Motorradfreunde nehmen das kleinste, hochalpine Gebirge der Welt unter die Räder

Zehn Biker auf neun Motorrädern machten sich aud den Weg zum kleinsten, hochalpinen Grbirge der Welt!
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  • hochgeladen von Günter Köller

Zehn Motorradfreunde auf Tour in der Hohen Tatra

„Es müssen nicht immer die Alpen sein“ dachten sich die Motorradfreunde Marburger Land e.V. als sie ihre Herbsttour 2016 planten. Ihren Fokus lenkten Touristikwart Martin Pitz und 2. Vorsitzender Jörg Lenz auf das kleinste, hochalpine Gebirge der Welt, die Hohe Tatra, oder, wie sie auf slowakisch heißt: Vysoké Tatry.

Keine Frage, dass bei einer, 1000 Kilometer weiten Anreise mit dem Motorrad schon der Weg zum Ziel werden muss, deshalb wurden von den Tourguides für die Hin- und die Rückreise jeweils zwei Übernachtungen und zahlreiche Besichtigungspausen eingeplant.

Der erste Halt lag östlich von Dresden, die Bastei. Die Bastei ist eine Felsformation aus Sandstein, in der Sächsischen Schweiz am rechten Ufer der Elbe gelegen ist. Sie zählt zu den meistbesuchten Touristenattraktionen der Sächsischen Schweiz. Von der Bastei fällt das schmale Felsriff über 194 Meter steil zur Elbe ab. Sie bietet eine weite Aussicht ins Elbtal und über das Elbsandsteingebirge.
Von hier sind es nur noch wenige Kilometer nach Tschechien, wo der nächte Stopp anstand, die Biker Höhle Pekelné doly.
Im Tal zwischen Svitava und Velenice befinden sich ein paar beeindruckende Höhlen, die von Hand in Sandstein gehauen wurden. Sie dienten früher dem Abbau von Sand für das Schleifen in einer Spiegelfabrik und bei der Glasherstellung. Die größte dieser Höhlen beherbergt heute eine Gaststätte für Motorradfahrer. Das Besondere daran ist, dass man mit seinem Bike direkt in die Höhle an den Tresen fahren kann. Als Übernachtungspunkt steuerten die Marburger Biker ein kleines, idyllisches Hotel in Vrchlabí dem früheren Hohenelbe an, das direkt an der Elbe liegt, die hier noch ein kleines Flüsschen ist.

Vorbei an der Schneekoppe passierten die Motorradfreunde bei Mala Ùpa die polnische Grenze um am nächsten Tag das Konzentrationslager Auschwitz/Birkenau zu besichtigen. Nicht alle Fahrtteilnehmer nahmen an der dreistündigen Führung teil, denn schon der Anblick der KZ-Anlage machte viele zu sehr betroffen.

Am dritten Tag erreichten die Biker ihr Ziel, das, in der Slowakei im Demänovska Tal zwischen Niederer und Hoher Tatra gelegene Hotel Bystrina nahe der Stadt Liptovský Mikuláš. Dieses Hotel diente den Motorradpiloten vier Tage lang als Basis für ihre Touren. Mit Spezialitäten der slowakischen Küche wurden die hessischen Motorradfahrer in der hoteleigenen Koliba verwöhnt. Eine Koliba ist eine Sennhütte, in der Schafhirten ihre Produkte vermarkten. Spezialitäten wie Bryndzove Halusky, zu deutsch Brimsen-Nockerl, ist hier ein Muß, denn der dazu benötigte, spezielle Schafskäse darf nur in der Slowakei hergestellt werden.

Die Tatra, mit deren Niederer und Hoher Tatra sind, genauso wie die Kleine und Große Fatra Teilgebirge der Karpaten. Die Hohe Tatra bildet mit ihrem, nur 27 Kilometer langen Hauptkamm den höchsten Teil der Karpaten. 25 ihrer Gipfel überschreiten die 2500 - Meter Marke. Zwei Drittel dieses hochalpinen Gebirges liegen in der Slovakei, ein Drittel in Polen.
Die Besonderheit: alle hohen Gipfel liegen am Südrand und damit in der Slovakei und bieten ein alpenähnliches Panorama mit wunderschönem Hochgebirgsrelief und vereinzelten Schneefeldern.

Einen einzigen Tag lang war das Wetter mit den Motorradfahrern aus dem Marburger Land auf dieser Reise nicht hold. Nachdem Jörg Lenz und Martin Pitz das Wetterradar studiert hatten, entschlossen sie sich die Touren umzustellen und führten die Gruppe in den östlichen Teil der Tatra. Zunächst steuerte sie die Dobschauer Eishöhle an. Sie liegt unter einem Höhenzug, der „Slovakisches Paradies“ genannt wird und zählt zu den größten und interessantesten der wenigen Eishöhlen Europas. Die Eisfläche beträgt 9.772 m², das Eisvolumen ist 110.100 m³. Die Lufttemperatur beträgt konstant –3,8 °C bis +0,5 °C und die Eisdicke 26,5 m. Außerhalb des Alpengebietes befinden sich nirgendwo anders in Europa mehr als 110.000 Kubikmeter Eis mit über 25 Meter Dicke.
Von hier aus ist es nicht mehr weit zur Zipser Burg.
Das Gebiet der Zips war vom 12. Jahrhundert bis zur Vertreibung nach 1945 ein Hauptsiedlungsgebiet der „Zipser Sachsen“, wobei Sachsen einfach nur „Deutsche“ bedeutet, die von ungarischen Königen als Bergbaufachleute hier hergeholt wurden. Heute wohnen viele Roma in den Dörfern in ärmlichen, meist heruntergekommenen Häusern, von der, in Operetten besungenen, „Zigeunerromantik“ keine Spur.
Die Zipser Burg ist eine der größten Burganlagen in Mitteleuropa. Ihre Außenmauern umfassen 41.426 m² Fläche. Nach dem Guinness Buch der Rekorde ist nur die Prager Burg noch größer. Die Ruine der Höhenburg erhebt sich auf einem 634 m hohen Fels, der sich aus einer Ebene erhebt. Genauso wie die berühmte Basilika St. Jacob von Leutschau (Levoca) mit dem welthöchsten gotischen Altar, liegt auch sie auf einem Jacobsweg und ist UNESCO Weltkulturerbe.

Für die Umrundung des kleinsten, hochalpinen Gebirges hatten sich die Tourguides das schönste Spätsommerwetter ausgesucht. Zwischen Niederer und Hoher Tatra hindurch ging die Fahrt zurück nach Polen. Zakopane, das sich um die Olympischen Winterspiele 2027 bewirbt, ist nicht nur das Skisportzentrums unseres östlichen Nachbarstaates, sondern mit seinen schmucken, urigen Holzhäusern auch absolut sehenswert. Ebenfalls aus Holz und eine Sehenswürdigkeit ist die Stabkirche St. Anna in Tatranská Javorina, die 1903 erbaut und vom Fürst zu Hohenlohe finanziert wurde. Da der Fürst protestantisch war dankte man ihm, indem man in der katholischen Kirche das Wappen der Fürstenfamilie anbrachte.

Die Hohe Tatra glänzt vor allem durch ihre altehrwürdigen Kur- und Erholungsorte aus dem 19. Jahrhundert. Der Glanz der österreich- ungarischen Monarchie lässt sich überall finden. Ein solcher Ort ist auch Stary Smokovec von dem aus man mit Seilbahnen die Lomnizer Spitze auf 2634 Metern Höhe erklimmen kann. Dafür muß man aber sehr früh am Morgen schon anstehen, denn die Plattform am Gipfel und die Seilbahnkapazität ist begrenzt. Aus diesem Grund kamen die Motorradfreunde auch nur auf 2190 Meter bis zum Lomnitzer Sattel, wurden dafür aber durch eine grandiose Fernsicht entschädigt.
Ein weiterer altehrwürdiger Kurort ist Štrbské Pleso, berühmt auch wegen seiner zwei Skisprungschanzen und den vorzüglichen Wintersportmöglichkeiten. 1970 fanden hier die Nordischen Skiweltmeisterschaften statt. Entlang der Trasse der berühmten Zahnrad-Bahn und der Elektrischen Tatrabahn, verließen die Biker dann wieder das Hochgebirge Richtung Hotel.

Bei ihrer Tour in die nahe gelegene Große Fatra erreichten die Motorradfahrer Vlkolínec, zu deutsch Wolfsgruben. Ein Dorf mit 35 Einwohnern, dass wegen seiner außergewöhnlichen, unberührten Siedlung mit 40 originalen, bewohnten Holzhäusern 1993 in die Liste des „Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit“ aufgenommen worden ist. Dieses Dorf hat eine bewegte, jüngere Geschichte, denn durch die Vergeltungsmaßnahmen der deutschen Wehrmacht kam es 1944 zu einer teilweisen Zerstörung der Gebäude. 1977 wurde der Ort unter Denkmalschutz gestellt. Der in unverfälschter Weise erhaltene Ort ist einer der wenigen in Europa, in dessen unmittelbaren Umgebung noch Bären, Wölfe frei leben. Das Dorf ist einzigartig in Mitteleuropa, die Holzhäuser sind mit Mustern und Bildern bemalt, es wurden keine Straßen gebaut, die Häuser waren bis vor kurzem ohne Strom und Wasserleitung. Viele der Bewohner sind schon über 80 Jahre alt.

Die Rückreise traten die Motorradfreunde über Kroměříž (deutsch Kremsier) und Prag an. Kremsier, dessen Stadtzentrum unter Denkmalschutz steht, wurde 1977 zur schönsten historischen Stadt Tschechiens gewählt. Auf dem Marktplatz, an dem auch das Hotel der Motorradfreunde lag, fand gerade ein Oldtimertreffen des Veterán klub Kroměříž z.s.statt. Drei Dutzend historische Autos und Motorräder empfingen die Biker und ließen den Abend zu einem Spektakel besonderer Art werden.

Letzter Programmpunkt auf der 3465 Kilometer langen Reise der Motorradfreunde Marburger Land war Prag, die Hauptstadt Tschechiens, die mit vielen Attributen aufwarten kann. Hier steht die älteste Universität nördlich der Alpen und östlich von Paris. Über 50.000 Studenten lernen und forschen an einer Universität, die zu den weltbesten gehört! Der Beiname Prags, „Goldene Stadt“ bezieht sich auf die Sandsteintürme, die bei Sonneneinstrahlung in Goldtönen schimmern. Eine weitere Erklärung für diese Bezeichnung ist, dass Kaiser Karl IV. die Türme der Prager Burg vergolden ließ. Außerdem war die Stadt zur Zeit Rudolfs II. ein Anziehungspunkt für Alchemisten wovon das „Goldene Gässchen“ auf dem Hradschin, der Prager Burg, zeugt. Auch der Name „Stadt der hundert Türme“ ist schon seit mehreren Jahrhunderten bekannt und stammt von den zahlreichen Türmen, die das historische Stadtbild prägen. Der Besuch des Hradschin, dem Regierungssitz der Tschechischen Republik, ein Spaziergang über die Karlsbrücke, den Altstädter Marktplatz mit seiner Astronomischen Uhr gehören genauso zu einem Prag-Besuch, wie der Gang über den Wenzelsplatz auf dem der Prager Frühling durch am 21. August 1968 einmarschierende Truppen des Warschauer Paktes sein jähes Ende fand!
Prag ist aber auch die Hauptstadt der guten, deftigen Böhmischen Küche und des Bieres. Keine Frage also, dass die Motorradtouristen den letzten Abend ihrer neuntägigen Reise in der Prager Altstadt in einem zünftigen Lokal bei original Böhmischen Spezialitäten und Pilsener Urquell und Slibowitz ausklingen ließen.

Weitere Fotos von der Motorradtour
Informationen über die Motorradfreunde Marburger Land e.V.

Bürgerreporter:in:

Günter Köller aus Marburg

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