Mordstein erinnert an Conrad von Marburg und das Leiden der heiligen Elisabeth

"Hier stand eine Marienkapelle, errichtet vom Deutschen Orden an der Stelle, wo im Jahre 1233 Conrad v. Marburg durch Mörderhand fiel"
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  • "Hier stand eine Marienkapelle, errichtet vom Deutschen Orden an der Stelle, wo im Jahre 1233 Conrad v. Marburg durch Mörderhand fiel"
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Im Garten eines Bauernhofes des Weilers Hof Kapelle, nahe Marburg, steht ein verwitterter Gedenkstein, “Mordstein“ genannt. Er erinnert daran, dass an jener Stelle im Jahr 1233 Conrad von Marburg, Beichtvater und Vormund der heiligen Elisabet, aufgelauert und getötet wurde. Der Deutsche Ritterorden, in dessen Besitz sich die Höfe damals befanden, errichtete dort eine Sühnekapelle, die nach der Reformation verfiel. Der Schluss-Stein vor dem Gedenkstein sowie ein Rundfenster, das in eines der Hofgebäude eingebaut wurde, sind die einzigen bekannten Überreste der ehemaligen Kapelle.

Befasst man sich mit dem Leben und Wirken Conrads von Marburg, so fühlt man sich aus heutiger Sicht in einen mittelalterlichen Psychothriller und in eines der dunkelsten Kapitel der Kirchengeschichte versetzt. Mit großer päpstlicher Macht ausgestattet, war Conrad einer der gefürchtetsten Großinquisitoren des Landes, ein religiöser Fanatiker, der gnadenlos tausende Glaubensabweichler, auch aus dem Adel, allein auf Grund eines subjektiven Verdachtes als Ketzer auf den Scheiterhaufen in den Feuertod schickte.

Er soll Elisabeths Gemahl, Landgraf Ludwig IV von Thüringen zur Teilnahme an einem Kreuzzug nach Palästina überredet haben. Nachdem dieser auf dem Weg dorthin verstarb, erreichte Conrad die völlige Unterwerfung der jungen Witwe sowie die Trennung von ihren drei Kindern. Ihre Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft für Arme und Kranke soll er sich zu Nutze gemacht haben, um von ihrem von ihm verwalteten Vermögen in Marburg ein Hospital zu erbauen.

Geringsten Ungehorsam der jungen Frau ahndete er machtbesessen mit blutigen, an Sadismus grenzenden Misshandlungen, die die schmerzhaften mittelalterliche Glaubensrituale weit übertrafen. Eine Reise Elisabeths zu ihrem Verwandten Heinrich III von Sayn war vermutlich der Anlass, diesen wegen Ketzerei zu verklagen und als möglichen Mitwisser verbrennen zu lassen. So sei auch nicht auszuschließen, dass der frühe Tod der entkräfteten Elisabeth 1231 im Alter von 24 Jahren im starken Maße auf die anhaltenden körperlichen Züchtigungen durch Conrad zurückzuführen ist. Und man vermutet sogar, dass sein Bemühen um ihre schnelle Heiligsprechung eher der Vertuschung seiner Taten als der Würdigung ihrer Leistungen diente.

Ein im Mainzer Dom einberufenes Sendgericht zur Aburteilung des Kreuzzugteilnehmers Heinrich III von Sayn bestätigte jedoch unerwartet seine kirchliche Integrität trotz vehementer Einwände Conrads von Marburg. Der Fall wurde zur endgültigen Entscheidung an den Papst verwiesen. Heinrich III, der weiterhin um sein Leben fürchten musste, erteilte quasi aus Notwehr einigen seiner Ritter den Auftrag Conrad zu töten. Der Auftrag wurde bei seiner Rückkehr aus Mainz am Standort des “Mordsteins“ ausgeführt.

Der 17. November ist der Todestag von Elisabeth, der offizielle Gedenktag ist der 19.November. Ironie der Geschichte:
Marburg wurde durch das umstrittene Wirken Conrads von Marburg neben Jerusalem und Santiago de Compostela einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte der damaligen Welt und erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung, wofür Conrad von Marburg heute noch als Wohltäter verehrt wird. Die Gebeine der heiligen Elisabeth und Conrads von Marburg ruhen beide in der heute evangelischen Elisabethkirche in Marburg.

Bürgerreporter:in:

Karl-Heinz Töpfer aus Marburg

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13 Kommentare

Bürgerreporter:in
Friederike Haack aus Marburg
am 22.11.2012 um 18:12

Aller Achtung Carlo, wo Du überall hinkommst und uns dann darüber historische Geschichten berichtest, finde ich große Klasse.
Danke Dir dafür.
LG Friederike

Bürgerreporter:in
Dietrich Schewe aus Marburg
am 25.11.2012 um 22:15

Die Gebeine der Heiligen Elisabeth ruhen nicht in der Elisabethkirche.
"Seit der Reformation steht der Schrein leer. Landgraf Philipp entnahm ihm die Gebeine Elisabeths und ließ sie an unbekannter Stellle neu beisetzen, um den Heiligenkult zu beenden, ohne das Ansehen seiner Vorfahrin zu schmälern. Später wurden Gebeine und Krone der Heiligen verpfändet, sie gelangten nach Stockholm bzw. Wien". (siehe: "Marburg an der Lahn, Führer durch die Stadt und ihre Geschichte von G. Ulrich Großmann, Verlag Trautvetter & Fischer Nachf., 1979).
Dietrich Schewe

Bürgerreporter:in
Karl-Heinz Töpfer aus Marburg
am 25.11.2012 um 23:01

Der damalige Leichenkult ging sogar soweit, dass die sterblichen Überreste von Reliquien - Jägern regelrecht ausgeplündert wurden. Ihr Kopf ließ Kaiser Friedrich II abtrennen, er wird seither in der Elisabethinenkirche in Wien aufbewahrt. Ein Arm wurde ihr abgerissen und befindet sich heute im Besitz der von Familie Sayn-Wittgenstein. Begehrt waren neben Fingern und Fußnägeln, Teile ihrer Ohren, die Brustwarzen und Stücke der Leichentücher und sicher noch vieles mehr.

Vor diesem grausigen Hintergrund ist die Entscheidung des Landgrafen Philipp nur zu begrüßen.