Evangelische Woche in der Wasserkirche am 6.9.2010

Eingang der Stadtkirche
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Beim zweiten Abend der evangelischen Woche in der Stadtallendorfer Stadtkirche gab es das Collegium Musicum und Pfarrer Norbert Mecke, den der Hessische Rundfunk 2003 in einer Sendung zum Superpfarrer kürte. Norbert Mecke sprach über die schwierige Frage, warum Gott das Leid in der Welt zulässt.

Musikalisches aus Stadtallendorf
Für die musikalische Begleitung der Abendveranstaltung sorgten das Collegium Musicum und Volkmar Kraft an der Orgel. Wer in die Kirche kam, konnte jedoch nicht viel von dem sehen, was ihn musikalisch erwartete, da alle Musiker von der Empore spielten.
Auch der heutige Zeitzeuge war unmittelbar mit dem Thema Musik verbunden: Hans Christian Malzahn berichtete von seinen Erlebnissen seit der Zeit, wo er in Stadtallendorf ankam.
HCM kam 1976 nach Stadtallendorf. Er berichtete, wie er an einem Samstag seine Fahrkarte vom Hamburg-Altona nach Allendorf kaufte und jemand dazu meinte, dass Ferrero heute aber zu hätte. Er wurde vom Ehepaar Goronzy empfangen und bekam auf die Frage, wo denn hier die City sei, Kostial und das Aka-Kaufhaus (welches sich in dem Geschäftsgebäude zwischen Niederkleiner Straße und dem Parkplatz von Fritz Winter befand) genannt. Obwohl HCM das Leben in der Großstadt gewohnt war, blieb er dann dennoch auf dem Lande in Stadtallendorf. Das bescherte ihm immerhin einen sozialen Aufstieg, indem er von seinem früheren Bundeswehrghetto, in dem er vier Jahre verbracht hatte, in ein eigenes Häuschen in der Beethovenstraße zog.
Als Höhepunkt seines Schaffens sah HCM die Etablierung der Stadtallendorfer Adventskonzerte, insbesondere des Quempassingens, welches schon am Jahresbeginn in den Planungen der beteiligten Chöre erscheint.
Als HCM 2008 und 2009 wegen gesundheitlicher Probleme ausfiel, hat ihm am meisten geholfen, dass die Gemeinde für ihn gehofft und gebetet habe. Er erzählte, wie ihn 2008 seine Frau per Mobiltelefon am Quempassingen hat teilhaben lassen.
Im Zusammenhang mit der folgenden Begebenheit meinte HCM, dass er stets pünktlich zu seinen Kirchenveranstaltungen erschienen sei, sofern man ihn auch bestellt habe. Am 30. Mai 1980 hatte er gerade an seinem Teich in der Beethovenstraße gearbeitet, als gegen 13 Uhr ein Anruf kam, warum er nicht in der Stadtkirche an der Orgel sei, wo gerade eine Hochzeit war. HCM sagte dann, sie sollen die Glocken etwas länger läuten lassen und machte sich sogleich auf den Weg. Er zog sich zwar die Gummistiefel aus, aber ließ die übrige Kleidung, da er erwartete, sich ungesehen auf die Empore zur Orgel schleichen zu können. Es war aber die Hochzeit vom Ehepaar Lang mit vielen Gästen. Die Autos stauten sich bis in die Liebigstraße, und so begegnete HCM doch noch vielen Hochzeitsgästen, bevor er zu seinem Platz an der Orgel kam.

Wenn das Wasser bis zum Hals steht... Wie kann Gott Leid zulassen?
In einem gut strukturierten Vortrag spannte Pfarrer Norbert Mecke den Bogen von zwei Beispielen für tragische Unglücksfälle zu seinem Vertrauen in Gott.
Er begründete, warum eine Welt ohne Leid nicht unbedingt eine bessere Welt sein muss. Dabei unterschied er zwischen dem von Menschen verursachten und dem ohne menschliche Schuld entstandenen Leid. Ersteres ist der Preis für die Willensfreiheit. Um zu verhindern, dass Menschen Leid verursachen, müsste uns Gott jegliche Freiheit nehmen oder uns ständig überwachen, um bei Bedarf einzugreifen. Wobei noch die Frage offen ist, wann Gott eingreifen würde. Würde er uns schon vom Anschauen eines Sexfilms abhalten oder das Lästern über andere unterbinden?
Beim einer Welt ohne durch äußere Umstände verursachtes Leid musste Norbert Mecke an die Welt aus dem Roman "Schöne neue Welt" denken und kommt zu dem Ergebnis, dass es ohne Leiden nur eine lieblose Welt ohne Mitgefühl und Leidenschaft geben könne. Erst Leiden schafft Leidenschaft, und vielfach bieten uns die Tiefen im Leben Chancen für eine Entwicklung.
Ein Resultat dieser Betrachtungen ist, dass uns Gott leiden lässt, weil er uns liebt. Auch Leid bedeutet nicht die Abwesenheit von Gott, obwohl sich die Frage nach dem Warum nicht immer beantworten lässt. Norbert Mecke hatte erlebt, auch im Leiden nicht von Gott verlassen zu sein und ist überzeugt davon, Gott bedingungslos vertrauen zu können.

Im Kreuzverhör
Nach dem Vortrag musste sich Norbert Mecke noch den Fragen stellen, die die Besucher während eines Musikstücks im Anschluss aufschreiben und abgeben konnten. Dabei stand pro Frage eine Minute Zeit für die Antwort zur Verfügung. Zu den Fragen gehörte, warum er Pfarrer geworden sei, ob es einen Satan gäbe, ob ein Leid bringender Gott wirklich gütig ist oder was er von humoristischen Ausdrucksformen wie etwa dem Babenhäuser Pfarrerkabarett halte.
Leid war übrigens der Grund gewesen, warum Norbert Mecke Pfarrer wurde. Er hatte in jungen Jahren durch einen von ihm verschuldeten Autounfall eine Frau schwer verletzt, deren Leiden er lange Zeit miterlebte. Bezüglich Kabarett meinte Norbert Mecke: Solange es sich nicht um menschenverachtende Quotenfüller handele, sei auch bei religiösen Themen nichts dagegen einzuwenden, da Gott uns den Mund auch zum Lachen gegeben habe.

(Bilder von Leif-Erik und Sören-Helge Zaschke)

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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