Erinnerungen: Kindheit im Winter (ca. 1945 bis 1950) - Teil I "draußen"

Mutter, Schwester und ich mit unserem Schlitten. Fotos in den Schi-Hosen gibt es leider nicht.
  • Mutter, Schwester und ich mit unserem Schlitten. Fotos in den Schi-Hosen gibt es leider nicht.
  • hochgeladen von Irmgard Richter-Brown

Wenn ich aus dem Fenster schaue und die Schneereste sehe, erinnere ich mich an die Winter meiner Kindheit:

Damals gab es noch richtig lange, strenge Winter mit sehr viel Schnee, manchmal zu viel Schnee! In einem dieser Winter hatten die Anwohner unserer Siedlung für die Fußgänger einen nach oben offenen Tunnel durch den Schnee gegraben. Als kleines Mädchen konnte ich gar nicht über den Rand schauen, so hoch waren die Schneewände. Die übrige Straße brauchte nicht geräumt zu werden. Das einzige Auto in unserer Straße "Schmale Wietze", ein dreirädriger Kastenwagen des Nachbarn, blieb bei derartigen Wetterverhältnissen ohnehin in der Garage; andere Autos fuhren auch nicht.

Wir wohnten ja auf dem platten Land. Rodelberge gab es also leider nicht. Aber hinter dem nahen Waldfriedhof in Misburg, am Rande eines großen Feldes, lag ein etwa fünf Meter hoher Hügel aus Mergel. Wenn der so richtig zugeschneit war, konnte man herrlich runterrodeln und auf dem Feld austrudeln lassen. Wir Kinder zogen dann täglich, nachdem die Hausaufgaben erledigt waren, mit unseren Schlitten zum Mergelberg. Meine Schwester und ich besaßen nur einen Schlitten, so dass wir abwechselnd oder gemeinsam rodeln mussten. Xmal kletterten wir den Hügel hinauf und sausten wieder runter. Wenn nicht sehr viel Schnee lag, war er allerdings schnell abgefahren, und der Mergel kam zum Vorschein. Das hielt uns aber nicht vom Rodeln ab!
Wenn wir dann bei Einbruch der Dunkelheit abgekämpft und durchgefroren nach Hause kamen, erwartete uns ein Donnerwetter: Die einzige lange Hose, die wir besaßen, war von oben bis unten nass, voller steif gefrorenem Schneematsch und ....Mergel! Eine Waschmaschine hatten wir nicht. Und diese Schi-Hosen, unten zugebunden, bestanden aus schwerem Wollstoff, der schlecht trocknete. Wie unsere Mutter sie für den folgenden Schultag wieder sauber und trocken bekam, weiß ich nicht mehr. Aber sie schaffte es meistens! Wenn nicht, mussten wir in langen Strümpfen, die mit den verhassten Strumpfbändern am Leibchen befestigt waren, und einem Rock darüber zur Schule gehen.

Nicht weit von unserer Straße entfernt befand sich ein kleiner See ohne Namen, der im Winter fast immer fest zugefroren war. Da wir keine Schlittschuhe hatten, begnügten wir uns mit "schurren". Wir legten eine spiegelglatte Rutschbahn an und schlidderten stundenlang, einer nach dem anderen, darauf entlang. Einmal hatte ich zu viel Schwung, rutschte nach hinten weg und krachte mit dem Hinterkopf auf das Eis. Es bekam einen Sprung, und mir tat der Kopf weh. Aber nach Hause gehen wollte ich auch nicht und schurrte weiter.

Jede freie Schneefläche wurde dazu benutzt, einen "Adler" zu machen. Man ließ sich rückwärts in den Schnee fallen, machte sich lang und schlug mit beiden Armen eine Art Rad in den Schnee. Wenn man dann ganz vorsichtig, um das Gebilde nicht zu zerstören, aufgestanden war, lag im Schnee der "Adler" mit ausgebreiteten Flügeln. Jeder gab sich Mühe, den schönsten zu schaffen.

Natürlich wurden im Garten auch Schneemänner gebaut und Schneeballschlachten geschlagen. Daran beteiligte sich, wie bei den meisten Unternehmungen, die gesamte Clique aus unserer Straße. Außer meiner Schwester Ilse und mir waren das Doris, Sigrid, Gerda, Vera, Fredi - als einziger Junge, es sei denn, Peter kam auch dazu - und die kleine Christa.

Die Winter meiner Kindheit nach dem Krieg waren nie langweilig. Wir verstanden es immer, uns zu beschäftigen und Spaß zu haben, auch mit einfachsten Mitteln.

Wie sich unsere Wintertage "drinnen" abspielten, schreibe ich in Teil II meiner Erinnerungen.

Bürgerreporter:in:

Irmgard Richter-Brown aus Springe

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