Kris Martin stellt „Every Day of the weak“ aus- oder die Belgische Verfremdungen in Deutschland

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Installationen, Fotografien, Videos und Zeichnungen präsentiert der aus Kortrijk stammende und in Gent lebende flämische Künstler Kris Martin einem teilweise irritierten Publikum bis 22. April 2012 im Bonner Kunstmuseum. Woher kommen diese Irritationen? Martin schafft „Leerstellen“, indem er Bekanntes verfremdet, aus dem angestammten Kontext entfernt und somit den für uns schnell erschließbaren Zusammenhang zerstört. Neue Seh- und Denkgewohnheiten sind erforderlich, um Martins Werke zu begreifen.

Bei seinen Arbeiten bedient sich Martin teilweise des „kollektiven Gedächtnisses“ der Menschheit: Zum Beispiel entnimmt er aus Büchern den Punkt des letzten Satzes und isoliert diesen. „End-points“ lässt die Literatur der Hochkultur in einem einzigen Punkt verschwinden. Auch gängige Bilder wie die Gipfelkreuze, die als Zeichen dafür, dass der Mensch in die Bergwelt vorgedrungen und sie „bezwungen“ hat, vereinnahmt Martin für sich und seine Kunst. Auf im Raum verteilten, teilweise von Flechten bewachsenen Felsen – sie ruhen auf niedrigen Sockeln – thronen bei Martins Installation „Summit“ kleine weiße Papierkreuze. Nicht allein, dass damit aus Sicht des Berichterstatters der Wahn des Menschen, sich die Natur untertan zu machen, hinterfragt wird, zugleich „paraphrasiert“ Martin die romantischen Vorstellungen der Bergwelt, wie sie insbesondere die Romantiker gepflegt hatten. Zu diesen gehört auch der Maler Caspar David Friedrich, dem wir das Gemälde „Das Kreuz im Gebirge“ zu verdanken haben.

Idiot und Vergänglichkeit

„I'm not an idiot“ ist eine Arbeit, in der der Künstler gefundene Steine in eine Reihung gebracht hat. Mit dem Thema „Idiot“ befasst sich Martin auch in anderer Weise, zeigt uns einen Eisenstab, den er als „Idiot (Scale)“ benennt. Aus einem umgedrehten Trichter schuf Martin hingegen seine „Idiot Chapel“. Begleitend zu diesen Arbeiten präsentiert man im gleichen Ausstellungsraum ein riesiges, diagonal im Raum liegendes Zweihandschwert, das sieben Meter lang ist. In vorherigen Ausstellungen, so in der Galerie Black E in Liverpool, hing dieses Schwert („Mandi XV“) bedrohlich über den Köpfen der Ausstellungsbesucher. Zu einer derartigen Hängung hat man sich aktuell jedoch nicht entschieden.

Wir kennen alle die Gedenktafel für Verstorbene. Auch Martin hat – allerdings wohl mit einer Mischung aus Ironie und Sarkasmus – eine solche entworfen. „Life after death for ...“ enthält nicht nur den Namen des Leiters des Kunstmuseums Bonns, sondern auch des Künstlers Mauricio Cattelan. Doch wer sind Jan Verlinden oder Ulrike Baumgart, derer gleichfalls „gedacht“ wird? Sind die Namen, die Martin hinzugesetzt hat, gar vielleicht nur persönliche Widmungen für die Erwerber eines Teils des Werks?

Nicht nur das oben genannte Schwert, sondern auch die „serielle Wiederholung“ des Schriftzugs „Life after death ...“ scheinen sich mit dem Thema „Leben und Tod“ auf eine besonders drastische Weise zu befassen, ohne in gängige Vanitas-Muster zu verfallen. Doch auch ein derartiges Muster, einen Totenschädel („Still alive“!), der ein Abguss des Schädels des Künstlers ist, finden wir beim Rundgang durch die Schau. Immer wieder tauchen in der Ausstellung Assoziationen zur Vergänglichkeit auf, ob die zerbrochene, riesige chinesische Vase, die mit Mühe zusammengeklebt wurde, ohne die Bruchstellen verwischen zu können, oder der Spiegel mit dem spiegelbildlichen Schriftzug „The End“.

Quelle:
Belgien.info.net

Bürgerreporter:in:

Wolf STAG aus Essen

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