Zwischen Abiturprüfungen einem Leukämiekranken das Leben retten

14. April 2015
17:30 - 21:00 Uhr
Schulzentrum, 55286 Wörrstadt
Typisieren ließ sich Lea Heilmann bei einer Aktion für einen leukämiekranken kleinen Jungen aus dem Kreis Alzey-Worms. Knapp acht Monate später spendet sie Stammzellen für einen fremden Patienten, der irgendwo auf der Welt die Hilfe der 18-Jährigen braucht.
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Lea Heilmann aus Armsheim (Kreis Alzey-Worms) weiß genau was sie will: Erst Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im afrikanischen Sambia, dann eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester und danach das Medizinstudium. Doch zuvor – mitten in den Vorbereitungen für ihr Abitur – hat die junge Frau noch einen anderen Plan. Sie will ein Leben retten!

Alles beginnt im Sommer 2014: Zwischen Schulalltag und Zukunftsplänen hört Lea Heilmann , dass Familie und Freunde eines leukämiekranken Jungen im Kreis Alzey-Worms gemeinsam mit der Stefan-Morsch-Stiftung, der ältesten Stammzellspenderdatei Deutschlands, zur Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke aufrufen. „Hilfe für Ben“ stand auf Plakaten und in den Zeitungen. „Ich war gerade 18 geworden und ich dachte, vielleicht kann ich ja Ben oder einem anderen Erkrankten helfen.“ Sie lässt sich als potenzielle Stammzellspenderin registrieren. Nur wenige Wochen danach rief die Stiftung tatsächlich bei ihr an: „Ich habe mich gefreut, dass ausgerechnet ich die genetisch passende Spenderin für einen Patienten bin“, erzählt die Abiturientin.

Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland etwa 11 000 Menschen an bösartigen Blutkrankheiten wie etwa der Leukämie. Jeder zweite Patient ist ein Kind oder Jugendlicher. Je nach Leukämieart variieren die Heilungsaussichten. Oft reicht die Behandlung mit einer Chemotherapie oder Bestrahlung nicht aus. Dann ist die Übertragung gesunder Blutstammzellen die einzige Hoffnung auf Leben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn sich ein passender Stammzell- bzw. Knochenmarkspender zur Verfügung stellt, der die gleichen genetischen Merkmale hat, wie der Patient. Nahezu täglich sind Teams der Birkenfelder Stammzellspenderdatei bundesweit unterwegs, um über das Thema Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke aufzuklären. Es geht darum, Menschen zu sensibilisieren, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen.

So wurden bei der Typisierung im vergangenen Juni auch die Gewebemerkmale von Lea Heilmann bestimmt und bei der Spenderdatei gespeichert. Seitdem stehen sie anonym im deutschen Zentralregister (ZKRD) in Ulm, wo sie mit denen der Patienten weltweit verglichen werden können. Mit jedem neu gewonnenen Spender erhöht sich somit die Chance, dass einem leukämiekranken Patienten das Leben gerettet werden kann.

Die Schülerin besuchte das Gymnasium am Römerkastell in Alzey - die schriftlichen Abiturprüfungen hatte die 18-Jährige schon abgeschlossen. Die mündliche Prüfung stand ihr noch bevor. Trotz Lernstress nimmt sie sich die Zeit für das Training der Showtanz-Gruppe Infinity in Flomborn und für Zumba-Stunden. Außerdem spielt sie Gitarre. Als die Birkenfelder Stiftung Lea Heilmann im Herbst 2014 Daheim anruft, war sie sofort bereit zu helfen. Nach einer erneuten Blutuntersuchung, muss sie zur Voruntersuchung. „Meine Familie hat sich total gefreut, dass ich das mache. Auch meine Lehrer und Freunde finden das toll. Eine Freundin hat mich sogar zur Voruntersuchung begleitet“, erzählt sie. Bei der Voruntersuchung wird zu Heilmanns Sicherheit abgeklärt, ob sie ganz gesund ist. Und sie wird komplett über die Chancen und Risiken, aber auch über den Ablauf der Spende aufgeklärt.

Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Stammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird. Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – punktieren die Ärzte den Beckenknochen des Spenders. – niemals das Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Die sportliche 18-Jährige hat per Apherese Stammzellen gespendet. Das bedeutete aber auch, dass sie sich ein paar Tage vorher spritzen musste: „Es war okay. Zuhause hat das meine Mutter gemacht, in der Schule Freundinnen. Die letzten drei Spritzen, die ich hier in Birkenfeld noch brauchte, habe ich mir selbst gesetzt. Meine Schwester begleitet mich zwar, aber sie hat sich nicht getraut, mich zu spritzen“, sagt sie lächelnd. Nach der Stammzellentnahme denkt sie an den Patienten: „Ich hoffe, dass es dem Empfänger hilft und dass er überleben kann. Das ist schon eine große Verantwortung, die einem als Stammzellspender übertragen wird. Aber ich würde es immer wieder machen."

Emil Morsch, Vorstandsvorsitzender der Stefan-Morsch-Stiftung, erklärt: „Das Beispiel von Lea Heilmann zeigt: Eine solche Typisierungsaktion hat immer nachhaltige Wirkung – vielleicht wird schon in wenigen Wochen oder Monaten ein Spender, der sich heute hat typisieren lassen, einem Menschen Hoffnung auf Leben schenken können. In jedem Fall aber bietet die Typisierung die Chance, dass nach Jahren, aber auch noch Jahrzehnte später Leben gerettet werden kann. Zugleich wird durch einen solchen Aufruf diese weitestgehend unbeachtete Form der Lebendspende in der Öffentlichkeit thematisiert.“

Die nächste Gelegenheit, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen ist am:

Dienstag, 14. April, 17.30 bis 21 Uhr, im Schulzentrum, Humboldstr. 1, in Wörrstadt

Antworten auf die häufigsten Fragen rund um das Typisierung und Stammzellspende:

Wie kann man sich als Stammzellspender registrieren lassen?
Sie sind gesund und volljährig? Sie wollen leukämie- und tumorkranken Menschen helfen? Wer nicht älter als 40 Jahre ist, kann kostenlos typisiert werden – ebenso wie Jugendliche ab16 Jahren. Allerdings gibt es wichtige Ausschlusskriterien, über die man sich vor der Registrierung als Stammzellspender informieren sollte. Das sind unter anderen schwere Erkrankungen. Ebenso ist die Zahl der Schwangerschaften relevant: Frauen mit mehr als zwei Schwangerschaften werden nur sehr selten als Stammzellspender ausgewählt. 2014 waren es nur 1,2 Prozent der Spender. Denn während einer Schwangerschaft bilden Frauen Antikörper, die nach heutigen Erkenntnissen einen Transplantationserfolg gefährden können. Auch Freiwillige, die älter sind als 40 Jahre, werden seltener ausgewählt. Die Wahrscheinlichkeit, zur Spende gebeten zu werden, ist bei einem Aufnahmealter von unter 20 Jahren zehn Mal so hoch ist wie bei einem über 45 Jährigen, erklären ZKRD-Fachleute.
Die Stefan-Morsch-Stiftung finanziert die kostenlose Typisierung aus Spenden, die verantwortungsvoll eingesetzt werden müssen. Eine Registrierung ist jedoch auch für Freiwillige über 40 und Mütter mit mehr als zwei Schwangerschaften möglich, wenn sie einen Beitrag (50 Euro) zu den Typisierungskosten leisten.

Ich bin bereits typisiert. Soll ich nochmal?
Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. Egal, wo er registriert ist, die Daten aller Stammzellspenderdateien stehen anonymisiert über das deutsche Zentralregister des ZKRD für weltweite Suchanfragen zur Verfügung. Wer mehrfach registriert ist, würde als Mehrfach-Treffer erscheinen und so zunächst den Eindruck erwecken, es gäbe mehrere Spender zur Auswahl. Letztendlich wäre das eine trügerische Hoffnung. Wer schon typisiert ist, sollte jedoch überlegen, ob die Spenderdatei noch die aktuellen Kontaktdaten hat. Über die Homepage der Stefan-Morsch-Stiftung (www.stefan-morsch-Stiftung.de) lassen sich die aktuellen Kontaktdaten online eintragen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass ein passender Spender gefunden wird?
Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender für einen Leukämie- oder Tumorpatienten zu finden liegt in der Größenordnung von 1 : 10.000 bis 1 : 1.000.000 und ist abhängig von den Gewebemerkmalen (HLA-Merkmalen) des Patienten. Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen dieses DNA-Teilstückes des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Stammzelltransplantation.

Sollten Sie noch Fragen haben – die Stefan-Morsch-Stiftung ist unter der gebührenfreien Hotline 08 00 - 766 77 24 oder über info@stefan-morsch-stiftung.de erreichbar. Auf der Homepage www.stefan-morsch-stiftung.de oder via Facebook kann man sich ebenfalls informieren.

Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die gemeinnützige Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. So werden täglich Stammzell- oder Knochenmarkspender aus der stiftungseigenen Spenderdatei von mehr als 400 000 potentiellen Lebensrettern weltweit vermittelt. Die Stiftung ist Mitglied der Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD).

Typisieren ließ sich Lea Heilmann bei einer Aktion für einen leukämiekranken kleinen Jungen aus dem Kreis Alzey-Worms. Knapp acht Monate später spendet sie Stammzellen für einen fremden Patienten, der irgendwo auf der Welt die Hilfe der 18-Jährigen braucht.
Unter der gebührenfreien Hotline 0800 - 76 67 724 sind Mitarbeiter der Stefan-Morsch-Stiftung erreichbar.
Bürgerreporter:in:

Annika Zimmer aus Birkenfeld

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