Befreien, helfen und Moral

Nicht jede Befreiung, nicht jede Hilfe ist erwünscht.

Freiheit, befreien. Diese Begriffe sind positiv aufgeladen; die Moralisten schreien nach Freiheit, schreien nach der Befreiung, jede Kriegspartei behauptet, dass sie als Befreier, Heilsbringer, kommt. Die Meinung, der Wunsch, der zu Befreienden, der Befreiten, interessiert niemand. - Ende des Zweiten Weltkrieges befreite mich die Sowjetarmee ohne meine Zustimmung zunächst von meinem Fahrrad, dann von der Wasser- und Strom- sowie ausreichender Lebensmittelversorgung.
Hilfe, helfen. Wer ohne Zustimmung oder gar gegen den ausdrücklichen Widerspruch seine Hilfe handgreiflich durchführt, soll sich über die Reaktion nicht beschweren. - Vor fünfzig Jahren sammelte man in der Grundschule unter dem Jubel der „Hilfe!“-schreienden Moralisten „eine Pumpe für den Sahel“; das unter der Sahara liegende fossile Grundwasser wurde angezapft, jetzt vertrocknen die Oasen: vorbildliche „Hilfe“! - Die Europäer verschenken ihre durch Subvention erzeugten landwirtschaftlichen Überschüsse als „Hilfe gegen den Hunger“ nach Afrika; die dortigen Bauern können ihre Erzeugnisse nicht mehr absetzen und werden so zu Hungerleidern: so macht man den Hunger in der Welt, den die Moralisten dann zu bekämpfen behaupten.
Wer seine Moralvorstellungen vom sicheren Ausland aus in die Welt posaunt und andere, einschließlich der eigenen Regierung, ständig antreibt, endlich etwas zu tun, handelt wie (und ist wohl auch) ein Hetzer, ein Volksverhetzer.
Und jetzt noch einmal von Anfang.
Es ist ein Spiel mit einigen Personen:
• Da ist der Moralist, mit seinen Ideen; ein Schreier, ein Hetzer.
• Da ist das Zielland, in dem diese Ideen umgesetzt werden sollen; zum Beispiel Befreiung einer Minderheit, etwa der Frauen und Mädchen.
• Da ist das Tu-was-Land; das Land, das nach dem Willen des Moralisten im Zielland etwas tun, etwas veranlassen, betreiben soll.
• Da sind die eigentlich unbeteiligten Dritten, die Drittländer.
Das Spiel beginnt.
Das Verhältnis zwischen Zielland und Tu-was-Land ist gut, eigentlich freundschaftlich.
Der Moralist schreit, was anderes, etwas sachlich hilfreiches, kann er nicht, will er auch nicht, darum schreit er, laut vernehmlich, anhaltend, bösartig.
Die Regierung des Tu-was-Landes interveniert beim Zielland.
Das Zielland wehrt sich: Misch dich nicht in meine inneren Angelegenheiten ein. Aus der höflichen Sprache der Diplomaten in mein geliebtes Deutsch übersetzt, heißt das: Halt dein Maul oder du kriegst ein paar in deine Fresse.
Der Moralist hetzt weiter, bösartiger, giftiger.
Das Verhältnis zwischen Zielland und Tu-was-Land ist gespannt bis schlecht.
Was hat der Moralist für die Frauen und Mädchen erreicht? Nichts, jedenfalls nichts Gutes.
Ausländische Agenten.
Im Zielland kommt es zu Unruhen, Demonstrationen. Die Regierung wehrt sich, erlässt Verbote, neue schärfere Gesetze, macht ausländische Agenten dafür verantwortlich. Der Moralist freut sich über seine Erfolge; was hat der Moralist für die Frauen und Mädchen erreicht? Nichts, jedenfalls nichts Gutes.
Das Tu-was-Land wird härter; früher hätte man ein Kanonenboot geschickt, heute verfügt man Sanktionen.
Sanktionen.
Reisebeschränkungen gegen Einzelpersonen. Völlig wirkungslos, weil diese Personen diese sanktionierten Reisen ohnehin nicht antreten wollen.
Verfügungen gegen das Vermögen von Einzelpersonen. Völlig wirkungslos, weil diese Personen ihr Eigentum nicht mehr in Ländern halten, auf die das die Sanktionen betreibende Land Einfluss und Zugriff hat.
Sanktionen sind immer ein Eingriff in die Wirtschaftsbeziehungen, zunächst der Beziehungen zwischen dem sanktionierten Zielland und dem sanktionierenden Land, dann aber wegen der weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen auch aller Drittländer. Deutschland, selbsternannter „Exportweltmeister“, ist mindestens als Drittland immer betroffen.
Sanktionen sind Eingriffe in die Wirtschaft, in die Handelsbeziehungen. Handel ist; Kaufen und Verkaufen.
Ein von Sanktionen betroffenes Land kann nach dem Spruch „wie du mir, so ich dir“ handeln und nun seinerseits Sanktionen verhängen, Das macht die Sache nicht besser.
Das von Sanktionen betroffene Land beginnt zu prüfen:
• Produkte, die ich verkaufe, habe ich so viel, dass ich sie verkaufen kann. Wenn ich sie nicht mehr an das Land A verkaufen kann, gibt es andere Länder als Abnehmer, vielleicht sogar zu für mich besseren Bedingungen? Wenn JA, dann tu ich das und der Fall ist für mich gelöst. Wenn NEIN, dann produziere ich eben diese Produkte nicht mehr und kümmere mich um die Folgen in meinem Land: Arbeitskräften neue Arbeitsplätze schaffen, Unternehmen neue Aufgaben geben. - Ergebnis: überall da, wo das sanktionierte Land in der Verkäuferposition ist, sind alle Probleme kurzfristig lösbar und die Sanktionen gehen ins Leere.
• Völlig anders bei allen Produkten die ich kaufen will, kaufen muss. Kann ich auf das Produkt verzichten? JA, dann tu ich es und der Fall ist erledigt. NEIN, kann ich das Produkt oder Ersatzprodukte von anderen Lieferanten bekommen und wenn, zu welchen Bedingungen? Alternativ: wie und wie schnell kann ich das Produkt oder Ersatzprodukte im eigenen Land produzieren? Das kann teuer werden, das kann Jahre dauern, aber auf Dauer geht man gestärkt aus diesem Kampf hervor; die Sanktion verkehrt sich zum Wirtschaftsförderungsprogramm. (In dieser Position ist heute Deutschland bezüglich Erdgas!) - Ergebnis: überall da, wo das sanktionierte Land in der Käuferposition ist, gibt es, meist lang andauernde, Probleme.
Nur wenige Staaten sind stark genug, um andere Staaten mit Sanktionen belegen zu können. Jeder Staat kann Ziel von Sanktionen sein oder als Drittstaat von Sanktionen betroffen werden. Die einzig wirksame Abwehr ist die eigene Autarkie, die Unabhängigkeit von Drittstaaten.
Ergebnis: die Moralisten haben mit ihrem Hetzen zwar den Wohlstand in vielen Ländern zerstört, aber mehr Freiheit haben sie den Frauen und Mädchen nicht gebracht. Und die Moral von der Geschicht: Folge den Aufrufen der Moralisten, den Volksverhetzern, nicht!
02.11.2022
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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