Hilfloses Bad Gandersheim

Leerstand in Bad Gandersheim. Ursache ist das zersplitterte Grundeigentum. Abhilfe durch eine externe Moderation? Kluge Gemeinden machen es besser.

In „Kompakt“ vom 16.03.2019, eine Gemeinschaftszeitung vom „Gandersheimer Kreisblatt“ und der „Einbecker Morgenpost“, berichtet Herr Hillebrecht, ein Redakteur des Gandersheimer Kreisblattes, in seiner sehr guten sachlichen Art in einem vier spaltigem Artikel über den neuesten Versuch der Stadtverwaltung Bad Gandersheims, eines ihrer Probleme durch externe Hilfe zu lösen. Das Problem gibt es in (fast) allen Gemeinden: Die kleinteiligen Eigentumsverhältnisse am Grundstückseigentum verhindert eine vernünftige Nutzung. Das soll nun ein externes Unternehmen mit dem Dienstauftrag richten, das die verschiedenen Eigentümer zu kleiner Grundstücke zu gemeinsamem Handeln bringt. Erfolg erhofft – aber es geht auch besser und vor allem nachhaltiger.
Eine Gemeinde hat viele Aufgaben und sehr viele davon erfordern die Verfügung über Grundstücke. Und eine Gemeinde muss immer daran denken, dass eine größere Anzahl ihrer heutigen Entscheidungen weit über die Amts- oder Legislaturperiode hinaus wirken. Straßenführungen prägen das Bild über Jahrhunderte. Die Grundstücks- und Immobilienwirtschaft muss also über diese Zeiträume geplant und durchgeführt werden. Die heutige Praxis, schnell mal ein gerade nicht gebrauchtes Grundstück zu verkaufen – man kann es ja, wenn es später doch gebraucht wird, wieder ankaufen – ist kurzsichtig und dumm. Die Ausrede eines Stadtratsabgeordneten in Bad Gandersheim vor einigen Jahren im Höhepunkt der Stadtverschuldung, man sei ja nur Amateur und könne daher nicht für die falschen Entscheidungen verantwortlich gemacht werden, zeigt nur die Verantwortungslosigkeit und Dummheit der Stadtratsmitglieder.
Eine verantwortungsvolle Grundstücks- und Immobilienwirtschaft einer Gemeinde setzt daher eine langfristige Handlungsweise voraus:
1. Die Gemeinde verkauft nicht einen einzigen Quadratmeter Grundstück, niemals und unter keinen Umständen.
2. Die Gemeinde kauft jedes Grundstück, das sie zu einem angemessenem Preis erwerben kann, zum Beispiel in einem (Zwangs-)Versteigerungsverfahren oder wenn ihr ein Grundstück angeboten wird, zum Beispiel von der Bahn.
3. Die Gemeinde vergibt die von ihr gerade nicht genutzten und gebrauchten Grundstücke zur Nutzung durch Dritte, zum Beispiel durch Miete, Pacht oder Erbbaurecht. Rechtsgrundlage hierfür ist:
a) Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB); Zweites Buch: Schuldrecht; Siebenter Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse; Miete, die Paragrafen 535 ff.; Pacht, die Paragrafen 581 ff.; Landpacht, die Paragrafen 585 ff.
b) Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB); Drittes Buch: Sachenrecht; Vierter Abschnitt: Erbbaurecht, die Paragrafen 1012 bis 1017; sie sind weggefallen und ersetzt durch die „Verordnung über das Erbbaurecht ErbbRVO“.
4.Die Finanzierung. Je mehr Grundstücke im Eigentum der Gemeinde sind, um so mehr Erträge (Miete, Pacht, Erbbauzins) fließen in die Gemeindekasse und diese Erträge sind höher als die für diese Grundstücke nicht mehr fließende Grundsteuer. Das ist die ganz langfristige Rechnung. Bis dahin wird zum Erwerb der Grundstücke erst mal Geld gebraucht und das gewinnt die Gemeinde durch eine deutliche Erhöhung – zum Beispiel zehn Prozent – der Hebesätze (derzeitiges Recht). Die Eingliederung der Gemeinde Kreiensen in die Gemeinde Einbeck hatte für die alten kreienser Dörfer eine Grundsteuererhöhung in etwa dieser Höhe zur Folge ohne dass die Welt untergegangen ist. Die Grundsteuer ist die einzige wirkliche Finanzsteuer einer Kommune, denn ein Grundstück kann nicht über die Gemeindegrenzen verbracht werden oder versteckt werden. Grundsteuererhöhungen führen immer und sofort zur Einnahmeerhöhung ohne nachteilige Folgen für die Gemeinde.
Also Bad Gandersheim, dein Problem ist lösbar – du musst es nur wirklich wollen.

16.03.2019
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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