Lieschen Knatterstein Kinderbiografie von Karin LehmannTeil 6

Onkel Gustel und Tante Ida

Einmal waren Lieschen und Rieke bei Onkel Gustel und Tante Ida zu Besuch. Onkel Gustel war der Bruder von ihrem Papa. Sie hatten zwei Kinder, Stine und Denny. Die waren aber noch sehr klein. Lieschen spielte immer sehr gern mit den beiden. Onkel Gustel brachte sie zum Baden und auf den Spielplatz, immer mit seinem alten Motorrad, mit Beiwagen. Das war super. Er spielte und alberte mit uns Kindern sehr viel herum. Onkel Gustel war einfach der tollste Onkel den sie hatten. Er war lustig und es gab immer etwas zum lachen. Vor ihrem Haus war ein Spielplatz. Es war der schönste Spielplatz den Lieschen je gesehen hat. Dort spielten sie den ganzen Tag. Eines Tages regnete es und sie mussten im Wohnzimmer spielen. Das war nicht so schlimm, denn Onkel Gustel hatte immer eine Idee. Sie spielten Pferd. Onkel Gustel musste auf den Knien durch das Wohnzimmer kriechen und sie setzten sich alle vier auf seinen Rücken. Er prustete und schnaufte. Sein Kopf glich einem Feuerball. Irgendwann wurde es immer wilder und sie begannen sich mit den Hausschuhen zu bewerfen. Lieschen fing Onkel Gustel seinen großen Hausschuh auf. Onkel Gustel tänzelte vor dem Wohnzimmerschrank hin und her und lachte laut. Wirf doch endlich, du triffst ja doch nicht rief er immer wieder und griente schelmisch. Na warte dachte Lieschen,
ich spiele schließlich im Handball mit, das weiß du noch nicht. Lieschen holte kräftig aus und schleuderte den Schlappen in Richtung Onkel Gustel. Der aber bückte sich und der Schlappen landete im Wohnzimmerschrank. Direkt in die Ecke einer abgerundeten Kristallscheibe. Der Hausschuh thronte jetzt auf zwei zerschmetterten Sammeltassen. Tante Ida schimpfte wie ein Rohrspatz und hörte gar nicht auf zu zetern. Mama, Mama könntest du das sehen, jammerte sie immer wieder. Der Wohnzimmerschrank war ein Erbstück ihrer Mutter. Erst als Onkel Gustel ihr versprochen hatte sich sofort um den Schaden zu kümmern, fiel sie verzweifelt auf einen Stuhl und starrte nur noch vor sich hin. Kommt wir gehen noch ein Eis essen, um Tante Ida etwas allein zu lassen, in ihrem Schmerz, meinte er. Das war toll, wir durften uns ein großes Eis bestellen. Als wir wieder Zuhause waren, fragte Papa uns, wie hat es euch bei Onkel Gustel gefallen. Prima, sagte Lieschen und hüpfte vergnügt von einem Bein auf das andere. Dann hielt sie inne und sagte, ich glaube Tante Ida ist verrückt geworden.

Lieschens Freundin Kika

Eines Tages kam eine Neue ins Klassenzimmer. Sie war ein großes, sehr dünnes Mädchen. Ziemlich schüchtern stand sie an der Tür als die Lehrerin sie uns vorstellte. Das ist Kika und sie ist jetzt eure neue Klassenkameradin, sagte sie. Sie wurde neben Lieschen gesetzt, da dieser Platz frei war. Kika war keineswegs schüchtern. Nach kurzer Zeit wurden Kika und Lieschen dicke Freundinnen. Sie fuhren viel Rad und liefen oft im Wald herum. Dort hatten sie auch eine Bank, die sie ihr Eigen nannten. Es wurde ihr Lieblingsplatz. Fast jeden Tag saßen sie auf ihrer Bank. Von hier aus konnte man den ganzen Wohnort überblicken. Hier fühlten sie sich wohl und konnten über alles Mögliche quatschen. Es war einfach herrlich. An diesem Ort wurde auch mächtig geschlemmt. Ihre Eltern besaßen eine Gaststätte. Wenn Kika zu ihren Eltern in die Gaststätte wollte musste sie immer durch das Lager. Dort lagen die vielen süßen Sachen und lockten. Lieschen stand dann öfter mal Schmiere und Kika ließ derweilen Schokoladentafeln oder Konfekt Kasten mitgehen. Das fiel niemals auf. Sie liefen dann zu ihrer Bank und ließen es sich schmecken. Da Kika immer sehr viel Taschengeld bekam, kauften die beiden manchmal kräftig ein. Für jeden gleich drei Eis, Tüten von Bonbon, Schokolade und Massen von Kekse und Waffeln. Alles wurde dann anschließend auf der Bank verspeist. Mit der Zeit sammelte sich dort eine Menge Papier an, aber das störte die beiden gar nicht. Hauptsache es schmeckte.
Einmal beschlossen sie Alkohol zu kosten. Lieschen und Kika nahmen ihr Körbchen und gingen in einen Laden. Da standen sie vor den vielen Flaschen. Das sind ja eine Menge, staunte Lieschen. Dann fiel ihr Blick auf eine Reihe kleiner Flaschen. Diese Flaschen sind bestimmt für Kinder, sagte Lieschen und nahm eine der kleinen Flaschen in die Hand. Die sehen so schön bunt aus. Hier suchen wir uns etwas aus. Kika zeigte auf eine Flasche und rief, die sieht toll aus, was meinst du Lieschen. Ja davon nehmen wir zwei. An der Kasse schaute die Verkäuferin die beiden sehr streng an. Die sind für meinen Papa sagte Lieschen. Ach, dein Papa hat wohl Magenschmerzen, sagte die Verkäuferin. Ich hoffe es hilft sagte sie noch, als die beiden schon an der Tür waren. Was hat die denn gemeint fragte Kika? Keine Ahnung antwortete Lieschen. Sie liefen zur Bank. Unterwegs machten sie sich noch lustig über die Verkäuferin und das sie ihnen die Lüge abgenommen hat. Heute schien die Sonne besonders kräftig. Es war sehr warm. Lieschen und Kika schwitzen sehr als sie oben ankamen und hatten großen Durst. Zum Glück haben wir uns heute etwas zu trinken mitgebracht, sagte Kika. Sie setzten sich und betrachten ihre kleinen Schnapsflaschen genauer. Hier steht Bohnekamp drauf, sagte Lieschen. Na dann lass uns mal anstoßen ulkte Kika herum. Sie öffneten ihre Flaschen und tranken vor Durst als hätten sie eine Brauseflasche. Dann war es eine Weile still. Kika begann zu prusten und spucken. Lieschen wurde käseweiß, dann erbrach sie sich. Hilfe ich bin vergiftet schrie Kika. Beide liefen nach Hause und fielen nur noch in ihre Betten. Am nächsten Morgen entschuldigte mich Mutti in der Schule. Sie dachte Lieschen hatte sich eine Magen und Darmgrippe eingefangen. Kika war am nächsten Tag in der Schule. Sie sah leichenblass aus. Die Lehrerin sagte, wie siehst du denn aus. Micha wird dich nach Hause bringen, du gefällst mir gar nicht. Sicher hast du dich bei Lieschen angesteckt, sie hat die Magen und Darmgrippe. Kika dachte an den Bohnekamp, ihr wurde sofort wieder schlecht und sie erbrach sich, direkt im Klassenzimmer. Um Gotteswillen, kreischte die Lehrerin, du wirst uns noch alle anstecken. Kika und Lieschen mussten noch lange über dieses Erlebnis lachen. Sie schwuren, nie wieder Alkohol. Das Lachen verging Lieschen aber bald. Papa kam und sagte, ich muss mit die sprechen. Die Verkäuferin hat mich heute gefragt, ob der Bohnekamp geholfen hat. Lieschen wurde rot und fing an zu stottern. Jetzt weiß ich auch warum es dir nicht gut ging. Na, da hast du deine Strafe schon weg. Ich hoffe du hast daraus gelernt. Lieschen nickte kräftig. Und noch etwas. Der Bäcker hat sich bei mir beschwert. Du hast im Schaufenster die Ware immer umgestoßen. Was ist an dieser Sache dran. Lieschen erzählte kleinlaut. Jeden Morgen wenn ich Kika abhole, haben wir beim Bäcker angehalten. Im Schaufensterrahmen befinden sich kleine Löcher. Dort haben wir dünne Stöcke durchgeschoben und die Ausstellungsstücke umgestoßen. Das haben wir jeden Morgen gemacht. Ach Lieschen, wann wirst du endlich vernünftig, klagte Papa. Der Bäcker hat euch gesehen. Heute geht ihr hin und entschuldigt euch bei ihm. Kika und Lieschen kratzen ihr Taschengeld zusammen und kauften einen Blumenstrauß. Es war ein schwerer Weg. Kleinlaut entschuldigten sie sich beim Bäcker. Der war ziemlich sauer, aber als Lieschen ihm versprach so etwas nie wieder zu tun, war er zufrieden und schenkte den beiden sogar ein Brötchen.

Erste Zigarette mit Folgen

Kika hatte noch eine Schwester. Eines Tages saßen Lieschen, Kika und Ursel im Wohnzimmer. Sie hatten sich einige Zigaretten besorgt und wollten mal versuchen zu rauchen. Sie setzten sich an den großen Tisch. Ein Aschenbecher wurde in die Mitte gestellt. Dann steckten sich jeder eine Zigarette an und pafften wie die Großen. Ursel fing an zu husten. Du machst das falsch sagte Lieschen. Du musst das ganz tief mit der Luft reinziehen. Das habe ich bei meinen Papa gesehen. Alle drei probierten es und fingen mächtig an zu husten. Kika legte ihre brennende Zigarette auf den Aschenbecher und stürzte zum Fenster. Plötzlich klappte im Hausflur die Tür. Es kommt jemand sagte Lieschen. Ursel wurde ganz blass. Lieschen legte ihre brennende Zigarette auf den Aschenbecher und Kika stellte ihn in den Wohnzimmerschrank. Als die Tür auf ging und die Mutter von Kika und Ursel in das Wohnzimmer kam, saßen alle drei am Tisch und taten als würden sie sich angeregt unterhalten. Warum steht das Fenster auf, fragte sie. Unter dem Fenster sitzt bestimmt wieder der alte Rumpel und raucht. Das ganze Wohnzimmer stinkt nach Zigarettenrauch. Sie ging zum Fenster und schloss es. Ich mache uns mal was zu essen, sagte sie. Du isst doch etwas mit, fragte sie Lieschen. Nein, ich muss nach Hause, antwortete sie und schielte zum Schrank. Dort kam der Rauch schon durch die Schranktür. Kika biss sich auf die Lippen und Ursel knabberte nervös an ihren Fingernägeln. Als die Mutti aus dem Wohnzimmer geht öffnete Kika die Schranktür und kippte den Inhalt des Aschenbechers in Lieschens Jackentasche. Sie sollte es auf der Straße entsorgen. Lieschen wollte gehen, da kam die Mutti aus der Küche und sagte, warte ich bringe dich zur Tür Lieschen. Als Lieschen weg war sagte die Mutti, Lieschens Papa muss ein sehr starker Raucher sein, ihre ganzen Sachen stinken schon so verqualmt. Am anderen Tag sagte Lieschen zu Kika, eine Zigarette war noch nicht richtig aus. Ich habe ein großes Loch in meiner Tasche. Zum Glück ist es nur in der Innenseite.

Bürgerreporter:in:

Karin Wagner-Lehmann aus Nachterstedt

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