Der Bundespräsident und die Pressefreiheit

Bisher stand ich dem Bundespräsidenten ja durchaus wohlwollend gegenüber. Auch der Kreditaffäre habe ich noch positive Seiten abgewinnen können, denn es ist ja dadurch niemand zu Schaden gekommen.

Herr Wulff hat als Privatmann ein zinsgünstiges Darlehen bekommen und dadurch ungefähr zwanzigtausend Euro gespart; der private Geldgeber hat sein eingesetztes Kapital statt mit drei Prozent auf einem Tagesgeldkonto mit vier Prozent verzinsen können und nicht zuletzt hatten die mit dem Bau des Hauses beauftragten Firmen Einnahmen und konnten ihre Angestellten beschäftigen.

In seiner fadenscheinigen Entschuldigung, die ja nicht von Herzen kam, sondern die er sich hat schreiben lassen und die er von einem Zettel ablesen musste, bezeichnete er ausdrücklich die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit als „hohes Gut“ und zeigte Verständnis dafür, dass es die Pflicht und die Aufgabe von Journalisten sei, auf Missstände hinzuweisen.

Dies sagte er ein paar Tage, nachdem er telefonisch versucht hatte, die Bild-Zeitung dazu zu bringen, nichts über seinen privaten Baukredit zu veröffentlichen und dem verantwortlichen Redakteur mit einer Strafanzeige drohte. Sogar von Krieg soll er gesprochen haben. Und dies sagte er nicht etwa vertraulich unter vier Augen, sondern sprach dieses auf eine Mailbox. Dass man das dort Gesprochene nicht nur löschen, sondern auch abspeichern und somit als Beweis sichern kann, ist ihm da wohl noch nicht aufgegangen.

Hiermit ist der Bundespräsident meiner Meinung nach eindeutig zu weit gegangen. Ein Staatsoberhaupt, dass eines der höchsten Güter in einer Demokratie, die Pressefreiheit, nur gelten lässt, solange positiv über ihn berichtet wird, ist unseres Landes nicht würdig und hat jegliche Glaubwürdigkeit verspielt. Aber vielleicht hält sich Herr Wulff auch einfach nur für zu mächtig, weil er es dank Frau Merkel zum Staatsoberhaupt gebracht hat und jetzt sogar glaubt, einem der mächtigsten Zeitungsverlage in Deutschland vorschreiben zu können, was veröffentlicht wird und was nicht. Realitätsverlust nennt man so etwas.

Ich stelle mir allerdings auch die Frage: Wofür hält der sich? Hochmut, frevelhafte Selbstüberschätzung und der Wahnwitz eines Menschen, über den Dingen stehen zu können, scheinen die Triebfedern des Bundespräsidenten für sein Tun gewesen zu sein. Nicht nur, dass es äußert dumm ist, dem Chefredakteur einer Zeitung wüste Drohungen auf der Mailbox zu hinterlassen, ist schon der Versuch eines hohen politischen Amtsinhabers in einer Demokratie, die Pressefreiheit beschneiden zu wollen, verwerflich und disqualifiziert ihn für weitere Tätigkeiten auf der politischen Bühne.

Er sollte daraus die Konsequenzen, und zwar sofort, ziehen. Diese Konsequenz kann nur heißen: sofortiger Rücktritt. Denn immerhin gilt der Bundespräsident protokollarisch als Staatsoberhaupt und präsentiert somit das Land somit nach außen als auch nach innen. Sowohl seine Salamitaktik in Sachen privater Baukredit als auch der Versuch, die Pressefreiheit nach seinem Gutdünken auszulegen, steht genau für das, was die Politik seit Jahren in Verruf bringt, nämlich für Klüngel, Halbwahrheiten, Lügen, Verquickung von Amt und Privatangelegenheit und Machtversessenheit.

Mir scheint, dass es Herr Wulff nicht als seine Aufgabe ansieht, das Amt des Bundespräsidenten gewissenhaft auszuüben, sondern es lediglich zu besitzen, um damit seine Interessen durchzudrücken.

Leider hat er mit seinem Verhalten Unterstützer aus den eigenen Reihen, denn bisher habe ich noch keine ernsthaften Stimmen aus der CDU vernommen, die das Verhalten des Bundespräsidenten zumindest kritisieren. Aber immerhin gibt es auch keine Solidaritätsbekundungen. Das Verhalten des Bundespräsidenten ist aber auch ein Beweis für den Verfall der politischen Kultur.

Nicht nur dem Land zuliebe, dass Christian Wulff repräsentiert, sondern auch die Würde des Amtes und Rücksicht auf seine Familie sollten ihn nun dazu bringen, einen Schlussstrich zu ziehen. Und er sollte damit nicht warten, bis die Frist erreicht ist, die ihm die lebenslange Zahlung des Bundespräsidenteneinkommens und andere Privilegien auch nach seinem Ausscheiden garantiert.

Ich frage mich sowieso, ob wir überhaupt einen Bundespräsidenten brauchen.

Bürgerreporter:in:

Horst-Peter Horn aus Erkrath

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