Bautzen - (1) mehr, als nur Senf und Knast!

Angekommen!
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Bautzen - (1) mehr, als nur Senf und Knast!

1) Annäherung an eine Unbekannte

„Bautzen?! - da wollen Sie Urlaub machen?!“ - oder: „Bautzen – nee, kenne ich nicht, ist doch Italien, oder da so irgendwo!“ - So in etwa lassen sich Pflöcke einschlagen, zwischen den Extremen dessen, was uns bei der Vorbereitung auf die Fahrt in die Oberlausitz begegnete. Und mitten drin auch Anmerkungen, wie diese: „Sie werden überrascht sein, was für eine schöne Gegend Sie erwartet, und Bautzen ist eine wirklich nette Stadt, so kam es uns beider Stadtführung jedenfalls vor!“
Wir wussten von Bautzen vorher eher auch nur, dass es diese Stadt da irgendwo im Nahen Osten gibt und das Stichwort „Gelbes Elend“, war auch schon eingebrannt - aber schon der passend dazu farblich sehr ähnliche Senf fehlte im Hinterkopf. Im Mai 1990 hatten wir die Städte Zittau und Görlitz erkunden dürfen und wir erlebten graue, bis zum Anthrazit eingefärbte Gemäuer, aus denen einen Schönheit ahnbar war, die neugierig machte. Also was man nicht kennt sollte man sich mal vor näherem ansehen.

Und das alles mit dem Zug, mit dem Bus und per pedes. Soviel schon vorweg. Wer meint, eine Stadt wie Bautzen an einem Nachmittag wahrnehmen zu können, schafft Paris auch in 5 Minuten! Wie wohl jede Ort mit viel Geschichte – mit über 1000 Jahre Geschichte – verstecken sich die Entdeckungen im Detail, hinter den Mauern, hinter den Türen. Und hinter den 40 Jahre lang nicht einmal ansatzweise gepflegten Altbauten, die zwar Denkmalgeschützt waren kam in den letzten Jahren eine Pracht zum Vorschein. - Und was in Bautzen hinzu kommt, dass ist eine zweite Sprache, eine zweite Kultur, mühevoll und hartnäckig gepflegt. Die Kultur der Sorben. Mit einem eigenen Theater, einem eigenen Museum, mit einem eigenen Zentrum, mit dazu passender Gastronomie, und mit allem was sich denken lässt in der ureigenen Sprache als Ergänzung zum dominierenden Deutschen.
Sorbisch als Sprache, die beim Verkehr mit den Ämtern und Behörden akzeptiert werden MUSS; als Sprache, die mir nicht abgesprochen werden darf, genauso wie ein Mensch von sich selber feststellt, dass er zur Volksgruppe der Sorben gehört und das nicht per Ahnenpass belegen muss. - UND kaum einer wird staunen: Unseren unseligen braunen Geistern zwischen 1933 und 1945 hatten diesem hier schon immer ansässigen uralten Volk die Sprache abgewöhnen wollen, es war ihnen nicht gestattet, diese Sprache zu lehren...

Bautzen empfängt seine Gäste, die mit dem Zug anreisen sehr opulent mit einem für den heutigen Bedarf überdimensionierten Bahnhof, in zwei Sprachen, und mit einer architektonische interessanten aber gähnend leeren Empfangshalle. Später konnten wir dann auch selbst erfahren, wie schwer es den 40.000 Einwohnern gemacht wird, auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen – Es sind gerade zu Grotesken die dabei erkennbar werden. Allein die Internet-Fahrplanauskunft des dortigen Verkehrsverbundes (ZVON) lässt einem nur mit bitteren Grinsen zurück: Ernsthaft bietet man als Fahrt(!) von der Stadtmitte („Reichenturm“ oder „Kornmarkt“) unter anderem einen Fußweg von 10 Minuten an; aber auch eine Tour zur nächsten Haltestelle in die Gegenrichtung und wieder 10Minuten Fußweg sind dabei. Es sind nur wenige Menschen, die in Bautzen den Zug und Bus benutzen!

Optisch aber bleibt der erste Eindruck gewahrt. Uns als Fremde kam ein freundliche Kulisse entgegen, mit Bahnhofstraße, Postplatz und Karl-Marx-Straße und dann der große lichte Kormarkt mit seiner riesigen schiefen Rakete – korrigiere, dem herrlich schiefen „Reichenturm“. - Mit Bedacht hatten wir nach einem Quartier in der Altstadt gesucht und rechtzeitig auch tatsächlich eine Ferienwohnung nahe dem „Wendischen Turm“, in der Töpferstraße gefunden, alles in greifbarer Nähe, die(!) Bäcker, der Fleischer, die Obsthändler... und immer nur historische Spuren. Ahnung von dem was 40 Jahre DDR einfach haben liegen gelassen, was 1000 Jahre Stadtgeschichte hatten wachsen lassen, was die idiotische Verteidigung der „Festung Bautzen“ 1945 hatte zerstören lassen.
Diese Wahrnehmung gelang schon nach zwei Stunden Aufenthalt in Bautzen, allein in der Töpferstraße, in der alles das noch erkennbar ist; in der noch aktiv Geschichte und die Folgen des Geschehenen bearbeitet werden, restaurieren, renovieren aber auch niederreißen des Ruinierten.

Wer einen Überblick über die Stadt gewinnen will, der hat zwei Möglichkeiten hoch hinaus zu gelangen. Der Reichenturm als der prominente Aussichtspunkt bietet sich genauso an, wie der viel höher zu erklimmende Turm des Petri-Domes! Und was man da zur sehen bekommt... - mmmh?! Ich erlebte eine Gruppe Touristen, die sich diesen Aufstieg bei ihrem Halbtages-Aufenthalt antaten und sich darüber einig waren: „Man sieht ja nur Dächer!“ OK, noch zwei drei Türme, oder vielleicht auch bei genauerem Hinsehen noch drei mehr! Aber sonst; die Berge rundherum sagten ihnen auch nichts, „Schau mal, hier steht Landeskrone! - wo ist denn diese Krone, siehst Du die?“, aber immerhin die Stufen auf die Plattform, die hatte man geschafft, und dann mussten sie auch schon wieder zum Bus runter der sie aus „Norden“ hier her gebracht hatte!

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Bürgerreporter:in:

Christel Pruessner aus Dersenow

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