Lupia und die Ptolemaeuskarte

Das Beispiel eines Koordinatensystems
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Im vorigen Jahr ging Anfang Oktober eine Meldung durch die Presse. Berliner Wissenschaftler wollten die Daten von Ptolemaeus entschlüsselt haben. Ein Ergebnis war: Bernburg an der Saale sollte der bei Ptolemaeus verzeichnete Ort Lupia sein.

Diese Behauptung war ein wichtiger Grund, sich mal wieder mit diesen Daten zu beschäftigen. Aber bevor es losgeht, hier aus Wikipedia ein paar Daten zu Ptolemaeus.

"Claudius Ptolemaeus, (* um 100, vermutlich in Ptolemais Hermii, Ägypten; † um 175, vermutlich in Alexandria), war ein griechischer Mathematiker, Geograph, Astronom, Astrologe, Musiktheoretiker und Philosoph. Ptolemäus wirkte als Bibliothekar an der berühmten antiken Bibliothek in Alexandria. Insbesondere seine drei Werke zur Astronomie, Geografie und Astrologie galten in Europa bis in die frühe Neuzeit als wichtige umfangreiche Datensammlungen und wissenschaftliche Standardwerke." (1)

Im Internet gibt es Tabellen mit den überlieferten Daten und auch einige bildliche Darstellungen aus dem späten Mittelalter, die sehr dekorativ sind.

Als Grundlage meiner Betrachtungen diente eine Karte, die im Internet unter http://www.datenbank-europa.de/erdkunde/welt/gif/p... zu finden ist.
An der Karte fällt auf, dass sich die Längengrade nach Norden zu verjüngen. Auf unseren heutigen Karten ist dies ähnlich und soll so die Erdkrümmung darstellen (Bild 1).
Um aber mit einer solchen Karte arbeiten zu können, benötigt man einige sichere Koordinaten.

Da fällt gleich Mainz (Mogontiacum) ins Auge. Dies ist ein bekannter Ort und von hier aus starteten ein Teil der Eroberungszüge in den germanischen Raum. Ein zweiter Ort ist Friedberg, das seit einigen Jahren der in der Literatur benannte Ort Artaunum sei soll. Als dritter Ort soll Waldgirmes gelten, von dem wir durch das Auffinden einiger Teile einer vergoldeten Reiterstatue um seine Wichtigkeit wissen( Bild 2).

Die Winkelberechnungen ergaben schließlich, dass nicht Friedberg selbst der Ort Artaunum war. Östlich von Friedberg gab es zu dieser Zeit ein Römerlager mit einem Vicus von 81 ha Größe. Hier bei Echzell muss Artaunum gelegen haben. Aus diesen beiden Werten lassen sich dann die genauen Koordinaten von Mainz bestimmen (Bild 3).

Will man aber diese Werte mit einer modernen Karte zur optischen Kontrolle überlagern, muss man eine der beiden Karten um 42 Grad drehen. Daraus ergibt sich, dass Ptolemaeus nicht den Nordpol als Ausgangspunkt seiner Koordinaten wählte, sondern seinen Heimatort Alexandria. Ptolemaeus hat zwar den Längengrad mit der "0" auf die Kanarischen Inseln gelegt. Dann ging er fächerförmig nach Osten, so dass Germanien zwischen dem 27. und 46. Längengrad gemessen wurde (Bild 4+5).

Folglich kann man die oben angeführte Karte nicht dazu verwenden, die vorhanden Koordinaten richtig darzustellen. Es muss ein völlig neues Koordinatensystem geschaffen werden. Aber wie soll dieses aussehen? Verjüngensich die Längengrade zum Nordpol oder hat sie Ptolemaeus fächerförmig angeordnet? Ich entscheide mich für einen Mittelding und lege die Längengrade parallel an. Das ergibt einen mittleren Messfehler. Die zweite Frage ist, nimmt man die Werte der TU-Berlin oder die aus der oben genannten Karte? So entstanden schließlich zwei Karten, beide mit WErten von Ptolemaeus, aber aus unterschiedlichen Quellen.

Trägt man die von Ptolemaeus angeführten Ort in das neue Koordinatensystem ein und hinterlegt eine moderne Deutschlandkarte, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der oben genannte Ort Lupia liegt jetzt zwischen Weser und Teutoburger Wald. Calegia, das mancher schon als Halle/Saale sah, liegt jetzt an der Weser in der Nähe von Hameln. Aber auch Trophea Drusi hat sich verschoben und ist jetzt in der Nähe von Paderborn zu finden.

Aber alle diese Erkenntnisse sind mit Vorsicht zu genießen. Es gibt hier mehrere Fehlerquellen, So stimmen manche Koordinaten nicht, da sie mit der Zeit verändert wurden. Besondere Vorsicht ist bei den Flüssen geboten - hier stimmt nicht ein Wert.

Obwohl eine größere Ungenauigkeit besteht, kann man die Aufgabe als erfüllt ansehen. Lupia (Luppia) liegt auf beiden Karten zwischen Teuteburger Wald und Weser, und nicht an der Saale.

Und noch eine Erkenntnis halten die Karten bereit. Die Karte ging nur bis zur Elbe. Nur am Unterlauf werden ein paar Orte östlich der Elbe erwähnt.
Germanien war eben doch kleiner als unsere Vorfahren immer dachten.

Quellen:
- Wikipedia
- www.datenbank-europa.de/erdkunde/welt/gif/ptolemaeus.jpg
- TU-Berlin, Geographie_Germaniens_nach_Ptolemaeus

Bürgerreporter:in:

Jürgen Schindler aus Dessau

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