Professor Dr. Ferdinand Sauerbruch:

eine Erinnerung an eine Sternstunde der Medizin

Im Jahre 1904 also vor 110 Jahren gelang dem Chirurgen Geheimrat Prof. Johannes von Mikulicz-Radecki an der Chirurgischen Universitätsklinik Breslau ein bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellbarer chirurgischer Eingriff, nämlich die erste Operation am offenen Brustkorb (Thorax) , bei einem Menschen.

"Sie wissen, was Sie soeben erlebt haben,
die erste gelungene Thoraxöffnung und Operation im Innenraum in der Geschichte der Medizin,
hier und jetzt beginnt eine neue Epoche der Chirurgie,
und wir können sagen, wir sind dabei gewesen".

Zitat von Geheimrat Prof. Johannes von Mikulicz-Radecki nach der Operation an sein Ärzteteam und zu anwesenden Medizinstudenten
- auszugsweise -

diese Worte erscheinen glaubwürdig

Angewandt wurde eine neu entwickelte Verfahrenstechnik, nämlich das öffnen des Brustraums in einer Unterdruckkammer, die es erlaubte, trotz des Öffnens des Brustraumes und dem damit verbundenen Eindringen von Luft in den Brustraum, den für die Atmung unerlässlichen Unterdruck zu erhalten, der verhindert, dass die Lunge durch den ansonsten sofort eintretenden Überdruck in sich zusammen sinkt.
Sicherlich unterstützt und engagiert gefördert durch seinen großen Lehrer Professor Mikulicz - selbst ein begnadeter Chirurg - entwarf und baute Dr. Sauerbruch so eine Kammer, die nach einigen auch tragischen Rückschlägen in diesem Sinne funktionierte.

Am 6. Juni 1904 stellte der zu diesem Zeitpunkt 28jährige Assistenzarzt seine Erfindung auf dem 33. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie der Fachwelt vor.

Seine Idee wurde aufgegriffen und sehr schnell weiter entwickelt, der Begriff Druckdifferenzverfahren entstand, dem unzählige Menschen auf der Welt ihr "Weiterleben" verdankten.

In der Folgezeit und aufbauend auf den Erfahrungen der von Professor Sauerbruch erfundenen Technik wurden erfolgreiche Konkurrenzmodelle entwickelt, die offenbar in Deutschland zunächst nicht übernommen, ja sogar massiv abgelehnt wurden, inwieweit Sauerbruch selbst dafür verantwortlich zeichnet, ist zumindest für mich schwer einzuschätzen, die politische Situation in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts bis über das Ende des zweiten Weltkriegs hinaus, und seine unklare, oft starrköpfige bis widersprüchliche persönliche Einstellung zu manchen Ereignissen und Entscheidungen, mit denen er in seinem Leben konfrontiert wurde lassen eine klare Beurteilung m.E. nicht zu.

Wie dem auch sei, auch wenn heute andere Operationsmethoden angewandt werden, das Prinzip, die Lungentätigkeit durch korrekte Druckverhältnisse zu garantieren, ist geblieben, wie die Visionen und der Wille, das unmögliche zu schaffen, doch diese bleiben untrennbar mit dem Namen Professor Sauerbruch verbunden, seit er vor 110 Jahren eine geniale Idee hatte, eine Idee, die alles später folgende erst ermöglichte, und es sollte nicht die letzte sein, die ihn zu Recht weltberühmt machte.

Professor Sauerbruch zählt deshalb unbestreitbar zu den bedeutendsten Chirurgen des 20. Jahrhunderts.

Den Nobelpreis für seine medizinische Lebensleistung hat er nie erhalten.
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Gerd Szallies

Bürgerreporter:in:

Gerd Szallies aus Laatzen

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