Garzweiler

Wer sein Haus auf Sand baut, der steht auf unsicherem Grund. Erkelenz, Grevenbroich, Jüchen im Rhein-Kreis Neuss und Bedburg, das im Rhein-Erft-Kreis liegt, sind Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Sie mußten feststellen, daß es nicht ausreicht, auf solidem Grund und Boden für die Zukunft geplant zu haben. Sie liegen im nördlichen Teil des Rheinischen Braunkohlereviers. Einige Ortsteile mußten umgesiedelt werden – Braunkohle lagerte dort so nahe an der Erdoberfläche, daß sich der Tagebau großflächig lohnte. Überregional bekannt geworden ist diese Aktion unter dem Namen Garzweiler.

Garzweiler ist ein Ortsteil von Jüchen im Rhein-Kreis Neuss. Der früher weiter südlich gelegene Ort wurde 1984 bis 1989 an den heutigen neuen Standort umgesiedelt. Der Ortsname wurde 1283 als Gartzwilre in einer Urkunde des Kölner Stiftes Mariengraden genannt; dies ist der älteste Nachweis, daß es den Ort gibt. Am 1. Januar 1975 wurde Garzweiler in Jüchen eingemeindet.
1980 wurde der Norden Jüchens als Umsiedlungsstandort für das Dorf festgelegt, die dann 1989 abgeschlossen war. Im Jahr 2000 erhielt der Ortsteil Neu-Garzweiler einen Sonderpreis für Denkmalpflege im Rahmen des Wettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft". Mittlerweile nennt sich der neue Ortsteil nur noch Garzweiler.

„Die Umsiedlungen sind ja inzwischen längst beendet“, ist von der Gemeinde zu hören. „Für uns ist das Thema abgeschlossen.“

Der Tagebau Garzweiler wird von der Firma RWE Power im nördlichen Teil des Rheinischen Braunkohlereviers betrieben. Das Abbaugebiet erstreckt sich zwischen den Städten Bedburg, Grevenbroich, Jüchen, Erkelenz und Mönchengladbach.

„Wir haben hier zwar Kraftwerke, sind aber ansonsten nur am Rande betroffen,“ berichtet Herr Störken von der Pressestelle der Stadt Grevenbroich. „Die Stadt Erkelenz war bedeutend stärker betroffen, was beispielsweise Umsiedlungen anbelangt. Wir in Grevenbroich könnten insofern profitieren, als daß wir neue Einwohner hinzubekommen haben. Aber das ist schon lange her.

„Erkelenz ist auch heute noch von Garzweiler II betroffen,“ wie Ansgar Lurweg, der Technische Beigeordnete von Erkelenz betont. Und er meint damit nicht nur die Eingriffe in den Naturhaushalt oder die Veränderungen im Landschaftsbild. Der Braunkohlentagebau ist für die Stadt im Rheinland durchaus mit Umsiedlungen und den dazugehörigen Protesten der Menschen verbunden.
Doch auch die Stadt Erkelenz hat sich gegen den Tagebau gewehrt, allerdings erfolglos, wie im Internetauftritt der Stadt nachzulesen ist: Die Kommunalverfassungsbeschwerde wurde 1997 zurückgewiesen, Klagen vor Verwaltungsgerichten wurden 1999 und 2001 abgewiesen.

Hinzu kommt: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2013 entschieden, daß Umsiedlungen und Enteignungen zur Gewinnung von Braunkohle nicht gegen das „Grundrecht auf Heimat“ verstoßen. Die Energieversorgung und damit auch der Abbau von (Braun)Kohle seien wichtig für das Gemeinwohl.

Auch die Stadt Bedburg ist von Garzweiler betroffen. Hier wurden im Wesentlichen die Stadtteile Königshofen und Morken umgesiedelt; die Umsiedlung ist aber schon lange abgeschlossen, wie von der örtlichen Pressestelle zu erfahren ist. Rund 5.000 Menschen waren damals betroffen.
Der Braunkohlebergbau läßt sich im Rheinischen Braunkohlerevier bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Wirtschaftlich bedeutsam wurde er erst in der Zeit ab 1850, als die Bergbauunternehmen begannen, größere Mengen Braunkrohle abzubauen.

Der Großtagebau Garzweiler entstand im Jahre 1983 durch den Zusammenschluß mehrerer Abbaufelder. Der Abbau der Kohle erfolgt durch das RWE-Tochterunternehmen RWE Power AG . Am 31. März 1995 hat die nordrhein-westfälische Landesregierung den Braunkohleplan Garzweiler II genehmigt. Unterschiedliche Landesregierungen und eine veränderte Energiepolitik des Bundes sorgten aber immer dafür, daß es nie ruhig blieb um das Projekt.
Der aktuelle Stand ist der, daß die derzeitige rot-grüne NRW-Landesregierung im März 2014 ankündigte, die zukünftige Tagebaufläche verkleinern zu wollen. Es wird angestrebt, das Abbaugebiet 4 mit den Ortschaften Holzweiler und Dackweiler in Zukunft den Abbauplänen anzupassen.

Wer sich heute das Abbaugebiet anschaut, fühlt sich an großflächige Mondlandschaften erinnert. Riesige Löcher sind im Boden zu sehen, oberirdische Bagger tun ihre Arbeit. Grau ist die vorherrschende Farbe. Die örtlichen Buslinien fahren weiträumige Umleitungen.

In Garzweiler II lagern 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle. Sie sollen bis zum Jahre 2045 abgebaut werden. Sie machen rund 40% der rheinischen Braunkohlenförderung aus.

Um die Braunkohle freizulegen, bewegt der Tagebau jährlich gut 140 Millionen Kubikmeter Abraum, der aus Löß, Kies und Sand besteht. Diese Menge wird überwiegend dazu genutzt, um bereits ausgebaggerte Bereiche des Tagebaus zu verfüllen. Weite Teile des Abbaufeldes Frimmersdorf / Garzweiler sind heute bereits vollständig rekultiviert.

„Der Tagebau Garzweiler hat mit dem Hohenholzer Graben, dem Erholungsgebiet Kasterer See, der Könighovener Mulde, der Vollrather Höhe und mit dem Elsbachtal wertvolle Rekultivierungsgebiete als Bergbaufolgelandschaften hinterlassen,“ berichtet RWE Power auf seiner Internetseite. Dort gibt es eine Informationsbroschüre zum Herunterladen und mehrere informative Filme zum Thema.

Es gibt auch schon konkrete Pläne für die Zeit nach dem Tagebau. Der östliche Teil des Abbaufeldes soll landwirtschaftlich rekultiviert werden. Die Norden und Süden werden die Ackerflächen durch eine Talmulde gegliedert. Im Westen soll das verbleibende Restloch zu einem See aufgefüllt, die Kippenböschungen und der Abfluß in die Niers sollen aufgeforstet werden. Der See wird eine Seefläche von 23 qkm, eine maximale Tiefe von 185 m und ein Wasservolumen von 2.000 Mio. cbm haben. Die Auffüllzeit mit Grund- und Rheinwasser soll 40 Jahre dauern und 2085 abgeschlossen sein.

Bürgerreporter:in:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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