Haushaltsrede 2013 / Bündnis 90 DIE GRÜNEN

Haushaltsrede 2013
14. März 2013
Quo vadis Springe – wohin gehst Du – oder besser gesagt, wohin geht es mit Dir? Wer macht am
Ende das Licht aus?
Das, meine Damen und Herren, ist die drängende Frage, die sich mir stellt angesichts der Entwicklung
des Haushalts und vor allem angesichts der Diskussion darüber.
Seit 2009 tagt in Springe eine Haushaltssicherungsgruppe, nahezu ununterbrochen. Damals haben
wir begonnen, eine Zielfindungsdiskussion zu führen. Die war immerhin Ende 2011 weitgehend
abgeschlossen. Ich glaube, dann kam die Kommunalwahl und die Ziele hatten damit eine geringere
Halbwertszeit als die Energiewende der schwarz-gelben Bundesregierung. Erinnert sich noch jemand
der Anwesenden an die Diskussion? Oder gar an die Ziele? Als Oberziel wurde formuliert: Springe ist
ein Attraktiver, ökologisch vorbildlicher Wohn- und Arbeitsort. Lassen Sie das mal eine Weile
auf sich wirken und überlegen Sie, ob wir diesem Ziel mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf
überhaupt näher kommen können!
Mitte 2012 folgte dann die „Springer Erklärung“, von Kritikern belächelt, von der Presse verrissen. Ich
habe sie damals noch verteidigt, weil ich sie als Fortsetzung und Konkretisierung der gesetzten Ziele
für geeignet hielt. Inzwischen bin ich davon überzeugt, dass die Halbwertzeit der Springer Erklärung
noch geringer ist als die des täglichen Wetterberichts.
Die Maßnahmen, die dort zu ergänzen gewesen wären, hätten sich aus dem Haushaltssicherungskonzept
speisen können. Allein dieses Konzept besteht aber mal wieder aus mehr Lücken denn aus
umsetzbaren Maßnahmen. An viel zu vielen Stellen stehen Fragezeichen, sind Dinge nicht geklärt. Da
wird verwiesen auf Ergebnisse von runden Tischen, Arbeits- und Lenkungsgruppen. Das ist ja gut und
schön, wenn man sich Mühe gibt, die BürgerInnen mit in Problemlösungen einzubeziehen. Aber es
muss dann auch professionell aufgezogen und durchgeführt werden.
- Was nützt ein runder Tisch Sportstätten, wenn das gemeinsame Ergebnis schon wieder durch
Ausnahmeregelungen aufgeweicht wird?
- Was bringt ein Arbeitskreis Feuerwehren, wenn die einzelnen Wehren und deren Ausstattung
unantastbar sind?
- Wozu tingelt eine Lenkungsgruppe aus Ratspolitikern monatelang durch die Ortsteile, wenn
die Ortsbürgermeister mit gerichtlichen Schritten gegen die mögliche Schließung von Verwaltungsaußenstellen
vorzugehen drohen?
Solche Instrumente sollte man eben nur anwenden, wenn man Sie auch spielen kann. Und das
spreche ich uns allen, wie wir hier sitzen, ab. Einschließlich der Verwaltungsspitze, die sich mit der ihr
zugewiesenen Rolle als Mediator nie anfreunden konnte. Wenn der Bürgermeister ein ums andere
Mal wiederholt, dass er nur eines von 37 Ratsmitgliedern sei, und ihm damit bei Entscheidungen die
Hände gebunden seien, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte zeugt von mangelndem
Gestaltungswillen oder mangelnder Gestaltungsfähigkeit, und das ist beides schlecht für die
Stadt Springe.
Genauso wenig taugen Politiker und Politikerinnen, die sich nicht trauen, Entscheidungen zu treffen.
Stattdessen werden Beschlüsse von der Haushaltssicherungskommission über die Fraktion über die
nächste Arbeitsgruppe und von Sitzung zu Sitzung vertagt. Finanz- und Verwaltungsausschuss
haben zwar in der vergangenen Woche unendlich lange getagt, die Ergebnisse sind aber wenig
verlässlich. Eine Prognose über die zu verabschiedende Haushaltsvariante wird dadurch bis zur
letzten Minute unmöglich gemacht.
Das führt dann dazu, dass kaum noch jemand weiß, was in der aktuellen, heute zu beschließenden
Vorlage zur Haushaltssatzung eigentlich genau drin steht, zumal die letzte Änderung erst als
Tischvorlage verabreicht wurde. Es würde mich daher nicht wundern, dass so manche Entscheidung,
die heute getroffen werden wird, dem Zufall unterliegt und von dem einen oder der anderen so gar
nicht gewollt war.
Und so werden mit diesem Haushaltsentwurf anstehende Probleme nicht einmal ansatzweise gelöst.
Er bietet einmal mehr keine Perspektive und hat nichts Zukunftsweisendes.
Haushaltsrede 2013
14. März 2013
Statt sich endlich mal zu besinnen und Entscheidungen geleitet von längerfristigen Zielen zu treffen,
wird einmal mehr der Rasenmäher angesetzt und die Investitionssumme bei 3,8 Mio € gedeckelt.
Dass dabei etliche gebührenfinanzierte Maßnahmen entfallen und wir damit die weitere Verstetigung
der Abwassergebühren gefährden, bleibt ohne Gehör.
Auch die Fortführung der energetischen Sanierung am Schulzentrum wird mit fadenscheinigen
Argumenten abgebrochen. Stattdessen soll dort für sehr viel Geld eine Heizungsanlage eingebaut
werden, deren Sinn sich mir in dieser Form im Zusammenhang mit Sanierung und Biogasanlagennutzung
tatsächlich nicht erschließt. Und stattdessen bauen wir anderswo weiterhin einen Sanierungsstau
auf, den wir in den nächsten Jahren immer weniger auffangen können werden. Denn auch
die Summe für die Bauunterhaltung soll zukünftig mal wieder um jährlich 250.000 € reduziert werden.
Mit einer Debatte über Aufgaben, die zukünftig wegfallen können, wurden dazu weite Teile der
Verwaltung verunsichert, noch bevor die geplante Organisationsuntersuchung überhaupt ihre Arbeit
aufgenommen hat. Statt zu erkennen, welche schmerzliche Lücke der Weggang des Fachbereichsleiters
Bauen, Umwelt und Wirtschaftsförderung hinterlassen wird, möchte man die Fachbereichsleiterin
Jugend, Schule und Soziales gleich hinterher schicken und gibt obendrein den MitarbeiterInnen
der Bauaufsicht und des Jugendamtes zu verstehen, dass auch sie sich schon mal einen
neuen Job suchen können.
Was wir damit erzeugen, ist ein Ausverkauf an DIENSTleistungen im Wortsinne. Übrig bleiben immer
mehr Tätigkeitsfelder der Verwaltung, in denen sie sich mit sich selbst beschäftigt. Der Dienst für die
Bürger wird stetig reduziert. Der Ruf nach Beibehaltung von Verwaltungsaußenstellen in den
Ortsteilen ist da einfach nur ein Feigenblatt.
Um es klar zu sagen:
- Wir Grünen lehnen zum jetzigen Zeitpunkt K-Vermerke im Stellenplan rundweg ab. Erst nach
Ende der Organisationsuntersuchung können hier Entscheidungen getroffen werden.
- Das betrifft auch das Jugendamt: Wenn sich keine deutliche Kosteneinsparung durch die
Rückgabe an die Region ergibt und das jetzige Personal nicht angemessen übernommen
wird, wird es für diesen Schritt keine Zustimmung von grüner Seite geben.
- Wir haben uns für eine deutliche Anhebung der Grundsteuern ausgesprochen, um die Straßenausbaubeiträge
abschaffen und die Erneuerungskosten gerechter auf die Allgemeinheit
verteilen zu können. Hier fühlen wir uns noch nicht ausreichend beraten und werden weiter am
Ball bleiben.
- Unser Ziel ist es, städtische Einrichtungen so zu organisieren, dass es vielleicht weniger in der
Anzahl gibt, diese aber zukunftssicher aufgestellt sind. Das betrifft die Bündelung von Schulen
oder Kindergärten ebenso wie das Nachdenken über eine Zusammenführung von Bibliothek,
Museum und Tourismus.
- Und das bedeutet Entscheidungen zu treffen zum Beispiel über die Anzahl an Schwimmbädern
und Sportstätten und Feuerwehren.
Wer sich als Politiker nicht traut, solche Entscheidungen zu treffen, weil sie unbequem und unpopulär
sind, der muss sich fragen lassen, ob er in der Politik wirklich der oder die Richtige ist. Als gewählte
Bürgervertreterinnen haben wir nämlich genau diese Aufgabe: stellvertretend für andere die Geschicke
unserer Stadt zum Wohl aller zu lenken. Durch Kirchturmdenken, wie wir es hier immer
stärker finden, werden sich die Debatten auch in den künftigen Jahren immer weiter im Kreis drehen
und zu einer Abwärtsspirale führen, die sich immer schneller drehen wird. Sobald nämlich der positive
Effekt der diesmal noch sehr hohen Gewerbesteuereinnahmen verpufft ist, müssen wir gut aufgestellt
sein, um bei geringer werdenden Einnahmen von den laufenden Kosten nicht überrollt zu werden.
Sonst macht hier schon bald der Letzte die Tür zu und das Licht aus! Verhindern können wir das nur
mit klaren Entscheidungen, die heute für morgen getroffen werden.
Ob wir dem diesjährigen Haushaltsentwurf in diesem Sinne letztlich zustimmen können, wird die
heutige Debatte mit ihren zu erwartenden Einzelentscheidungen erst noch zeigen.
Elke Thielmann-Dittert

Bürgerreporter:in:

Joachim Debor aus Springe

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