Eine Vision wird Wirklichkeit – die Eifel-Bördebahn als herausragendes Beispiel für das Ehrenamt.

Das Arbeitsteam des Bürgerbahnvereins im Bahnhof Zülpich. v.l.n.r. Gregor Zierath, Rifi Mohammed (Triebfahrzeugführer der Rurtalbahn GmbH) und Hansbert Schruff  (Foto: Sebastian Petermann - photo79)
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  • Das Arbeitsteam des Bürgerbahnvereins im Bahnhof Zülpich. v.l.n.r. Gregor Zierath, Rifi Mohammed (Triebfahrzeugführer der Rurtalbahn GmbH) und Hansbert Schruff (Foto: Sebastian Petermann - photo79)
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Am 30. Dezember 2017 fand der letzte Einsatz von ehrenamtlichen Helfern auf der Bördebahn statt. Zwischen 2004 und 2017 haben engagierte Eisenbahnfreunde die Reaktivierung der Eifel-Bördebahn mit ihrem Einsatz maßgeblich vorangetrieben. Nun ist das Projekt „erwachsen geworden“. Die Profis übernehmen den Betrieb vollständig – das Vereinsziel ist damit erreicht.



Hansbert Schruff sitzt mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck im Dieseltriebwagen der Rurtalbahn. Er blickt auf weitläufigen Felder der Zülpicher Börde bei Vettweiß, die an diesem grauen Wintertag am Fenster vorbeifliegen. Auf dem taubenblauen Diensthemd ist der Schriftzug „Zugebegleiter“ eingestickt - heute ist der letzte Einsatz für Hansbert Schruff. „Ein bisschen Wehmut klingt da schon mit“, merkt er an, als er laut über den heutigen Tag nachdenkt. „Heute entlassen wir mit dem letzten Dienst im Zug eine unserer Visionen, die zu einem ausgereiften Großprojekt geworden ist, endgültig in die Hände der Profis.“ Gemeint ist die Reaktivierung der Eifel-Bördebahn Düren-Euskirchen.

1999 kam die Idee - 2004 der erste Verkehr.

Bereits 1999 hatten die Eisenbahnfreunde die stillgelegte Strecke erstmalig bereist und die Idee von der Reaktivierung entstand. Richtig Schwung nahm die Arbeit des kleinen Vereins für einen neuen Verkehr erst 2004 auf. Seit Pfingsten 2004 verkehrte der Nationalpark-Express von Düren über Zülpich und Euskirchen bis nach Gemünd. „Dies war der Startpunkt eines organisierten Fahrbetriebs auf der Strecke, der, wenn auch mit Hindernissen, dann auch vom Zweckverband Nahverkehr Rheinland anerkannt wurde.“ führt Schruff aus. „Aber es galt ab dann, noch viel dickere Bretter zu bohren“. Nicht nur ein Fahrbetrieb war wichtig, um die Strecke in der Öffentlichkeit präsent zu halten und einen Abbau der Schienen zu vermeiden, vor allem auch die Überzeugungsarbeit in Politik, Gremien und Gemeinden nahm viel Zeit und Mühe in Anspruch. Das Euregiofest im August 2008 in Zülpich war eine erste große Herausforderung, die zum Beispiel die Herrichtung des Bahnsteiges in Zülpich erforderte. Das Leuchtturmprojekt war allerdings die Landesgartenschau 2014 in Zülpich.
Zur Landesgartenschau wurde die Leistungsfähigkeit der Strecke eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der Verein ging dabei für den Verkehr eine Kooperation mit der Rurtalbahn GmbH aus Düren ein und konnte so einen modernen Nahverkehr zum floralen Ereignis einrichten, den es so auf der Basis bürgerlichen Engagement noch nicht gegeben hatte. Im Vorlauf wurde sogar in Nemmenich der Bahnsteig erneuert und der gesamt Bahnhofsbereich in Zülpich hergerichtet. „Alles Details der Arbeiten und die unzähligen Arbeitsstunden zu schildern, sprengt den Rahmen. Aber wir hatten sogar Bahnsteigansagen und eine Fahrgastbetreuung, die den Vergleich mit der Deutschen Bahn nicht scheuen mussten“ schildert Hansbert Schruff, und macht sich bereit für seinen nächsten Einsatz als Sicherungsposten.

Unser Auftrag ist nun erfüllt.

Der Zug hält mit einem kleinen Ruck im Bereich des ehemaligen Bahnhof Bubenheim. Hansbert Schruff zieht seine Warnjacke an und verlässt zusammen mit Gregor Zierath, dem zweiten Sicherungsposten an diesem Tag, den Triebwagen, um die Straße im Bereich des Bahnübergangs abzusperren. Beide sind mit rot-weißen Fahnen ausgestattet und halten den Straßenverkehr kurz an, um dem Zug die Querung des Bahnüberganges zu ermöglichen. Genau diese Tätigkeit ist die Hauptunterstützung der Bürger im Bahnbetrieb. Notwendig wird dies, weil die Schranken, die die zahlreichen Bahnübergänge einst sicherten, nicht mehr vorhanden sind. Zurück im Zug wird im Gespräch eines klar: die Schranken kommen wieder, und zwar absehbar.

Die Bördebahn befindet sich im Moment in einer Art "Grundbetrieb“. An Samstagen, Sonntagen und Feiertagen verkehrt der Zug vier mal zwischen den Kreisstädten. Ab Fahrplanwechsel im Dezember 2018 greift dann der "Vorlaufbetrieb". Es wird auch Zugverkehr an Wochentagen geben. Später dann steht ab 2020 der Vollausbau an. Gregor Zierath beschreibt es so: „Der derzeitige Grundbetrieb entstand aus dem Verkehr zur Landesgartenschau und wurde auch nach der LaGa 2014 noch durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer unterstützt. Dies endet aber heute“. Und das hat seine Gründe. Langsam wurde seit 2014 der damals noch vom Verein organsierte Verkehr in einen offiziell bestellten Nahverkehr umgewandelt. Die Rutalbahn aus Düren bekam den offiziellen Auftrag des Zweckverbandes zur Durchführung. Schritt für Schritt wurde die Einbidnung der Vereinsmitglieder reduziert und findet nun endgültig ein Ende. Schruff und Zierath unterstreichen dies: „Jetzt sind die Profis dran – wir haben fast zwanzig Jahre lang den Boden dafür bereitet und sind stolz drauf. Unser Auftrag ist nun erfüllt.“ 

Fragen zur Reaktivierung und Vorbehalte vor Veränderungen muss man ernst nehmen.

Es bleibt festzuhalten, dass dieses bürgerliche Engagement sicherlich auf eine ganz spezielle Weise einzigartig war und ist. Bürger engagieren sich konstruktiv zusammen mit der Verwaltung für eine Verbesserung der Infrastruktur im ländlichen Raum. Die Reaktivierung beginnt jetzt sichtbar für alle mit den ersten Bauarbeiten und Verbesserungen. Aber dennoch ist das Projekt noch nicht bei allen Bürgern, Parteien und Verkehrspolitikern angekommen. „Immer noch stellen wir fest, dass es viel Unsicherheit und Angst vor Veränderungen gibt. Beispielsweise der Verlust von Busanbindungen auf den Dörfern ist dabei immer ein Thema. Aber dabei geht nie um ein entweder Bahn oder Bus sondern immer um ein Miteinander“ stellt Hansbert Schruff abschließend fest. „Die Bahn verknüpft Regionen und kann ohne gute Busanbindungen nicht funktionieren. Aber das Thema ist eben sehr komplex. Auch das der Kosten. Wer bezahlt was und wer wird wie belastet? Das interessiert viele Leute nun. Diese Fragen muss man beantworten und auch kritische Anliegen ernst nehmen – zum Beispiel in einer Art "Faktencheck Bördebahn". Da ist der Verein im Januar 2018 nochmal gefragt.“

Der Zug erreicht den Dürener Bahnhof und die Fahrgäste verlassen den Zug – alle Anschlüsse werden erreicht. Schruff und Zierath gehen in die Kaffeepause – ein letztes Mal.

Bürgerreporter:in:

Sebastian Petermann aus Euskirchen

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