an der Saale, wo Goethe gerne verweilt hat.
  • Foto: Manfred Hermanns
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  • Goetheschule in Greiz
  • Foto: Manfred Hermanns
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5 Kommentare

Liebe Kirsten ,
auch vom mir einen herzlichen Gruß an Angela Stempin und dem Fotografen ! Bin der Schreiberin recht amüsiert den Weg von heute ,auf der Suche nach Vergangenheit`s-Gefühlen gefolgt .
Eine wunderbare Brief-Homage an Herrn von Goethe anläßlich seines 266. Geburtstags .
Hab Dank dafür auch von mir , liebe Kirsten !
LG. in ein schönes Wochenende ..., herzlichst Roswitha

Liebe Angela, Du hast einen bezaubernden Brief an den Herrn Poeten von Goethe geschrieben, an dem der große Dichter sicher seine Freude gehabt hätte. Du hast die Atmosphäre der Stadt Weimar, in der Goethe viele Jahre verbracht hat, sehr gut eingefangen, besonders die Stimmung in dem Park, wo Goethes Haus stand.

Dir, liebe Kirstina, herzlichen Dank, für die Bereitstellung Deiner myheimat-Seite für den kostbaren Brief.

Liebe Grüße Manfred

Liebe Roswitha, mit besonderer Freude habe ich Deine Zeilen hier bemerkt.
Sei Du ebenso herzlich dafür bedankt.

Lieber Manfred, Deine Würdigung hier wird Angela gewiss freuen - so wie ich mich auch über Deine Grüße freue.

Euer aller Loben habe ich zwischenzeitlich der Briefschreiberin und Goethe-Verehrerin übermittelt. Ich denke, der Meister wird seine Freude an all unseren Grüßen haben.

Lassen wir uns doch durch Schreibkunst verzaubern und inspirieren!

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