Abschied von Dr. Jan Olaf Rüttgardt (1939 – 2021)


Die Historische Arbeitsgemeinschaft Wedemark trauert

Am 1. September 2021 verstarb Dr. Rüttgardt. Die Historische Arbeitsgemeinschaft Wedemark verliert dadurch ihren Mitbegründer und Leiter, der die Arbeit über viele Jahre erfolgreich führte - innerhalb der Arbeitsgemeinschaft und in der Öffentlichkeit.

Zu seinem Leben als autodidaktischer Historiker passt das Zitat von Johann Wolfgang von Goethe: „Das Beste, was wir von der Geschichte haben, ist der Enthusiasmus, den sie erregt.“
Denn neben seinem theologischen Wissen in seinem Beruf als Pastor hatte er sich umfangreiche Kenntnisse von der Ur- und Frühgeschichte über die Antike bis zur zeitgenössischen Geschichte angeeignet. Über das Buchwissen hinaus besaß er auch einen historischen, „goetheschen“ Enthusiasmus, der in die Praxis drängte.
Daher wurde er im September 2012 ein Initiator und Mitbegründer der „Historischen Arbeitsgemeinschaft Wedemark“. Im Wedemark-Echo hieß es im September 2012 dazu unter anderem:
„19 Interessierte haben sich Ende September zu einer konstituierenden Sitzung der „Historischen Arbeitsgemeinschaft in der Wedemark“ getroffen. … Die Historische Arbeitsgemeinschaft in der Wedemark versteht sich als ein unabhängiges Forum zur Präsentation und Diskussion historischer Darstellungen und Forschungsergebnisse, die sich auf die Geschichte der Wedemark von der Vor- und Frühgeschichte bis zur jüngsten Vergangenheit beziehen. Eingeladen zur Mitarbeit sind alle Amateurhistoriker sowie alle, die sich für die Geschichte der Wedemark beziehungsweise ausgewählte Einzelaspekte interessieren. Zum Vorsitzenden (Leiter) wurde bei der konstituierenden Sitzung Dr. Jan Olaf Rüttgardt, Pastor im Ruhestand, gewählt.
In der Zeit eines neuen historischen Bewusstseins und des Wunsches nach regionaler Verwurzelung möchte die Arbeitsgemeinschaft das historische Wissen über die Lokalgeschichte (Dorfchronik) hinausführen und den Blick für die Wedemark als Natur-, Siedlungs- und Wirtschaftsraum insgesamt öffnen. Es gilt, eine alte Landschaftsbezeichnung, die durch die Kommunalreform zum Ortsnamen wurde, durch historisches Wissen und Erzählen mit Leben zu füllen. … Die Arbeitsgemeinschaft arbeitet ehrenamtlich und hat keinen Vereinsstatus.“ Für das nächste Treffen wurde ein Vortrag „Die Amtsvogtei Bissendorf im Fürstentum Lüneburg" von „Dr. Hellmuth Hahn aus Bissendorf, Nestor der historischen Erforschung der Wedemark“, vorgesehen.
Damit waren wichtige Stichworte gegeben: Förderung historischen Bewusstseins und Vermittlung historischer Kenntnissen sowie die Unterstützung regionaler Verwurzelung.
Zwei methodische Aspekte zur Umsetzung dieser Bestrebungen sind besonders wichtig: Erstens ging es nicht um die Gründung eines historischen Vereins mit Satzung, Mitgliedern und deren Rechte und Pflichten, sondern um eine „Arbeitsgemeinschaft“, zu der jeder Interessierte kommen und „arbeiten“ kann.
Und zweitens kann jeder Interessierte sein „historisches Wissen und Erzählen“ einbringen und damit das Projekt „mit Leben ... erfüllen“. Nicht akademische Strenge ist die Voraussetzung einer Teilnahme, sondern zunächst das Berichten von Traditonen und Erfahrungen.
Mit Hellmuth Hahn und seinen fundamentalen Erforschungen der „Amtsvogtey Bißendorff“ nahm etwas den Anfang, was sich auf Grund von Rüttgardts Publikations-Anregungen durch zahlreiche Ortschroniken und größere Einzeluntersuchungen fortsetzte, z.B. zu den Mühlen (Martens) und Ziegeleien (Kolp) der Wedemark oder Erinnerungen an „Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit“ (Knibbe).
Die Dokumentation dessen, was in der AG geschah, übernahm Rainer Gerth auf der Homepage „Bissendorf Online“. Nach seinem Tod wurde in dieser Tradition eine neue eingerichtet unter „Historische Arbeitsgemeinschaft Wedemark“.
Jan Olaf Rüttgardts Aktivitäten und sein historisches Interesse führte auch zu eigenen Publikationen, zu Presseartikeln, zu Vorträgen innerhalb der Arbeitsgemeinschaft. Darüber hinaus gab es außerhalb der AG praktische Bemühungen um ein Gemeindearchiv, Exkursionen ins Regionalarchiv nach Neustadt/Rbge. oder Ortserkundungen z.B. in Elze.
Die Ablehnung eines Vereinscharakters mit vorgegebenen Strukturen beinhaltete ungewohnte, aber erwünschte demokratische Elemente: Wer wollte, konnte in dem Leitungsgremium mitmachen, planen und mitentscheiden: „One man, one vote.“
Die Historische Arbeitsgemeinschaft Wedemark verliert mit Jan Olaf Rüttgardt eine prägende Persönlichkeit und muss nun ihren Weg ohne ihn weitergehen.

Reinhard Tegtmeier-Blanck

Bürgerreporter:in:

Reinhard Tegtmeier-Blanck aus Wedemark

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