Die Jungbrunnen- Kur

Copyright. Werner Jung Bad Ems- Graffiti in Lissabon 2011 Urheber unbekannt
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Erinnerungen sind wie Gemälde, die sich im Laufe der Zeit von einem schwarz -weiß Foto in ein farbenfrohes Kunstwerk verwandeln

Elfe und ich sind seit 1969, nun 47 Jahre verheiratet. Langeweile kennen wir nicht, wir sind ein reiselustiges Paar, das diese Leidenschaft ausgiebig auslebt. Viele Unternehmungen umweben unsere Erinnerungen und erzählen von verwegenen Touren und Aktionen. Unsere unendliche Foto Sammlung und unsere Erzählungen können selbst Reisesschriftsteller zu ungeahnten Gedankenflügen inspirieren. Im Rückblick wurden alle Probleme und Widrigkeiten von uns mit einem heldenhaften Enthusiasmus bewältigt. Betreten wir unsere Zeitmaschine in den Jahren 1980 bis 1996, leuchten die Augen meiner Frau besonders auf und bekommen einen engelhaften Glanz. Es taucht vor unserem geistigen Auge ein Spezial- Wohnwagen „Eriba Touring- Troll“ auf, der uns 15 Jahre als treuer Begleiter bei Familien reisen, aber auch bei verwegenen Expeditionen in jugendliche Trancezustände versetzte. Die Erlebnisse sind im Rückblick so abenteuerlich, dass wir in einen Erzähl-rausch verfallen, falls wir geduldige Zuhörer finden. Wir sehen es als einen außerordentlichen Erfolg an, wenn wir nach Abschluss unserer virtuellen Reise nach Preis und Kaufmöglichkeiten für dieses Abenteuer- Fahrzeug gefragt werden. Heute zählen wir das Jahr 2016. Seit 21 Jahren mussten wir diesen legendären Weggenossen wegen TÜV Veto hergeben, was wir dieser Institution nur schwer verzeihen können. Jedenfalls scheint die Erinnerung besonders bei Elfe ein nicht löschbares Feuer und Verlangen aus zu lösen. Es geht so weit, dass sie mich mehrmals zu einem Neuerwerb dieses Fahrzeugtyp überreden wollte. Dem Himmel sei Dank, flatterte mir eine Anzeige im Internet zu, dass dieser Wohnwagen Typ in Köln bei einem Händler zu mieten ist. Ohne meine Angetraute ein zu weihen, nahm ich Kontakt auf und erfuhr, dass der Wagen  schon für die nächsten 2 Jahre ausgebucht ist. Enttäuschung machte sich bei mir breit. Dann ein unerwarteter telefonischer Rückruf mit der frohen Botschaft: Wegen Erkrankung eines Mieters sei das Fahrzeug kurzfristig am 29.08. für 11 Tage buchbar. Eine leider nur kurze Zeit, jedoch war ich der Überzeugung, auch in diesem Zeitraum ein Nirwana ähnliches Erlebnis zu haben, um unsere Ehe spirituell zu verzaubern.
Als wir dann endlich am 29. August in Köln den Wohnwagen an meiner Anhängerkupplung befestigen wollten, tauchte die 1.unerwartete Schwierigkeit auf. Vor 30 Jahren hob ich lächelnd mit einer Hand, mich dabei belanglos mit einem Camping Nachbarn unterhaltend, die Deichsel auf die Anhängerkupplung. Die Zeit des Verbindens dauerte nur wenige Minuten. Ich muss heute gestehen, ich vermochte nicht mit 2 Händen und mit sichtbaren Anstrengung- Symptomen diese ähnliche Aktion durch zu führen. Der professionelle Händler erkannte meine unzureichenden Kraftanstrengungen, schob mich beiseite und unternahm mit einem Lächeln diese Aufgabe ohne erkennbare Mühe. Gott sei Dank hatte meine Elfe dies alles nicht mitbekommen, da sie in einem anregenden Gespräch mit einer Zuschauerin vertieft war. Nach kurzer Zeit waren wir startbereit. Schon beim Auffahren auf die Autobahn offenbarte mein stolzer 100 PS Zugwagen, dass er dieser Zug Aufgabe nur mit Einschränkungen gewachsen war. Als würde ein überdimensionaler Riese meinen Pkw festhalten, gewann er nur allmählich an Fahrt. Ich wunderte mich, dass mich Lastwagen fast schwerelos und hupend überholten und vorbei flitzende Autofahrer manchmal ein müdes Lächeln zeigten. All diese komprimierenden Erfahrungen ignorierte ich, in dem ich stoisch in die Ferne schaute und meinen Tacho nur ab und zu mitleidig betrachtete. Elfe bemerkte von all diesen Ereignissen nichts, Ihre Wangen waren zart gerötet, sie schaute mit engelsgleichen Blicken in die Ferne, wo sie das Glück vermutete. Mit Ihren Fingern trommelte sie eine mystische Melodie, die von afrikanischen Abenteuern erzählte. Unser Ziel war das 800 km entfernte Annecy in den französischen Alpen. Schon nach kurzer Zeit im Stau auf der Autobahn, schlug sie aus Zeitgründen eine Änderung des Kurses vor. Es war inzwischen 17 Uhr, zu spät, um die Alpen noch heute zu erreichen. Neues Ziel wurde ein Campingplatz an der Rurtalsperre, der sich in 60 km Entfernung  für eine Übernachtung anbot. Ich willigte gerne in diese neue Planung ein, und wir erreichten nach einer knappen Stunde den ehrwürdigen, aber idyllisch gelegenen Campingplatz Kohl in Heimbach.
Ein kleines Wiesengrund-stück, mitten auf dem Terrain der Dauer Camper gelegen, die auch schon neugierig besonders unseren Eriba betrachteten, der eine Aura von Abenteuer ausstrahlte. Anerkennung wurde in ihren Blicken sichtbar, als sie live unser „jugendliches Alter“ beim Verlassen des Zugwagens wahrnahmen. Sie merkten schnell nach meinen schwer zu durchschauenden Park-versuchen, dass ich noch nicht lange im Besitz dieses Fahrzeuges sein musste. Hilfsbereit und professionell übernahmen sie das Rangieren und Aufbocken des Fahrzeuges. Ich nickte anerkennend und lud sie zum Dankeschön auf ein Bier ein. Den fürsorglichen Empfang und die gesellige Runde genossen wir beide und waren intuitiv der Ansicht, dass dieser Platz eine echte Alternative zu den Alpen war. Die Geschichten, die wir dann in geselliger Runde am Abend erzählten, gewannen an Spannung, je später der Abend wurde. Um Mitternacht betraten wir glücklich unser neues Zu Hause. Im hinteren Bereich war unser Bett aufgebaut. Die Konstrukteure hatten, um den Stauraum zu vergrößern, eine leichte Hochbett Konstruktion erfunden, die ich mit 1,67 cm Körper- Größe nur mit Anlauf betreten konnte. Nun lag ich bequem auf der Hinterseite des Bettes, während Elfe vor mir den Platz zum Ausgang innehatte. Bis auf die Höhe des Bettes war die Bett -Größe und Konstruktion die Gleiche wie bei unserem früheren Gefährt. Um die Toilette in der Nacht zu erreichen, musste ich mich leise, wie auf Samt- Pfoten über das Hindernis, das meine geliebte Frau war, bewegen, was keinesfalls einfach war. Ich erinnerte mich, dass dieses Unterfangen, welches vor 30 Jahren ähnlich kompliziert war, von uns Beiden als eine schöne Abwechselung zu jugendlichen Taten genutzt wurde. Trotzdem schliefen wir wie im Himmel in freier Natur. Nach einem ausgiebigen Frühstück auf der Wiese gefiel uns dieses neue Domizil so gut, dass wir beschlossen, noch eine weitere Nacht zu bleiben Dieses Ritual wiederholten wir bis wir bis zu dem Tag, an dem wir den Wagen zurück bringen mussten.
„Nun, wie viele tausend km sind sie denn gefahren? Ist ein tolles und wunderbares Fahrzeug, für Menschen, die die Welt erobern wollen. Darf ich Ihnen ein Angebot zum Erwerb eines neuen Wohnwagens machen? Dieses Mal ergriff meine zarte Elfe das Wort: "Wir haben keine Möglichkeiten, das Fahrzeug auf unserem Grundstück zu parken, mein Mann müsste sich auch ein neues Zugfahrzeug kaufen"…..…Sie nickte dem Verkäufer schelmisch und strahlend zu. „Wissen Sie, die Fahrt war wie das Eintauchen in einen Jungbrunnen, der unsere Esprit auf magische Weise sichtbar machte.“.Danke! 

Copyright: Werner Jung Bad Ems 2017 -Buchprojekt – Veröffentlichungen auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Urhebers

Bürgerreporter:in:

Werner Jung aus Bad Ems

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