Griffel, Füller, Tintenkiller. Volksschulen im ländlichen Bayern 1945-1970

20. April 2013
Rieser Bauernmuseum, 86747 Maihingen
Verschiedene Griffelkasten, 1950-1980 | Foto: Sabine Gareiß
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  • Verschiedene Griffelkasten, 1950-1980
  • Foto: Sabine Gareiß
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Sonderausstellung im Rieser Bauernmuseum Maihingen 20. April bis 29. September 2013

Maihingen (pm). Die historische Aufarbeitung der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gehört gegenwärtig zu den großen Museumsthemen. Doch das Schulwesen dieser Jahre wurde bislang selten in den Blick genommen - widmen sich Schulmuseen und schulgeschichtliche Sammlungen doch zumeist der "Kaiserzeit". Diese Lücke möchte die von fünf Museen - u.a. den Fränkischen Freilandmuseen Bad Windsheim und Fladungen - erarbeitete Wanderausstellung "Griffel, Füller, Tintenkiller. Volksschulen im ländlichen Bayern 1945-1970" schließen. Sie startet am 20. April im Rieser Bauernmuseum Maihingen (Kreis Donau-Ries).

Für das Gemeinschaftsprojekt sind eine Vielzahl anschaulicher Exponate zusammengetragen worden, die den Schulalltag der Nachkriegszeit bis zu den reformfreudigen 1960ern lebendig werden lassen. Viele Dinge werden die Museumsbesucher aus eigenem Erleben kennen.
Noch vor 50 Jahren bestimmte die "Einklassschule" mit mehreren Schuljahrgängen in einem Klassenraum den Schulalltag auf dem Land. Es waren völlig andere Zeiten, als die Kinder noch mit dem Griffel und mit Tinte und Feder schreiben lernten. Selbst die Schultüte, die heute bei keiner Einschulung fehlen darf, ist damals noch nicht selbstverständlich gewesen.

In der Ausstellung steht der lange "Schul-Weg" von der Nachkriegszeit bis in die reformfreudigen 1960er Jahre im Mittelpunkt, als Pädagogen versuchten, das Schulwesen in jeder Beziehung zu modernisieren. Wie standen sich damals Lehrer und Schüler gegenüber? Worauf wurde im Unterricht Wert gelegt? Nach welchen Prinzipien hat man nach dem Krieg Schulhäuser gebaut? Wie sahen die neuen Verbandsschulen aus, die nach modernen pädagogischen Konzepten entstanden?

Bayern beschritt in der Nachkriegszeit einen bildungspolitischen Sonderweg und wandte sich entschieden gegen jede Form der Vereinheitlichung - vor allem aber hielt das Ministerium am Prinzip der Bekenntnisschule fest und garantierte das "Elternrecht auf eine Schule der eigenen Konfession". In der Mitte der 1950er Jahre zeichnete sich jedoch ab, dass faktische Gegebenheiten die Regierung zu Reformen zwangen: Tatsächlich war die Bevölkerung nach der Ansiedlung hunderttausender Flüchtlinge konfessionell durchmischt und ein massiver Lehrermangel bahnte sich an. Nach schwierigen Anfängen wurden um die Mitte der 1960er Jahre Zusammenlegungen als sinnvoll akzeptiert. Die meisten Kinder fuhren nun mit dem Schulbus in die neu geschaffenen Schulzentren.

Jahrgangsklassen waren jetzt selbstverständlich, und neu gebaute, großzügige Gebäude boten vielfältige Möglichkeiten, wie Werkstätten, Turnhallen oder Sprachlabore. Lehrer setzten immer öfter Filme, individuell gestaltete Arbeitsblätter und Folien ein. Diese Medien lösten allmählich das Schulwandbild ab.

Die Ausstellung führt mitten hinein in das schulische Leben, das sich innerhalb von wenigen Jahren grundlegend änderte. Rekonstruierte Klassenzimmer, die Sammlung der "Griffel, Füller, Tintenkiller" und die Parade der Schulranzen bieten anschauliche Einblicke in den Schulalltag von Eltern und Großeltern der heutigen Schülergeneration. In dieser Zeit veränderten sich neben den Schulhäusern auch Schulmöbel, Schultaschen, Schulbücher, Schulhefte, Schulfüller und Radiergummis - zumeist kamen diese Utensilien des Schulalltags jetzt freundlicher und kindgerechter daher.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Begleitband.

Ergänzend dazu stellt eine weitere Ausstellung vom 20. April bis 10. November "Die Welt in Schulwandbildern" vor.
Wie entwickelt sich der Maikäfer? Warum ist Demokratie besser als Diktatur? Ist das Ries durch einen Vulkanausbruch entstanden?
Schulwandbilder lieferten Generationen von Schülern die Antworten auf verschiedene Fragen zu Gesellschaft, Kultur und Natur. Die zumeist farbigen und auf Leinwand aufgezogenen großen Druckgrafiken verbreiteten sich ab den 1850er Jahren. Sie waren damals eines der wenigen bildlichen Lernmittel im Schulunterricht. Doch Änderungen in den Lehrplänen und sich immer schneller wandelndes Wissen verdrängten sie aus den Lehrmittelsammlungen. Spätestens bis Ende des 20. Jahrhunderts rückten elektrische und digitale Bildwerfer an ihre Stelle.

Die rund dreißig besonders sehenswerten Schulwandbilder, die in der Ausstellung gezeigt werden, entstammen dem großen Bestand der Nördlinger Squindoschule, wo sie ausgemustert wurden. Das Rieser Bauernmuseum übernahm einen Teil der Bilder, denn für die Forschung bleiben sie weiterhin von hoher Bedeutung. Neben verschiedenen anderen Themen standen von 1945 bis in die 1970er Jahre oftmals Fragen zur Arbeitslehre oder Heimat- und Sachkunde im Vordergrund. Ein knallroter Raupenschlepper findet sich dabei ebenso wie der Idealtypus einer mittelalterlichen Reichsstadt oder einer Ritterburg. Ferner zeigen farbenfrohe Darstellungen aus dem Bereich der Geografie verschiedenste Küstenformen, manche Eigenarten unserer französischen Nachbarn oder eine längst überholte Entstehungstheorie über das Nördlinger Ries. Kulturgeschichtliche Ereignisse wie Luther vor dem Reichstag zu Worms fehlen genauso wenig wie idyllische Ausflüge ins Reich der Pflanzen und Tiere.

Rieser Bauernmuseum Maihingen, Telefon: 09087 920717-0, www.rieser-bauernmuseum.de.
Die Ausstellungen im Regionalmuseum des Bezirks Schwaben sind täglich außer Montag und Freitag von 13-17 Uhr und an Feiertagen geöffnet. Vom 15. Juni bis 15. September auch freitags und bereits ab 10 Uhr.

1953 wurden in Bayern die Bezirke als dritte kommunale Ebene geschaffen. Sie sind für die überörtliche Sozialhilfe zuständig, für die psychiatrische Versorgung und die Kultur- und Heimatpflege. Der Bezirk Schwaben beschäftigt mit seinem Kommunalunternehmen „Bezirkskliniken Schwaben“ rund 4.000 Mitarbeiter. Jährlich erhalten mehr als 20.000 Menschen soziale Einzelfallhilfen, über 60.000 Menschen werden in den Bezirkskliniken versorgt. Der Bezirkshaushalt umfasst (ohne Kommunalunternehmen) über 600 Millionen Euro. 2013 wird der Bezirk Schwaben durch verschiedene Aktivitäten und Veranstaltungen auf seine Aufgaben aufmerksam machen. Informationen dazu finden sich unter www.60-jahre-bezirk-schwaben.de.

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