Buchtipp: "Wer bin ich, wenn ich online bin" von Nicholas Carr

Dieses Buch ist unglaublich spannend.

Carr behauptet unsere Gesellschaft mache gerade eine Revolution des Lesens und damit auch des Denkens durch. Dazu erklärt er zunächst wie wir überhaupt zum Lesen gekommen sind, dass es eigentlich eine Anomalie für unser Gehirn darstelle, da wir eigentlich geprägt seien permanent aufmerksam zu sein, um entweder Beute zu machen bzw. aufzupassen, nicht Beute zu werden. Ein geübter Leser kann sich wohl meist nicht mehr vorstellen wie viel Training es für unser Gehirn bedeutet hat intensiv lesen zu lernen. Habe man es aber einmal gelernt, sei das Gehirn zu mehr als dem eigentlichen Lesen in der Lage:
Zitat, S. 108:
„Das Bemerkenswerte am Bücherlesen indes war, dass die hohe Konzentration mit der äußerst aktiven und effizienten Entschlüsselung des Textes und der Interpretation seiner Bedeutung verbunden wurde. […] In der Ruhe, welche die konzentrierte, ungestörte Lektüre eines Buches eröffnete, bildeten die Menschen ihre eigenen Assoziationen, zogen ihre eigenen Rückschlüsse und Analogien, kamen auf eigene Gedanken. Während sie konzentriert lasen, dachten sie auch konzentriert.“
Diese Art, des „linearen“, konzentrierten Lesens verändere sich nun, durch die Nutzung des Internets: Es fördere wieder unser instinktives, aufmerksames Beobachten von Veränderungen in unserer Umgebung. Jede Neuigkeit müsse kurz wahrgenommen werden und reflexhaft schnell nach ihrem Wert beurteilt werden. Das mache ein konzentriertes, tiefes, „selbstvergessenes“ Lesen unmöglich, dafür aber ein oberflächlicheres Herauspicken genau der gesuchten Informationen.

Carr beschreibt, wie durch jedes neue Handwerkzeug sich auch das Handwerk verändert. Ende 1881 ließ die Sehkraft von Friedrich Nietzsche so sehr nach, dass er eigentlich nicht mehr schreiben konnte. Er bestellte eine Schreibmaschine, die ihm nun wieder ermöglichte, seine Gedanken zu Papier zu bringen.
Zitat, S. 41: „Nietzsches Prosa war konzentrierter geworden, telegrafenartiger.“

Jede neue Technologie verändert unsere Arbeit und unser Denken. Das heißt nicht, dass es schlecht ist, aber dass eben ein Wandel stattfindet.

Ich finde dieses Buch absolut lesenswert.
Leser, die Frank Schirrmachers „Payback“ begeistert verschlungen haben, kommen hier ebenfalls auf ihre Kosten.

Blessing Vlg; 19,95 €
ISBN: 978-3896674289

Bürgerreporter:in:

Vera Henze aus Mönchengladbach

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