Zwei Freunde, zwei Stammzellspender, zwei Chancen im Kampf gegen den Blutkrebs

Hans-Peter Lampel und Thomas Stumm aus dem Kreis Birkenfeld spendeten Knochenmark für ihre genetischen Zwillinge.
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Schon eine ganze Weile kennen sich der 39-jährige Hans-Peter Lampel aus Birkenfeld und der 27-jährige Thomas Stumm aus Kirschweiler: Beide spielen Handball beim TV Birkenfeld. Bis zum Sommer 2014 kämpften sie im Team um jeden Punkt. Zufällig standen sie vor kurzem wieder Seite an Seite. Jeder für sich dazu bereit, einem fremden Leukämiepatienten mit einer Knochenmarkspende eine Chance im Kampf gegen Leukämie zu geben. Diese Chance gibt Lampel einem 40-jährigen Mann aus Deutschland und Stumm einem kleinen Mädchen aus Ungarn, weil sie sich vor Jahren als potenzielle Lebensretter bei der Stefan-Morsch-Stiftung typisieren ließen.

Die Stiftung ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Sie leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Datei ist es, dafür zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. So wie es bei Hans-Peter Lampel vor 17 Jahren war: „Ich wollte helfen und etwas Gutes tun.“ Thomas Stumm leistete 2008 gerade den Pflichtwehrdienst in der Kaserne in Idar-Oberstein, als ein Team der Stiftung dort die Typisierung anbot. Das Thema war für ihn nicht neu, genau wie die Geschichte über die Leukämieerkrankung von Stefan Morsch vor 30 Jahren. „Stefan war mein Großcousin. Als er starb, war ich noch nicht geboren. Für mich war ausschlaggebend, dass ich während eines Praktikums bei der Stiftung mitbekommen habe, was dort an Hilfe geleistet wird.“
Leukämie ist nur eine der bösartigen Erkrankungen, die eine Übertragung gesunder Blutstammzellen erfordern können. Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System – seine einzige Chance auf Leben, wenn Chemotherapie oder Bestrahlungen nicht geholfen haben.
Hans-Peter Lampel arbeitet als Diplom-Verwaltungswirt bei der Bundeswehr. In der Klotzberg-Kaserne in Idar-Oberstein sorgt er beim Berufsförderungsdienst für die Wiedereingliederung von Zeitsoldaten ins zivile Berufsleben. Nach Feierabend ist er für seine Frau und die beiden Kinder da. Er nimmt sich auch Zeit für Ehrenämter: Er ist Stadtrat in Birkenfeld. Als Spieler steht er nicht mehr in der Halle, aber dafür ist er als stellvertretender Vorsitzender im TV Birkenfeld aktiv und trainiert die F-Jugend. Über den Sport hat er Thomas Stumm kennen gelernt.
Der 27-Jährige Thomas Stumm ist Geschäftsführer der Edelsteinschleiferei Edelsteine Stumm in Kirschweiler. Den Familienbetrieb hat er von seinem Vater und seinem Onkel übernommen. Neben Handball verbringt er seine freie Zeit mit Musik. In der Rock/Metal-Band Incantare aus Ellweiler spielt er E-Gitarre, wo man unter anderem Songs von Metallica covert, aber auch eigene Titel spielt.
Beide bekommen im Sommer 2014 die Nachricht von der Stefan-Morsch-Stiftung, dass sie als Spender für einen Patienten in Frage kommen. „Ich war überrascht, aber gleichzeitig stand für mich fest, dass ich spenden möchte“, erzählt Thomas Stumm. Auch Hans-Peter Lampel will helfen: „Für mich war es keine Frage, ob ich spende. Das war klar.“ Während er dem Entnahmetermin gelassen entgegen sieht, war Thomas Stumm ein bisschen mulmig zumute: „Ich hatte ein ungutes Gefühl dabei, als Gesunder ins Krankenhaus zu gehen, wegen einem Eingriff.“
Bevor Lampel und Stumm Stammzellen spenden dürfen, werden sie aber umfassend aufgeklärt und gründlich untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu herauszufinden, ob sie wirklich die optimalen Spender sind. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass sie als Spender ein gesundheitliches Risiko eingehen. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten die beiden während dieser ganzen Vorbereitungsphase.
Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde, während der der Spender unter Vollnarkose liegt. Die zweite Variante ist die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut, die sogenannte Apherese. Die funktioniert ähnlich wie eine Plasmaspende oder Dialyse: In einer Entnahmestation werden die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert.
Parallel zur Vorbereitung von Lampel und Stumm werden in den behandelnden Transplantationskliniken die Patienten vorbereitet. Das bedeutet: Ihr Immunsystem wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Die Handballfreunde wissen, wenn es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist das Leben ihrer Empfänger massiv gefährdet. Deswegen hoffen beide: „Bloß gesund bleiben.“ Als sich bei Lampel kurz vor dem Eingriff eine Erkältung bemerkbar macht, wird er nervös: „Das Leben des Patienten hängt davon ab, ob ich spende oder nicht. Die Entnahme konnte aber trotzdem gemacht werden.“
Nach der Entnahme erfahren beide allgemeine Angaben zu ihren Empfängern. „Meine Stammzellen gehen an ein kleines Mädchen in Ungarn. Das zu erfahren, war für mich sehr emotional. Ich hoffe, dass ich helfen kann“, sagt Stumm. Auch der zweifache Vater denkt an seinen Empfänger, einen Mann aus Deutschland in ungefähr seinem Alter: „Sein Leben hängt von mir ab. Ich hoffe, dass er überlebt. Es war für ihn ja die letzte Chance.“
Die Knochenmarkentnahme haben beide gut überstanden, müssen sich von dem Eingriff in den Tagen danach aber erst erholen. „Es ging mir ganz gut, außer dem großen blauen Fleck, der sich über den unteren Rücken ausbreitete. Ein paar Tage konnte ich nicht gut lange sitzen, vor allem nicht auf unbequemen Stühlen“, sagt Lampel und verzieht bei der Erinnerung das Gesicht. „Aber ich würde es trotzdem wieder machen.“ Stumm hat sich von dem Eingriff ein bisschen schneller erholt: „In den ersten Tagen war mir ein bisschen schwindelig und ich hatte einen unangenehmen Druck am Rücken gespürt. Aber eine Woche Später ging ich schon wieder ins Handballtraining.“ Beide sind sich einig: „Es ist prima, dass es diese Möglichkeit der Hilfe gibt.“

Die nächste Gelegenheit sich typisieren zu lassen ist am

Mittwoch, 26, November, 17.30 - 20.30 Uhr, Hoppstädten-Weiersbach, Gemeindezentrum, Kapellengasse 17
Samstag, 29. November, 17 - 20 Uhr, Morbach, Baldenau-Halle, Jahnstr.
Donnerstag, 4. Dezember, 17.30 -20.30 Uhr, Idar-Oberstein, Hessensteinhalle, Dorfstr. 13
Info: STEFAN-MORSCH-STIFTUNG, Hotline 08 00 - 766 77 24, www.stefan-morsch-stiftung.de,
Spendenkonto: KSK Birkenfeld, Kto. 22 22 24, BLZ 562 500 30 (IBAN: DE76 5625 0030 0000 2222 24 - SWIFT-BIC: BILADE55XXX)

Wie alt muss man sein, um sich typisieren zu lassen?

Jeder gesunde Erwachsene ab 18 Jahren kann sich als Stammzellspender registrieren lassen. Mit dem Einverständnis der Eltern kann man sich bereits ab 16 Jahren typisieren lassen. Die Eltern sollten dann die Einverständniserklärung mit unterschreiben. Für die Spendersuche wird man erst mit Erreichen der Volljährigkeit freigeschaltet. Bevor das geschieht, wird der Spender von der Stefan-Morsch-Stiftung noch einmal angeschrieben, um die Einverständniserklärung zu bestätigen.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient einen passenden Spender findet?

Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender zu finden, liegt in der Größenordnung von 1:10.000 und 1:1.000.000 und ist abhängig von den Gewebemerkmalen (HLA-Merkmalen) des Patienten. Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen dieses DNA-Teilstückes des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Stammzelltransplantation.

Welche Prioritäten haben die Transplantationszentren bei der Auswahl der Spender?

Stehen mehrere Spender für einen Patienten zur Verfügung, so haben die Transplantationskliniken folgende Prioritäten: Junge Spender werden den älteren Spendern vorgezogen. Und Männer werden eher als Spender ausgewählt als Frauen. Das belegen auch die Statistiken der Stiftung: Von den mehr als 600 Stammzellspendern im Jahr 2013 sind über zwei Drittel jünger als 40 Jahre – die meisten davon sogar jünger als 30 Jahre. 511 Stammzellspender waren Männer. Und noch etwas zeigt die Statistik: Nicht nur, dass Frauen immer seltener als Spender ausgewählt werden. Frauen mit mehr als zwei Schwangerschaften haben einen verschwindend geringen Anteil in der Stammzellspenderstatistik. Sieglinde Wolf, Leiterin der Entnahmestation (Apherese) der Stefan-Morsch-Stiftung, weiß auch warum: "Im Rahmen von Schwangerschaften können Antikörper gebildet werden, die nach heutigem Kenntnisstand den Transplantationserfolg gefährden können. Deshalb wählen die Transplantationskliniken nur dann Frauen mit mehr als zwei Schwangerschaften aus, wenn sonst keine anderen Spender zur Auswahl stehen." Emil Morsch bedauert: „Wir wissen, dass gerade Mütter hochmotivierte Spenderinnen sind. Fakt ist jedoch: Ihr Transplantat birgt höhere Risiken für die Patienten nach der Übertragung. Deshalb bitten wir Frauen mit mehr als zwei Schwangerschaften um einen Beitrag zu den Typisierungskosten, die wir aus Spendengeldern finanzieren.“

Ich bin bereits typisiert. Muss ich mich erneut typisieren lassen?

Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. Egal, wo er registriert ist, die Daten aller Stammzellspenderdateien stehen anonymisiert über das deutsche Zentralregister des ZKRD für weltweite Suchanfragen zur Verfügung. Wer mehrfach registriert ist, würde als Mehrfach-Treffer erscheinen und so zunächst den Eindruck erwecken, es gäbe mehrere Spender zur Auswahl. Letztendlich wäre das eine trügerische Hoffnung. Wer schon typisiert ist, sollte jedoch überlegen, ob die Spenderdatei noch die aktuellen Kontaktdaten hat.
Sollten Sie noch Fragen haben – die Stefan-Morsch-Stiftung ist unter der gebührenfreien Hotline 08 00 - 766 77 24 oder über info@stefan-morsch-stiftung.de erreichbar. Auf der Homepage www.stefan-morsch-stiftung.de - Stammzellspenderdatei oder via Facebook kann man sich ebenfalls informieren.

Bürgerreporter:in:

Annika Zimmer aus Birkenfeld

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