Stellungnahme zum Geothermie-Projekt

Das Bekenntnis des Pressesprechers der CSU in seinem Leserbrief im letzten LLA zur Nutzung nachwachsender Energieträger ist grundsätzlich erfreulich. Darauf zu bestehen, dass die Unterschleißheimer Geothermie die einzige „richtige Art, mit dem Thema (Klimawandel) umzugehen“ sei und den politischen Gegner als „populistisch und auf sich selbst fixiert“ zu beschuldigen, zeigt weder Weitblick noch Weltoffenheit. Mit ein paar leichten mathematischen Fingerübungen hätte auch der Verfasser des Leserbriefes zu der Erkenntnis gelangen können, dass die vielfach behaupteten Erfolgszahlen der Unterschleißheimer Geothermie gar nicht stimmen.
Erdwärme zur Gebäudeheizung zu nutzen, ist eine sinnvolle und ernstzunehmende Alternative zu fossil erzeugter Wärme. Das aus der Tiefe geförderte Wasser sollte dabei eine Temperatur von etwa 100°C haben. In Unterschleißheim beträgt die Temperatur nur 81°C. Deswegen muss das Wasser im Heizwerk neben dem Hallenbad nachgeheizt werden, um ausreichend warm bei den Nutzern anzukommen. Die Rücklauftemperatur darf auch bei dem letzten Verbraucher aus Gründen der Rohrleitungshygiene nicht unter 60°C fallen.
Immer wieder liest man in Veröffentlichungen, es würden etwa 8800t CO2 eingespart und man erreiche einen Wirkungsgrad von 80%. Gemeint ist damit vermutlich der Anteil geothermisch gewonnener Energie am Gesamtenergieverbrauch, doch auch das stimmt nicht.
Nach vielfachem Nachfragen und etwa einem dreiviertel Jahr Wartezeit bekam ich von der GTU AG die Zahlen des Jahres 2005. Die Zahlen von 2006 und 2007 werden mir trotz vielfacher Nachfragen bis heute vorenthalten.
Wesentlich bei der Betrachtung der Effizienz eines solchen Projektes ist der Vergleich der zu Zeiten der Öl- Und Gasheizungen von den heutigen Nutzern der Geothermie verbrauchten Energie. Also der Vergleich derjenigen Wärmemenge, welche seinerzeit in den einzelnen Heizanlagen zur Verfügung gestellt werden musste, zu der Energie, welche heute insgesamt zur Förderung und Nachheizung des Tiefenwassers und für den Wärmeverluste und die im Bewegung im Nahwärmenetz aufgewandt wird. Mit den offiziellen Zahlen der GTU aus dem Abrechnungsjahr 2005 ergibt sich folgendes Bild:

produzierte Stromverbrauch verkaufte Verluste im Netz
Energie, zusammen Energie zusammen u. bei der Herstellung
43.102 MWh + 3.236 MWh - 37.495 MWh = 8.843 MWh

Die Effektivität dieses Versorgungskonzeptes zeigt sich im Verhältnis der rein regenerativ gewonnenen Energie zur Menge der beim Kunden angekommenen Energie.

regenerativ Verlust im Netz Reingewinn an Effizienz
erzeugte Energie u. bei Herstellung regenerativer Energie Eregenerativ/Everkauft
22.385 MWh
31.228 kWh - 8.843 kWh = 22.385 kWh 37.495 kWh = 59,7%

Der Gewinn durch geothermisch erzeugte Wärme liegt also bei knapp 60% Anteil an der verkauften Energie und nicht wie behauptet bei 80%.
Bei der Verheizung von Erdgas entstehen ca. 0,2kg CO2/kWh. Statt mit den immer wieder öffentlich behaupteten 8.800t CO2 wird die Umwelt durch das Geothermieprojekt Unterschleißheim im besten Fall mit nur ca. 4.500t CO2-Einsparung entlastet. Berücksichtigt man hierbei zudem, dass der Verlust mit einem Anteil von 3.236MWh in Form von Elektrizität stattfindet, wird die effektive CO2-Entlastung noch geringer.
Das eigentlich Ärgerliche dabei ist, dass Unterschleißheim, in seiner Lage auf einem schier unerschöpflichen See von Grundwasser, gar keine Tiefenbohrungen gebraucht hätte. Der Einsatz von Grundwasserwärmepumpen wäre in unserer lokalen Privilegierung nicht nur effizienter, sondern hätte auch nur einen Bruchteil der Herstellungskosten pro Kilowattstunde gekostet. Ich selbst betreibe seit zehn Jahren in meinem Büro eine Grundwasserwärmepumpe. Bei einem Wirkungsgrad von 1:4 benötige ich gerade einmal ein Viertel der Primärenergie, welche ich zur Beheizung mit einem fossilen System bräuchte. Während sich der Amortisationspunkt der Geothermie durch immer neue Defizite Jahr für Jahr weiter in die Zukunft verschiebt, sind die Mehrkosten für meine lokale Anlage seit bereits 6 Jahren bezahlt.
Wir alle wollen nach wie vor unseren Beitrag zur Verbesserung der Umweltbedingungen beitragen, aber bitte mit richtigen Zahlen. Schönrechnerei hilft vielleicht dem politischen Klima, nicht aber der Umwelt, und Problemlösungen findet man nicht auf der Jagd nach Sensationen.

Martin Reichart
FREIE BÜRGERSCHAFT e.V.

Bürgerreporter:in:

Freie Bürgerschaft aus Unterschleißheim

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