Gedanken zur Wortgottesfeier zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten

Christusdarstellung in Segovia
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Die Wortgottesfeier ist eine eigene Form liturgischen Dienstes. In ihr wird das Wort Gottes unabhängig von der Messfeier verkündet. Der Wortgottesfeier steht kein Priester vor, sondern ein "Laie" im kirchenrechtlichen Sinne.

Der Priestermangel ist Anlass für die Neubelebung derartiger liturgischer Dienste und Verkündigungsformen. Es wäre nicht sinnvoll, wenn Priester hetzende Reisende in Sachen Eucharistie wären.

Es gab solche liturgische Formen aber schon vor Jahrhunderten, z. B. während der Französischen Revolution im linksrheinischen deutschsprachigen Gebiet.

Der Priestermangel ist nicht der einzige Grund für die Belebung von Wortgottesdienstfeiern mit einem "Laien" als Leiter. Jeder Getaufte ist zur Verkündigung des Wortes Gottes gesendet. Wortgottesdienste wollen aber gut, sorgfältig und kompetent vorbereitet sein. Deshalb ist liturgische Bildung und Fortbildung erforderlich, damit die biblische und theologische Aussagekraft der Evangelien bei der Auslegung in der Predigt nicht leidet.

In der St. Petrus Gemeinde in Buchholz in der Nordheide bestehen seit 2004 solche Wortgottesfeiern. Sie sind von den Gemeindemitgliedern gut angenommen. Während der Wortgottesfeier werden auch Predigten oder Impulse vorgetragen. Zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten wurde von mir als Leiter von Wortgottesfeiern folgende Predigt im Anschluss an das Evangelium nach Johannes 16, 20 - 23 a gehalten:

"Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

Das heutige Evangelium gibt uns einige Fragen auf. Es hat unterschiedliche Deutungen erfahren. Was ist gemeint mit der kleinen Weile? Selbst für die Apostel gab das Wort ein Rätsel auf.

Welches Wiedersehen von Jesus ist gemeint? Seine Wiederkunft am Ende der Tage, am Ende der menschlichen Geschichte oder Jesu Erscheinen nach der Auferstehung?

Die frühen Christen lebten in der Endzeiterwartung, die sie in der griechischen Sprache Parusie nannten. Das Wort bedeutet „heilhafte Gegenwart“ Christi, das Offenkundigwerden der Heilsgeschichte. Ohne Zweifel nimmt diese Erwartung einen wichtigen Platz in der Glaubensgeschichte der Christen ein.
Aber trotzdem spricht der heutige Evangeliumstext eher für eine zweite Interpretation. Die Aussage „Ihr werdet mich wiedersehen“ und „ich werde euch wiedersehen“ richtet sich unmittelbar an die Jünger, denen er nach seiner Auferstehung erscheinen wird, und nicht an die ganze Welt am Ende der Menschheitsgeschichte.

Jesus kündigt seinen Jüngern an, dass die Zeit ihrer Verlassenheit nur von kurzer Dauer sein wird. Bald werden sie ihn wiedersehen. Aber seine Jünger verstehen seine Aussage von der kurzen Weile nicht, da sie weder Jesu Tod erahnen noch erst recht nicht seine Auferstehung. Die Zukunft ist ihnen während der Wanderjahre mit Jesus noch fremd und verborgen. Das geben sie auch gegenseitig zu. Aber sie wagen Jesus, ihren Herrn und Meister, nicht zu fragen, was er mit der kleinen Weile und mit der Aussage meint: „Ich gehe zum Vater.“ Die Apostel wirken schüchtern und unbeholfen. Jesus aber kann sich in die Stimmung und Fragestellung seiner Jünger versetzen. Er löst ihnen aber das Rätsel der kleinen Weile nicht auf, noch nicht, aber der Evangelist Johannes kann sich viele Jahre später, als er das Gespräch aufzeichnet, noch gut an die Situation erinnern. Erst nach allem Erlebten fällt es ihm wie wohl auch den anderen Jüngern wie Schuppen von den Augen. Er erinnert sich, Jesus hat ihnen vorausgesagt, das auf eine Zeit der Trauer eine Zeit der Freude folgt. Es ist die Zeit, in der Jesus ihnen als der Auferstandene begegnet. Im Nachhinein wird Johannes klar, mit der kleinen Weile ist die Zeit zwischen Jesu Tod und seiner Auferstehung gemeint.

Und diese Freude war bei den Aposteln so groß, dass sie davon ein Leben lang zehren und nicht mehr aufhören können, davon zu erzählen. Keine Drohung, kein Gefängnis, keine Anfeindung konnte sie mehr zum Schweigen bringen. Jesus hatte aber vorausgesehen, dass niemand ihnen diese Freude wegnehmen konnte. Wir dürfen noch heute teilnehmen an dieser Freude. Gibt es Schöneres als österlicher Jubel?

Aber bevor die Auslegung des heutigen Evangeliums beendet wird, bleibt doch noch ein Vers unklar. Was bedeutet: Die Welt wird sich freuen, wenn ihr Jünger weint und wehklagt? Jesu Fortgang, gemeint sein Tod, löst bei seinen Widersachern, den Pharisäern und Sadduzäern und bei allen, die damals Welt verkörpern und symbolisieren, Freude aus. Sie empfanden seine Mahnungen und Korrekturen, ja seine Anwesenheit als beständigen Angriff und dachten, von dem lästigen Mahner und Querulanten befreit zu sein. Erleben wir nicht auch heute Ähnliches? Empfindet die Welt nicht auch heute die mahnende Stimme der Christen, die sich für ungeborenes Leben, für das Sakrament der Ehe klar und unmissverständlich einsetzt, und ärztliche Beihilfe zum Suizid ablehnt, für ein Sterben in Würde eintritt, als lästig, als unzeitgemäss, als weltfremd? Christen erfahren zunehmend Diskriminierungen, nicht allein in Syrien, Irak oder Nigeria, sondern auch bei uns, wenn auch noch nicht so lebensbedrohlich. Wenn wir Christen im Betrieb, in der Nachbarschaft, mitunter vielleicht selbst im Familienkreis zur christlichen Überzeugung stehen, erfahren wir oft Antworten, die uns sehr traurig stimmen. Aber auch wir dürfen zuversichtlich sein, auch unsere Trauer wird sich in Freude verwandeln, die den überstandenen Schmerz vergessen lässt.

Den Jüngern gaben die Erscheinungen des Auferstandenen die Gewissheit, dass Jesus nicht tot war, sondern lebte, und dass sein Scheiden nur der Gang zum Vater war, wie er ihnen gesagt hatte.

Jesus nennt noch die kostbare Gabe, die sie zu erwarten haben. Sie würden in Zukunft keine Fragen mehr haben. Ihr ursprüngliches Unverständnis gegenüber der Verkündigung Jesu wird ein Ende haben. Das Erlebte ist so offenkundig und wahr, dass es keiner Fragen mehr bedarf. Schließen wir uns der Erfahrung der Apostel mit Zuversicht an, dass auch unsere Fragen klein werden. Auch wir mögen mit der Kraft des Heiligen Geistes so erfüllt werden von der Freude der Auferstehung, dass uns die Welt mit ihren vergänglichen Freuden nichts mehr anhaben kann. Unsere Trauer verwandle sich in Freude! Amen"

Christusdarstellung in Segovia
St. Petrus in Buchholz in der Nordheide
Bürgerreporter:in:

Manfred Hermanns aus Hamburg

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