Vom Wert unseres Geldes

Sparen bei gewollter Inflation? Sparen mit wertlosem Geld? Staatliche Kontrolle oder Freiheit?

1. Materialwert.
Ich bin der Person dankbar, die da vor vierhundert Jahren am Beginn des Dreißigjährigen-Krieges ihr Vermögen in Form von etlichen Gold- und Silbermünzen sowie einiger silberner Gerätschaften vergrub, damit ich es heute auf fremden Grund zufällig und heimlich finden konnte; dem Grundeigentümer unterschlage ich seinen Anteil und dem Land verrate ich nichts, denn das erhebt Anspruch auf den ganzen Schatzfund. So gewinne ich ein Vermögen, denn das Geld jener Zeit hatte und hat einen eigenen Wert, den Wert des Materials, erst mal im Brennofen bei etwas über tausend Grad eingeschmolzen sind alle Spuren verwischt; der tägliche Börsenkurs des steigenden Goldpreises lässt mein Herz jubeln.
„Geld“ ist heute (zum Nennwert) größtem Teil „Buchgeld“; nur der kleinere Teil ist „Bargeld“, das seinerseits teilt sich auf in „Banknoten“ und „Münzen“. Buchgeld besteht nur als Zahl – bestenfalls aufgeschrieben auf einem Fetzen Papier, meist jedoch lediglich als ein paar leicht flüchtige Bits. Dieses Buchgeld hat nicht einmal eine physische Existenz. Banknoten machen dem Nennwert nach die Masse des Bargelds aus, sie sind bedruckte Papierschnitzel, sie haben zwar damit eine physische Existenz aber keinerlei materiellen Wert. Lediglich die Münzen haben einen (geringen) materiellen Wert (als Schrott). Unser heutiges „Geld“ hat keinen Materialwert! - In großer Dankbarkeit und in Gedanken an meinen Schatzfund stecke ich einige dieser Banknoten in ein Weckglas, gebe noch drei Tropfen Wasser dazu, lege den sauberen Ring und den Deckel auf, die Klammern angesetzt und dann eine halbe Stunde das Glas gekocht, nach dem Abkühlen, die Metallklammern abnehmen und das Glas, in und an dem sich kein Metall befindet und das darum mit keinem Metallsuchgerät gefunden werden kann, sorgfältig vergraben, mein Geschenk an den späteren Finder, ein „Schatzfund“?
Ein Blick in die Geschichte.
Unser heutiges Geld hat seinen Wert allein darin, dass da eine Obrigkeit behauptet, es habe einen Wert. Und wenn diese gleiche oder eine nachfolgende Obrigkeit behauptet, dieses Geld sei wertlos, dann ist es auch (spätestens jetzt) wertlos. Probier es aus: Nimm ein Bündel Scheine aus der Inflationszeit von 1923, schön gedruckt, schöne große Zahlen drauf – die Reichsbank berichtete stolz, dass sie ein Dutzend Druckereien beschäftigte – und versuche damit auch nur ein Brötchen zu kaufen! Nimm ein paar Scheine der Reichsbank (RM: Reichsmark) und versuche ein Brötchen zu kaufen – nichts geht seit der Währungsreform vom Sommer 1948. Nimmt einige Scheine der in dieser Währungsreform entstandenen „Ost-Mark“ und versuche dafür etwas zu kaufen: Die Papierschnitzel sind wertlos seit der Wiedervereinigung vor rund dreißig Jahren. Nimm die aufgehobenen Scheine der angeblich so wertbeständigen „D-Mark“ („West-Mark“): niemand will sie haben, sie sind wertlos, sie wurden durch den Euro ersetzt. Und dieser Euro, sind auch nur Papierschnitzel. Kaum zwanzig Jahre alt und schon beginnt man an der Gültigkeit zu rütteln: Der 500-Euro-Schein, der höchste Wert dieses Geldes, wird seit einigen Jahren nicht mehr gedruckt; die noch im Umlauf befindlichen Scheine werden im normalen Geschäftsgang eingezogen, es fehlt nur noch die offizielle Wertloserklärung dieser Scheine.
Geld hat drei Funktionen: a) Recheneinheit, b) Zahlungsmittel, c) Wertaufbewahrungsmittel. Welchen Wert hat unser Geld? Taugt unser Geld als Wertaufbewahrungsmittel? Lohnt das Sparen?
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2. Kaufkraft.
Die Kaufkraft einer Währung misst man mit einem Index. Den Index für uns baut, pflegt und verwaltet das Statistikamt und zwar so objektiv, dass an dessen Richtigkeit niemand zweifelt. Für die Zeit der D-Mark errechnete das Statistische Bundesamt den Inflationsindex, über die gesamte Lebenszeit der D-Mark, mit etwas über zwei Prozent. Die EZB (Europäische Zentralbank) will, dass die jährliche Inflationsrate des Euro knapp unter zwei Prozent liegen soll.
Eine Inflationsrate des Euro von zwei Prozent bedeutet, dass der Wert (die Kaufkraft) des Euro in 10 Jahren auf (0,98^10=) 0,817 Euro; in 45 Jahren auf (0,98^45=) 0,403 Euro und in 65 Jahren auf (0,98^65=) 0,269 Euro fällt. Bei dieser Inflationsrate hat der Zwanzigjährige keine Möglichkeit, das erforderliche Vermögen für seine Altersrente anzusparen.
Da die EZB den Zinssatz bei Null Prozent hält – und sogar noch weiter senken würde, wenn sie es nur könnte – ist der Euro als Vermögensaufbewahrungsmittel völlig ungeeignet. So lange es noch Bargeld gibt, kann die EZB den Zins nicht wesentlich unter Null Prozent senken, denn die Banken rechnen die Kosten des Negativzinssatzes (heute bei -0,5 Prozent) gegen die Kosten vom Bargeldbunkern: Senkt die EZB den Zinssatz für die Einlagen bei ihr zu stark, dann verlangen die Banken von der EZB Bargeld und lagern dies ein. Diese Bargeld-Lagerungskosten sind um so höher, je kleiner der Nennwert der eingelagerten Banknoten ist. Unsere Banknoten haben für alle Nennwerte ungefähr die gleiche Größe, das gleiche Gewicht und Volumen; es ist also am billigsten die größten Nennwerte zu lagern, das ist zur Zeit noch der 500-Euro-Schein.
Noch einmal: Die Kaufkraft unserer Währung, des Euro, wird von der EZB absichtlich geschwächt und soll (mindestens) bei knapp unter zwei Prozent liegen; als Wertaufbewahrungsmittel taugt der Euro damit nicht.
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3 Bargeld.
Unser Bargeld besteht aus Banknoten und Münzen. Die Banknoten, bedruckte materiell wertlose Papierschnitzel, kosten in der Herstellung rund 0,10 Euro pro Schein, sie tragen die aufgedruckten Werte: 5; 10; 20; 50; 100; 200; 500 Euro. Abgegriffene, beschädigte Scheine werden von der EZB laufend eingezogen und durch neu gedruckte Scheine ersetzt.
Nachdem die Banken kaum noch in ihren Filialen eine Kasse betreiben, erfolgt die Bargeldversorgung der Bevölkerung weitgehend über Geldautomaten. In diesen Geldautomaten sind die nach dem Nennwert großen Scheine: 500-Euro und 200-Euro, praktisch nie zu bekommen. Der normale Bargeldumlauf wird also durch diese einfache Verwaltungsmaßnahme der Banken in die kleineren Nennwerte gedrängt.
Vor einigen Jahren hat die EZB beschlossen, keine neuen 500-Euro-Scheine mehr zu drucken und die im Umlauf befindlichen Scheine dieses Wertes einzuziehen. Angeblich werde der 500-Euro-Schein nicht gebraucht; der Staat unterstützt diese Entscheidung mit der Behauptung, der 500-Euro-Schein werde nur von Drogenhändlern und anderen Kriminellen genutzt, mit dem Wegfall des 500-Euro-Scheins werde die Kriminalität bekämpft. Tatsächlich sind nur relativ wenige 500-Euro-Scheine im Umlauf, die Masse ist offenbar irgendwo gehortet und damit dem direkten Zugriff von EZB und Staat entzogen.
Diesen Zugriff kann sich die EZB jederzeit beschaffen, indem sie die Gültigkeit der aktuellen Scheine aufhebt. Dies geschieht auf die weiche Art, indem, wie in den letzten Jahren geschehen, eine neue Banknotenserie ausgegeben wird und gleichzeitig die alten Scheine eingezogen werden ohne diese formal ungültig zu erklären. Die harte Art ist mehr nach dem Geschmack des Staates, da wird (an einem Wochenende) überraschend die Gültigkeit einzelner oder aller Scheine aufgehoben und diese entweder ersatzlos für ungültig erklärt oder aber mit einer sehr kurzen Frist der Umtausch in andere Scheine angeboten. Gehortete Bargeldbestände kommen so hervor und können vom Staat nun leicht kontrolliert und abgeschöpft werden. Diese Gefahr besteht bei unserer Währung ständig und deshalb ist unsere Währung, der Euro, nicht zur Vermögensaufbewahrung geeignet.
Bei den Münzen sieht die Sache geringfügig besser aus. Die Münzen werden von den Staaten im Auftrag der EZB geprägt, der Prägegewinn (Unterschied von Materialwert und Nennwert) fließt in die Staatskasse. Da der Prägegewinn bei den kleinen 1-Cent- und 2-Cent-Münzen am geringsten ist, hat der Staat nichts dagegen, wenn diese Münzen aus dem Umlauf verschwänden. Münzen kurzfristig für ungültig zu erklären und durch neue Münzen zu ersetzen ist aufwendig und kostenintensiv. Wegen der relativ geringen Nennwerte sind Münzen, trotz ihres Materialwertes, zur Wertaufbewahrung nur bedingt geeignet.
Der Staat versucht den Bargeldumlauf zu senken. Der Chef der Bundesbank sagte: „Bargeld bedeutet Freiheit!“ Recht hat er! Denn nur bei Bargeld kann der Staat die Weitergabe nicht kontrollieren. Alle ach so schönen und angeblich einfachen elektronischen Zahlungen sind kontrollierbar – und der Staat will kontrollieren!
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4. Geldmenge.
Entschuldigung, jetzt wird es hoch wissenschaftlich-theoretisch. Behauptung: um in einer gut funktionierenden Wirtschaft alle Produkte kaufen zu können, müsse die Geldmenge „G“ gleich dem Produkt aus Produktmenge „M“ und Produktpreis „P“ sein: M*P=G. Wenn das so ist, dann müsse, wenn die Produktmenge erhöht wird, auch die Geldmenge erhöht werden, denn sonst müssten die Preise fallen und das würde der Wirtschaft schaden. Aus dieser Formel wird nun abgeleitet, dass es zwischen dem Preisniveau und der Geldmenge einen einfachen Zusammenhang gäbe: Eine Geldmengenerhöhung treibe die Preise nach oben. Und höhere Preise würden die Unternehmer veranlassen, mehr zu produzieren. Das bedeutet Wachstum und Wachstum sei in der Wirtschaft immer richtig. Kleiner Denkfehler!
In der Formel hat man die Umlaufgeschwindigkeit „U“ vergessen. Die Formel heißt also richtig: M*P=G*U. Und in dieser Formel kommt es nicht so sehr auf den einzelnen Wert an, als auf das jeweilige Produkt. Die Unternehmer setzen die Werte M (Produktmenge) und P (Preis), die Zentralbank setzt den Wert G (Geldmenge) und den Wert U (Umlaufgeschwindigkeit) beeinflussen die dummen Verbraucher. Ob also eine Geldmengenerhöhung durch die Zentralbank auch zu einer Preiserhöhung führt, hängt auch vom Verhalten der Verbraucher ab, die die Geldumlaufsgeschwindigkeit beeinflussen, ja bestimmen.
In diesen einfachen Zusammenhängen liegt der Grund, warum zur Zeit die EZB jeden Monat etliche Billiarden Euro schaffen kann, ohne dass die von ihr gewünschte höhere Inflationsrate erreicht wird. Aber wehe, wenn der Verbraucher den Betrug eines Tages merkt, dann schnellt die Umlaufsgeschwindigkeit hoch und wir bekommen eine Inflation, die von niemand und schon gar nicht von der EZB noch beherrscht werden kann.
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5. Inflation.
Aber auch wenn die Obrigkeit am nominellen Wert des Euro festhält, welchen Wert hat der Euro denn wirklich? Die angeblich so stabile D-Mark hatte, über den ganzen Zeitraum ihrer Gültigkeit gerechnet, eine jährliche mittlere Geldentwertung (Inflation) von etwas über zwei Prozent. Die EZB will, dass der Euro eine jährliche Entwertung von „knapp unter zwei Prozent“ erfährt – und sie tut alles ihr Mögliche, um dieses Ziel zu erreichen.
Diese von der EZB gewollte Inflation bedeutet: Der eine Euro, vom Zwanzigjährigen für seine Rente gespart, hat bei seinem Renteneintritt in 45 Jahren nur noch die Kaufkraft von 0,40 Euro; zwanzig Jahre später bei seinem Lebensende nur noch von 0,27 Euro. - Und das nennt man „Währung“, das „Währende“, das Dauernde, das Beständige! Das ist die permanente, gewollte Enteignung!
Bei der Inflation verlieren die Besitzer von Nominalwerten, es gewinnen die Schuldner von Nominalwerten. Die größten Nominalschuldner sind die Staaten, die werden in jeder Geldentwertung entschuldet, bezahlt wird von denen, die ihr Vermögen in Nominalwerten (Sparbuch, Bankguthaben, Staatsanleihen, Grundschulden) halten. Die Vermögen in der Bevölkerung werden umgeschichtet: von denen, die ihr Vermögen in Nominalwerten halten auf die, die ihr Vermögen in Sachwerten halten. Die Masse der Bevölkerung verarmt. Die Inflation ist das Instrument, um auf legale Weise, die Masse der Bevölkerung zu bestehlen. Die inzwischen sogar offen zugegebene Absicht, den Euro durch permanente Inflation zu entwerten, ist nichts anderes als ein permanenter Diebstahl und Betrug.
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6. Die Handlungsempfehlung.
Wie lange kann ein solches System funktionieren? Bis die Bevölkerung nicht mehr an die Lüge vom Wert des Geldes glaubt! Dann schafft sich das Volk einen Ersatz, nach dem Krieg war das die Zigarette, es war die Zeit der „Zigarettenwährung“.
Bei der derzeitigen Politik der EZB kommt die nächste große Inflation sicher, es ist nicht die Frage des Ob, sondern nur des Wann. Also Bürger: misstraue der EZB, misstraue dem Euro. Halte in Bargeld und Bankguthaben nur eine kleine Rücklage (rund drei Monatseinkommen) und den Rest in wertbeständigen für den Staat nicht leicht zugänglichen Sachwerten. Noch besser in immateriellen Werten: Eigene Bildung, eigenes Können und Kinder.
27.08.2020
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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