Antivorbilder auf dem Weg zur Ellenbogengesellschaft

„Es gibt keine andere vernünftige Erziehung als Vorbild sein, wenn's nicht anders geht, ein abschreckendes.“ Das hat Albert Einstein einmal formuliert und ich habe lange gebraucht um das zu verstehen.

Jede Generation hat so ihre lieben Vorurteile zu der folgenden, das betrifft häufig das Verhalten und die Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Das Standard-Vorurteil ist natürlich, die Jugend von heute wisse sich nicht zu Benehmen.

Wir im 21ten Jahrhundert haben nur den Vorteil, wir bekommen dieses unerwünschte Verhalten, hübsch medial aufgearbeitet, jeden Tag von Neuem, auch ungefragt, präsentiert.
Unzählige Berichte und Kolumnen in den Zeitschrift und eine stetig steigende Anzahl von schlecht gemachten Sendungen, gerade in den Prekariatskanälen wie RTL2, sollen uns vermitteln, unsere Jugend besteht nur noch aus ritalinverweigernden Kleinkindern die schreiend und tobend selbst die Supernanny an den Rand der Verzweiflung bringen oder aus bildungsfernen und lernresistenen Jugendlichen, die erst in die Kalahari geschickt werden müssen um ein Mindestmaß an sozialen Verhalten an den Tag zu legen.

Dabei könnte es ja so einfach sein, wenn ihre Eltern einen Teil an Verantwortung und Intelligenz zeigten und ihre Gören erziehen würden.
Aber diese Eltern stehen selber nachmittags lieber bei Britt in der Show und erzählen von diversen Liebhabern und sexuellen Neigungen oder werden abends in der RTL2 Reportage „Leben mit Hartz4 und glücklich dabei“ vorgeführt. Das bedeutet dann wiederum, dass die meisten dieser Erzeuger, sich als Vorbild für ihre Kinder, recht wenig eignen.

Also suchen wir nach anderen Vorbildern, die ggf, geeigneter wären. Meine Vorstellung davon war einmal, das vielleicht gerade unsere demokratisch gewählten Volksvertreter, im höchsten deutschen Gremium, herhalten könnten. Doch alleine wieder einmal des gestrige Tag hat jedem halbwegs Interessierten gezeigt, dort geht es genauso so, wie auf den Hinterhofschulplätzen in Stadtteilen mit Migrationshintergrund.

Wer also mutig und nicht allzu müde war und keine sinnvollen Alternativen gefunden hat, hat sich also gestern die Rede der Bundeskanzlerin zur Atomkraft angesehen. Es ging natürlich um das 3 monatige Moratorium der Regierung.
Zuerst sprach Merkel und schon hier, bei der Zweithöchsten Repräsentantin dieses Staates, benahm ein großer Teil der Anwesenden des Bundestages, wie eine Bande rauflustiger Rowdies und Besserwisser.

Es war der Kanzlerin nicht möglich, ihre Rede auch nur halbwegs ohne Störungen vorzutragen. Dutzende von mehr oder weniger unnötigen und lauten Einrufen, machten einem bewusst, dass ein konzentriertes Zuhören nicht erwünscht war. Aber die Merkelsche Rede war erst der Anfang von einer Verhaltensweise erwachsener Menschen, die sich immer mehr, einer Bande von Halbstarken näherten, aber angeblich die höchsten Vertreter dieser armen Republik sind.

Schon bei der Rede von Sigmar Gabriel begannen sich die ersten der Abgeordneten zu erheben und liefen ziellos im Bundestag umher. Eine erste Grüppchenbildung entstand, erstes Desinteresse wurde öffentlich zur Schau getragen und Angela begann heftig zu simsen.

Bei der durchaus interessanten Rede von Gregor Gysi war dann der gesamte Bundestag, ein absolut armes Bild unserer noch vorhandenen Restdemokratie 2.0. Gruppen sich laut unterhaltener Abgeordneter quer durch die Fraktionen waren am diskutieren, andere lasen die Zeitung oder wälzten irgendwelche Akten. Ein Teil der Abgeordneten war dabei den Bundestag zu verlassen, andere packten wohl das Frühstücksbrot aus. Allgemein schenkten die meisten der guten Rede von Gysi keine Beachtung. Ich wartete nur noch auf das Mädel, das mit ihrem Bauchladen Zigaretten, Pariser und Flachmänner verkaufte.

Das schlimmste daran ist, finde zumindest ich, allen der dortigen Schmierenkomödianten ist bewusst, dass diese Bilder live per Fernsehen in alle Welt übertragen werden. Diese völlig überbezahlten Repräsentanten dieses Volkes scheren sich einen Dreck darum, wie ihre Verhaltensweisen nach außen und in aller Welt, wahr genommen werden.

Nicht ein Hauch von Anstand oder Gesprächskultur ist im Bundestag noch vorhanden, man sitzt seine Zeit ab und zeigt deutlich jedem der es wissen will, was man von dem Anderen und dessen Auffassungen hält. Es wird noch nicht mal versucht, einen halbwegs vernünftigen Umgang mit einander zu haben. Die durch sichere Plätze in den Landeslisten gewählten Dauervertreter des Deutschen Volkes, benehmen sich wie die Axt im Wald, beim Umgang mit anderen Menschen.

Knigges Sammlung von Umgangsregeln: „Über den Umgang mit Menschen“, häufig kurz „Knigge“ genannt, ist zumindest ein Buch, was keiner dieser Pseudovorbilder auch nur gelesen hat oder gar verstanden hat.

Und wer nun noch wirklich glaubt, unsere Jugend könne einen Hauch an Vorbild aus den Volksvertretern des Bundestages lernen, der sieht sich auf ganzer Linie der Fraktionen enttäuscht. Aber auch diese Verhaltensweisen zeigen, dass diese sogenannte Demokratie 2.0 eigentlich ein Auslaufmodell ist.
Wer damit beginnt, sich einen Dreck um die Meinung des anderen zu scheren und dieses auch noch einem Millionenpublikum zeigt, hat eigentlich abgewirtschaftet.
Willy Brandt hat einmal geäußert, "Die Demokratie ist uns keine Frage der Zweckmäßigkeit, sondern der Sittlichkeit." Diese Sittlichkeit ist dem Bundestag schon lange verloren gegangen. Und ich sehe im Moment keinen in diesem Land, der sich tatsächlich darüber aufregt.

Bürgerreporter:in:

Torsten Meletzki aus Cölbe

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