Miete zu hoch?

Mieten zu hoch? Enteignung der Kapitalisten und Spekulanten! Die Dummheit der Parteigenossen. Kommunale Immobilienwirtschaft. Erbbaurecht? Selbst bauen?

Eine normale Mietkalkulation zeigt etwa dieses Bild:
• Kapitalkosten,
• Kalkulatorische Instandhaltungskosten,
• Kalkulatorische Reparaturkosten,
• Bewirtschaftungskosten (Straßenreinigung und Winterdienst, Müllabfuhr, Schornsteinfeger, Grundsteuer, Frischwasser und Wasserentsorgung, Hausmeister und Verwaltung).
Die Bewirtschaftungskosten sind unabhängig von der Rechtsform des Eigentümers, also Privatperson, Kapitalgesellschaft, Ausbeuter oder Kommune. Die Bewirtschaftungskosten sind ein erheblicher aber nicht vermeidbarer und nur wenig in ihrer Höhe zu beeinflussender Anteil der Mieten.
Die Reparaturkosten kalkuliert der Häuslebauer nicht, er trägt sie murrend. Der Mithausbauer kalkuliert sie möglichst hoch in die Miete ein und hofft, dass sie nicht anfallen; auf längere Sicht lassen sie sich nicht vermeiden. Wir hoffen mit den Eigentümern und suchen eine sichere Alternative.
Die Instandhaltungskosten fallen erst später an, nach zwanzig Jahren bei Fehlplanungen oder Pfusch am Bau, nach vierzig bis fünfzig Jahren ganz sicher. Ausweg gesucht.
Kapitalkosten.
Es bleiben die Kapitalkosten und die sehen wir uns jetzt etwas genauer an.
Ohne Grundstück kein Haus. So um die zwanzig Prozent der Kosten eines Hauses macht das Grundstück mit seiner Erschließung und den Erwerbsnebenkosten aus. Nach einer alten und bewährten Finanzierungsregel sollen mindestens zwanzig Prozent der Kosten durch Eigenmittel gedeckt sein; oder eben: das Grundstück ist als (unbelastetes) Eigentum vorhanden. Die klassische Restfinanzierung ist dann: fünfzig Prozent I. Hypothek, weitere dreißig Prozent II. Hypothek. (Dass man hier noch immer von „Hypothek“ spricht, im Grundbuch aber eine „Grundschuld“ eingetragen wird, soll uns hier nicht weiter stören.) Und jetzt ein Zahlenbeispiel
1.000.000 seien die Gesamtkosten des Objektes.
200.000 (20 Prozent) gehen auf das Grundstück und sind Eigenmittel.
500.000 (50 Prozent) sind die I. Hypothek.
300.000 (30 Prozent) sind die II. Hypothek.
Beide Hypotheken sind nach dem klassischen Modell eines Annuitätendarlehens aufgebaut: Während der ganzen Laufzeit des Darlehens ist die jährliche Zahlungsrate (Annuität) gleich hoch; die Annuität setzt sich aus Zinsen und Tilgungen zusammen, deren Anteil sich im Laufe der Zeit immer mehr von den Zinsen auf die Tilgungen verschiebt. Ein Beispiel: Zinssatz: 6 Prozent, Tilgungssatz 1 Prozent; Annuität also (6 + 1 =) 7 Prozent; dabei werden alle Prozentsätze auf die Höhe das Darlehens am Anfang gerechnet. In die Mietkalkulation geht davon nur die Annuität ein. Auf unsere I. Hypothek angewendet bedeutet dies: 500.000 Darlehen; (0,06 * 500.000 =) 30.000 Zinsen; (0,01 * 500.000 =) 5.000 Tilgung; (0,07 * 500.000 =) 35.000 Annuität, diese geht in dieser Höhe in die Mietenkalkulation ein. Bei diesen Werten hat dieses Darlehen eine Laufzeit von 33 Jahren.
Das Darlehen der II. Hypothek soll ein klassisches Bauspardarlehen sein. Wir rechnen: 300.000 Darlehen; 5 Prozent Zinsen: (0,05 * 300.000 =) 15.000 Zinsen; 7 Prozent Tilgung: (0,07 * 300.000 =) 21.000 Tilgung; Annuität (5 + 7 =) 12 Prozent; (0,12 * 300.000 =) 36.000 Annuität, die in die Mietenkalkulation eingeht. Bei diesen Werten hat dieses Darlehen eine Laufzeit von 11 Jahren.
Wir lernen:
a) Bei einem Annuitätendarlehen ist die Laufzeit immer deutlich kürzer, als der nominelle Tilgungssatz erwarten lässt.
b) Bei einem Annuitätendarlehen ist die Laufzeit (meist) um so kürzer, je höher die Annuität ist.
Für unsere Mietrechnung ergibt dies: 35.000 I.Hypothek + 36.000 II. Hypothek (35.000 + 36.000 =) 71.000 Kapitalkostenanteil. Bauen wir eine Wohnung als Messehalle mit 2.000 Quadratmeter Fläche, dann ergibt dies (71.000 / 2.000 =) 35,50 Jahresmiete je Quadratmeter, gleich (35,5 / 12 =) 2,96 Monatsmietanteil. Bauen wir aber normale Wohnungen mit 100 Quadratmeter Fläche, dann werden das nur vier Wohnungen sein; der Mietanteil dann (71.000 / [4 * 100] =) 177,50 Jahresmiete oder 14,79 Monatsmiete je Quadratmeter Wohnung.
Wir lernen: Je kleiner die Wohnung, um so höher der Kapitalkostenanteil der Miete je Quadratmeter Wohnfläche.
Spar dir deinen Protest, meine Kreditannahmen seien unrealistisch; du hast formal recht – aber das Problem liegt ganz wo anders. Ich sagte eben, dass bei der II. Hypothek die Laufzeit 11 Jahre ist. Und was ist danach? Der Häuslebauer freut sich, jetzt ist ein Teil seiner Kreditschulden abgezahlt, endlich hat er wieder mehr Geld zum Leben. Und der Mieter? Der Mieter zahlt auch weiter in alle Ewigkeit Zinsen und Tilgung für ein Darlehen, das schon längst getilgt ist.
Das Finanzamt lässt für einen Neubau eine Abschreibung von zwei Prozent zu, rechnet also mit einer Nutzungsdauer von fünfzig Jahren. Rechnen wir auch mit fünfzig Jahren. Für die I. Hypothek zahlt der Mieter siebzehn und für die II. Hypothek neununddreißig Jahre weiter: (17 * 35.000 + 39 * 36.000 =) 1.999.000 – das ist doppelt so viel, als das ganze Objekt gekostet hat! Und der Mieter zahlt weiter. Das ist das eigentliche Problem!
Die Abschreibung ist ausgelaufen, wohin mit dem vielen Geld? Das Objekt ist in die Jahre gekommen, Zeit für eine Modernisierung, etliche Instandsetzungen sind auch kaum noch vermeidbar. Da kommt die staatliche Förderung der Modernisierung, der Wärmedämmung gerade recht. Zunächst durften diese Investitionen mit elf Prozent jährlich den Mietern aufgebrummt werden, heute nur noch mit acht Prozent. Bei elf Prozent bedeutete es, dass das eingesetzte Kapital in neun (100 / 11 =) 9 Jahren wieder hereingespielt ist, und danach beginnt das große Verdienen erneut. Bei den nun geltenden acht Prozent dauert es zwölfeinhalb (100 / 8 0) = 12,5 Jahre. Und jetzt gibt es vom Staat noch Finanzhilfen und Mietzuschüsse. Die Spekulanten hätten es sich nicht besser ausdenken können.
Aber es geht ja auch anders.
Erbbaurecht. ErbbRVO – Verordnung über das Erbbaurecht.
Der Investor will ein Miethaus bauen, dafür braucht er ein Grundstück. Die Gemeinde will ein Mietobjekt haben aber nicht selbst bauen, heute, und in fünfzig Jahren wieder, und in hundert Jahren wieder, und so in alle Ewigkeit - und die Gemeinde hat ein Grundstück. Die Lösung bietet das „Erbbaurecht“; das Erbbaurecht trennt das Eigentum am Grund und Boden, dem Grundstück, von dem auf diesem Grundstück errichteten Gebäude. Die Gemeinde behält das Eigentum am Grundstück, erschließt das Grundstück zum Bauplatz und bietet diesen Bauplatz dem Investor an. Das Erbbaurecht ist ein Recht auf Zeit, wie viel Jahre, ist Verhandlungssache, früher waren es neunundneunzig Jahre, aber es können auch nur fünfzig Jahre sein, und das ist doch gerade die Zeit, in der ein Wohnungsneubau nach Steuerrecht abgeschrieben ist. Der Investor zahlt für die Nutzung des Grundstück den „Erbbauzins“, eine Art Miete oder Pacht; die Höhe dieses Erbbauzinses ist wieder Verhandlungssache. Und in der Höhe dieses Erbbauzinses steckt die mehr oder minder große Förderung der Gemeinde, niemand hindert die Gemeinde daran, den Erbbauzins für die ganze Laufzeit oder einen Teil davon auch auf Null zu senken. Am Ende der vereinbarten Zeit, im „Heimfall“, geht das Gebäude in das Eigentum des Grundstückseigentümers über; dabei ist eine Entschädigung des Erbbauberechtigten vorgeschrieben, die Höhe ist wieder Verhandlungssache. Niemand verbietet, die Entschädigung auf den üblichen symbolischen Wert von 1 Euro zu vereinbaren.
Und so funktioniert das Ganze: Die Gemeinde stellt unter dem Recht des Erbbaurechts ein erschlossenes Grundstück (nahezu kostenlos) dem Investor zur Verfügung, der Investor baut und nutzt das Grundstück und sein Gebäude über fünfzig Jahre ohne Einschränkungen und überlässt dann im Heimfall das noch nutzbare Gebäude kostenlos der Gemeinde. Die Gemeinde bekommt die Wohnungen und kann sie nun für eine sehr geringe Miete, die lediglich die Reparaturen und Bewirtschaftungskosten deckt, ihren Bürgern anbieten – das sind dann echte Sozialmieten. Nach zehn bis zwanzig Jahren, spätestens wenn größere Instandhaltungsarbeiten oder erforderliche Modernisierungen anfallen, wird das Gebäude abgerissen und der nun leere Bauplatz erneut einem Investor im Erbbaurecht angeboten; das Spiel beginnt von vorn.
Über das allgemeine Baurecht hinaus können im Erbbauvertrag weitere Bedingungen für das zu errichtende Gebäude vereinbart werden, so zum Beispiel, dass das Gebäude so wärmegedämmt sein muss, dass es keine Heizung braucht; dass das Gebäude mindestens einen Teil seiner gebrauchten Energie selbst erzeugt; dass ein Dachgarten angelegt wird, um die Luft sauber zu halten; dass bestimmte Wasserspartechniken eingebaut werden. Durch derartige Maßnahmen steigen zwar die Baukosten, die letzten Endes von den Mietern zu tragen sind, aber das Gebäude entspricht damit den in fünfzig Jahren zu erwartenden Standardnormen.
Grundstücke und insbesondere Wohnimmobilien noch dazu für wenig Geld zu verkaufen (wie vor ein paar Jahren in Berlin) zeigt die grenzenlose Dummheit der Parteigenossen von SPD und Linken.

11.04.2019
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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