Das Zeitalter der Fische

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Ein, zwei Sekunden der totalen Stille, dann gibt es viel, viel Applaus. Und es ist keine übliche Stimmung als die Besucher:innen den Saal verlassen. Es beginnt nicht sofort das kommentierende Plappern. Man geht recht still aus dem Saal. Es gibt noch so viel zu denken. Es gibt noch so viel zu verarbeiten. Es beschäftigt.

Warum ist das so?

Die Grundlage des Stückes ist ein 1937 erschienener Roman von Edmund (Ödön) Josef von Horváth mit dem Titel „Jugend ohne Gott“. Er ist die Grundlage des Stückes. Eines Stückes, das schon in seiner Anlage die Frage stellt: Ist es ein Krimi? War es Zeitgeschehen nur in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Es sind nicht die einzigen Fragen.
Die Klosterbühne Wennigsen arbeitet schon seit der Zwangspause Corona an der Umsetzung. Wäre eine Aufführung damals anders ausgefallen? Damals „nur“ unter dem Eindruck der Flüchtlinge aus den Ländern Afrikas – den Menschen, die im Mittelmeer ertrinken oder in der Türkei und Griechenland festhängen? Hat Corona Einfluss auf die Entwicklung des Stückes genommen? Und nun die entscheidende Frage: Ist es mit dem Krieg in der Ukraine, mit den Flüchtlingen aus diesem Land anders, ist es hoch aktuell, ändert es den Blick?

Die Klosterbühne Wennigsen hat eine sehr junge G(T)ruppe auf die Bühne gebracht. Sie sind sehr engagiert. Man merkt ihnen die persönliche Berührtheit an.

Die Unterrichtsstunde in der Schule, mit der das Stück beginnt, scheint zunächst eine ganz normale zu sein. Aber dieser Unterricht eskaliert. Es fallen viele Schlagworte, die in den 30er Jahren wohl das Leben so geprägt haben und heute wieder in der Welt sind. Eine sehr engagierte Lehrerin passt in ihrer Art nicht in das Zeitbild. Daraus entwickelt sich das weitere Geschehen. Und die Lehrerin, gespielt von Noa Wessel, bleibt die zentrale Rolle in diesem Stück. Sie wirkt teils berührt, teils beobachtend, teils prägend handelnd, teils unnahbar. Eine überzeugend gespielte Rolle in diesem sich zu einem Krimi entwickelnden Stück. Sie allein zu erwähnen, ist eigentlich unfair, denn auch die zahlreichen anderen Rollen sind so besetzt, dass sie alle nur gemeinsam das Stück ausmachen.

Mehr soll hier zum Inhalt nicht verraten werden. Ja. Es ist nicht viel, das hier zum Inhalt beschrieben wird. Aber es ist unbedingt nötig, sich einen Abend mit dieser Theatergruppe – nein hier Theater-Truppe – zu gönnen. Die Aktualität des Abends ist bestürzend – auch wenn die Grundlagen vor 80 Jahren gelegt wurden.

Ein Theaterabend ist gut, sehr gut, wenn man nicht nach Hause geht und die Zeit als erledigt abhakt. Diesen Abend hakt man nicht einfach ab. Man hat ihn schon wieder vor Augen, wenn man ins Auto steigt und die nächsten Nachrichten hört. Dann arbeitet das Gehirn sich an der Frage wieder ab: Sind wir Menschen wirklich so? Was ist mit dem Satz „Jugend ohne Gott“? – welchem auch immer.

Vielleicht gibt es noch eine Karte für die Klosterbühne Wennigsen – wenn Sie Glück haben, erleben auch Sie viel mehr als den vieldeutigen Satz: Am letzten Tag unseres Lagerlebens kam Gott.

Gratulation der Klosterbühne Wennigsen.

Bürgerreporter:in:

Evelyn Werner aus Seelze

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