Martin Rütter: Die Schwierigkeit liegt beim Menschen nicht beim " Problemhund"- Ein Interview mit dem Tierpsychologen

28. November 2011
20:00 Uhr
Donauhalle, 89073 Ulm
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Martin Rütter hat sich unter anderem als Hundeprofi beim Fernsehsender VOX einen Namen gemacht. Jetzt ist er mit seinem Programm Hund-Deutsch/ Deutsch -Hund auf großer Deutschlandtournee. Im Rahmen dieser Tournee kommt der studierte Tierpsychologe auch in die Ulmer Donauhalle. Der Ursprüngliche Termin am 1.7.2011 wurde nun auf den 28.11.2011 verschoben. Karten für diese Veranstaltung gibt es noch im Vorverkauf. Ich hatte im Vorfeld des Auftritts die Möglichkeit ein Interview mit Martin Rütter zu führen.Martin Rütter erzählt über die Dreharbeiten, über seine Ausbildung und über sein Programm mit dem er auf Tournee ist

Thomas Rank:
Sie arbeiten als Hundeprofi. Was muss man für eine Ausbildung dafür absolvieren?

Martin Rütter:Ich persönlich habe Tierpsychologie an einer Privatakademie für Tierheilkunde in der Schweiz studiert sowie diverse Praktika in Wolfaufzuchtstationen absolviert. Dazu habe ich etliche Beobachtungsstudien durchgeführt, mich dabei unter anderem bei einem Aufenthalt in Australien eingehend mit dem Leben und Verhalten von Dingos (Wildhunden) auseinandergesetzt. Das Wichtigste für meine Entwicklung war aber letztlich das Prinzip „Learning by Doing“. Ich habe über 180 verschiedene Referenten erlebt und mir jedes Mal die Mühe gemacht, das von diesen Menschen Propagierte auszuprobieren, um so meinen eigenen Weg zu finden und zu gehen.

Thomas Rank: Wie kamen sie auf die Idee diesen Beruf zu ergreifen?

Martin Rütter:Ich hatte schon immer einen Draht zu Hunden, obwohl ich als Kind keinen Hund haben durfte, da meine Eltern auch heute noch jedes Tier als sinnlos ansehen, das man nicht auf den Grill legen und essen kann. Ich habe aber bereits in meiner Jugend die Hunde der Nachbarn ausgeführt und die Hunde meiner Tante ohnmächtig gekrault. Die hatte in den 80er Jahren so eine Art Pflegestelle für gestrauchelte Hunde. Mich hat schon damals brennend interessiert, warum so viele Menschen um mich herum Probleme mit ihren Hunden hatten. Das Schlüsselerlebnis für meinen heutigen Beruf war dann schließlich mein bereits geschilderter Aufenthalt in Australien.

Thomas Rank: Wie schaut ein Drehtag bei Ihnen aus?

Martin Rütter:Abwechslungsreich und immer wieder aufs Neue spannend, denn bei jedem Fall, den wir drehen, warten auf mich neue Menschen mit neuen Hunden und neuen Problemen. Generell kann man zum Ablauf sagen, dass wir in der Regel gegen 9 Uhr am jeweiligen Drehort aufschlagen. Zuallererst mache ich mir durch ein Sondierungsgespräch mit den Haltern ein Bild von den Menschen, vom Hund und Umfeld sowie ihrer Beziehung untereinander. Dann beleuchten wir das geschilderte Problem in der entsprechenden Alltagssituation und steigen schließlich in die Trainingsarbeit ein.

Thomas Rank: Wie schaut die Vorarbeit zu den gezeigten Fällen aus, und wie lange arbeiten sie an einem Fall?

Martin Rütter:Der Aufwand für jeden dokumentierten Fall ist sehr groß. Nachdem eine erste Problemanalyse stattgefunden hat, muss man in der Regel dreieinhalb Drehtage einplanen, dazu kommen noch abseits der Kamera rund zehn Trainingseinheiten, letztlich werden die Leute von uns drei bis sechs Monate intensiv begleitet. In der Sendung geht es dann final darum, die Probleme und entsprechenden Lösungswege klar, verständlich und anschaulich darzustellen.

Thomas Rank: Sie sagen: Ich trainiere Hunde, vor allem ihre Menschen. Ist dies in der Realität so?

Martin Rütter:Definitiv, denn die eigentliche Schwierigkeit liegt fast immer beim Menschen und dessen Einstellung. In den wenigsten Fällen ist es nämlich der „Problemhund“. Meist ist es der Mensch, der sich ändern muss, um den Hund zu helfen. Man muss bei den Leuten daher häufig zuallererst das Bewusstsein schärfen, dass wirklich ein Problem besteht. Denn der Mensch stellt im Umgang mit dem Hund allzu oft seine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund und registriert dabei gar nicht die daraus resultierende potenzielle Problematik für den Hund.

Thomas Rank: Mit ihrem aktuellen Programm kommen sie nach Ulm. Wie kamen sie auf die Idee, Kabarett zu machen?

Martin Rütter:Ich bezeichne mein Programm nicht als Kabarett oder Comedy, es ist vielmehr eine Mischung aus Entertainment und Information. Zugegeben, ich kommuniziere meine Botschaften nicht staubtrocken, sondern auf lebendige Art und Weise. Schließlich sollen die Leute ja trotz aller Ernsthaftigkeit auch Spaß bei der Arbeit haben. Aber zuallererst bin ich Hundetrainer. Und ehrlich gesagt, habe ich schon recht früh gemerkt, dass in diesem Bereich jede Menge Bedarf besteht und großes Potenzial schlummert. Ich halte ja schon seit über zehn Jahren Vorträge. Und ich hatte selber schon immer großen Spaß daran. Die Entwicklung, mit einer Live-Show auf Tournee zu gehen, zeichnete sich deshalb immer mehr ab. Angefangen hat es mit sieben Zuhörern, irgendwann hatten wir dann 300, später über 1.000. Zuletzt in Wien waren 10.000 Menschen in der Halle. Auf der Bühne habe ich die grandiose Möglichkeit, eine breite Masse für das gewaltfreie Hunde-Training zu sensibilisieren – das ist einfach toll.

Thomas Rank: Woher nehmen sie die Ideen?

Martin Rütter:Aus meinen Erfahrungen als Hundetrainer. Die erzählten Anekdoten sind mir in meiner täglichen Arbeit mit den Menschen und ihren Hunden ja tatsächlich widerfahren.

Thomas Rank: Wie lange haben sie an dem Programm gearbeitet?
Martin RütterSiehe Frage zuvor: Die Show ist letztlich ein Sammelsurium von Erlebnissen aus meiner bisherigen fast 20-jährigen Arbeit als Hundetrainer.

Thomas Rank: Wie wird ihr Programm vom Auditorium angenommen?

Martin Rütter:Soweit ich das beurteilen darf, durchweg positiv. Das Schöne ist, dass in meinem Programm die humorigen Geschichten immer mit einer informativen, lehrreichen Botschaft verknüpft werden. Neben einem hohen Unterhaltungsfaktor sind die Zuschauer des Öfteren erstaunt, so nach dem Motto „das habe ich ja gar nicht gewusst“ oder fühlen sich an der einen oder anderen Stelle ertappt nach der Devise „stimmt, genau wie bei uns zu Hause“. Die Leute erkennen sich eben in den Erzählungen absolut wieder, sie kennen die Probleme aus den eigenen vier Wänden.

Thomas Rank: Wer zu Ihnen kommt, was darf der/ diejenige erwarten?

Martin Rütter:Die Besucher können sich auf einen kurzweiligen, amüsanten Abend mit einem Mix aus Unterhaltung und Ratschlägen freuen. Im Endeffekt ist die Show ein Vortrag, nur in überspitzter Form. Es geht ja in meinem Programm um das Zusammenleben von Mensch und Hund und die großen und kleinen Missverständnisse, die entstehen können, wenn zwei unterschiedliche Arten mit zwei völlig differenzierten Kommunikationsformen aufeinander treffen. Ich nehme die Leute mit auf eine humorvolle Reise durch diese Welt und halte ihnen den Spiegel vor. Dabei erhalten die Zuschauer eine Menge Informationen. Sie bekommen viele Tipps und sagen nachher, ich habe wirklich was gelernt. Und was uns ebenso freut: Wir sensibilisieren immer mehr Nicht-Hundemenschen für dieses Thema. Inzwischen sind gut 30 Prozent meiner Zuschauer gar keine Hundebesitzer, bei denen es sich aber herumgesprochen hat, dass sie eine sehr lustige Veranstaltung geboten bekommen.

Thomas Rank: Zum Abschluß noch eine andere Frage:
Wenn es Ihnen so wichtig ist zu sagen, dass der Hund vom Wolf abstammt, was halten Sie dann vom B.A.R.F.en?

Martin Rütter: Kann man machen, muss man aber nicht.

Bürgerreporter:in:

Thomas Rank aus Günzburg

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