Memorandum des Lewitznetzwerkes e.V.

Brief an Till Backhaus

Zunehmend sind in der Öffentlichkeit Bedenken gegen das vorliegende Projekt der Dammsanierung am Störkanal und an der Elde-Müritz-Wasserstraße entstanden. Das diesjährige Hochwasser hat zudem eine Diskussion ausgelöst, beim Hochwasserschutz den Blick nicht auf notwendige Maßnahmen von Dammbauten einzuengen, sondern komplexe Maßnahmen eines nachhaltigen Hochwasserschutzes ins Auge zu fassen.
Wir, die Mitglieder des lewitznetzwerkes e.V., sehen uns durch diese Diskussionen in unserer Position bestärkt. Mit unserer Stellungnahme möchten wir hier auf historische und kulturelle Traditionen und nicht zuletzt auf die Naturwerte der Lewitz aufmerksam machen.

Die Lewitz ist als postpleistozänes Durchbruchstal eine zwischen den Orten Neustadt-Glewe, Spornitz, Garwitz und Banzkow gelegene ursprünglich von Seen, Sümpfe, Verlandungs- und Niedermooren bedeckte und von nach Westen abfließenden Flüssen durchzogene Niederungslandschaft. Seit der Jungsteinzeit besiedelt, lebten die Menschen von Jagd, Fischfang, Weidewirtschaft, Ackerbau, Waldwirtschaft. Durch ein umfangreiches System von Entwässerungsgräben und Kanalbauten seit dem 16. Jahrhundert veränderte sich der Charakter der Landschaft schrittweise. 1958 -1962 und 1970 - 1980 erfolgte eine großflächige komplexe Melioration (industrielle landwirtschaftliche Produktion; intensivierte Rinderaufzucht), die einen komplexen Biotopwandel bewirkte.

Die Lewitz ist heute eine Kulturlandschaft mit intensiver Weidewirtschaft, Fisch-Teich- Wirtschaft, Forstwirtschaft und Tourismusorientierung. Die Fischteiche und die Waldlewitz bilden letzte umschriebene schützenswerte Naturreservate. Die Teichlandschaft ist ausgewiesenes Europäisches Vogelschutzgebiet.

Die Lewitz wird heute durch das sie durchziehende Kanalsystem geprägt. Bereits im 16. Jahrhundert wurde die Stör als Transportweg für Holz aus der Lewitz genutzt. 1566 wurde in Banzkow eine Schleuse gebaut, in Plate existierte eine Stauschleuse. Die Herzöge Johann Albrecht I und sein Bruder Ulrich beauftragten Tielemann Stella mit der Herstellung einer schiffbaren Verbindung zwischen der Ostsee und der Elbe durch den Schweriner See. Die Anlage des Eldekanals (heute Eldeseitenkanal) zwischen Dömitz und Eldena wurde 1572 fertiggestellt, danach wurde mit dem Bau des Abschnitts zwischen Eldena und Schweriner See begonnen, der bis 1576 fertig gestellt wurde. Am 19. Mai 1573 (vor 540 Jahren!!!) fuhr Stella mit herzoglichen Kommissarien auf dem Wasserwege von Schwerin nach Dömitz. Die neue Wasserstraße namens Störkanal entstand 1709 bis1713 mit der Schaffung eines neuen Gewässerbetts durch die Verlängerung des ehemaligen Flößgrabens von Banzkow in Richtung Elde bis zum Klinker Bach. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wird aus dem Störkanal Wasser für den Ludwigsluster Kanal abgeleitet, der die Anlage des Ludwigsluster Schlossparks mit seinen Wasserspielen versorgt.

Wir vertreten die Auffassung, dass es sich hier um ein frühes wasserbauingenieurtechnisches landschafts- und biotopprägendes Bauwerk handelt, dessen Dammbepflanzung mit Eichen zu den landschaftsprägenden Merkmalen gehört. Es sollte in Einheit mit den entstandenen Biotopen als wertvolles Kulturgut unter Schutz gestellt werden.
Die Bedeutung der Störwasserstrasse als Schifffahrtsweg hat sich bekanntermaßen in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Sie dient ausschließlich nur noch der touristischen Nutzung.

Als Verein wenden wir uns insbesondere gegen das jetzt erfolgte Planfeststellungsverfahren aus einseitiger Interessenlage des Wasser- und Schifffahrtsamtes des Bundes. Wir sind überzeugt, es gibt andere Möglichkeiten einer umwelterhaltenden Dammsanierung. Wir lehnen zudem unsachliche Argumentationen zur Hochwassergefahr ab, wie sie mit einem Bedrohungszenarium in die Schweriner Volkszeitung (12. März) gebracht wurden.

Wir fordern, eine Überprüfung und Überarbeitung des vorliegenden Projekts nach gründlicher Beratung mit allen Betroffenen und Verantwortlichen sowie die Einordnung als ein Teil des Gesamtkonzepts Hochwasserschutz im Einzugsgebiet Schweriner See und Müritz.

Hochwasserschutz und Schutz der Natur und der Kulturlandschaft sollten eine Einheit bilden.

Der Vorstand 21.Juni 2013
lewitznetzwerk e. V.

Bürgerreporter:in:

Norbert Höfs aus Schwerin (MV)

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