Aufs falsche Rind gesetzt

... des Menschen Freund - das Pferd. Sein Genuss? Unbedenklich ...
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  • hochgeladen von Friedrich Schröder

Der Rindfleischskandal ist in aller Munde. Von Etikettenschwindel sei die Rede, weil statt Rind Pferdefleisch in Tiefkühlgerichten entdeckt worden war. Was als lokaler Skandal erst in England ruchbar wurde, ist nun auf ganz Europa übergeschwappt.

Mittlerweile kennen wir uns ja mit Lebensmittelskandalen aus: EHEC, Analogkäse, Hühnerfleisch mit Antibiotika angereichert und nun Pferde- statt Rindfleisch in Lebensmitteln. Souffliert Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner: „Was draufsteht, muss auch drin sein.“ Wohl wahr. Aber ist es nicht so, dass diesem ganzen betrügerischen Treiben staatlich Vorschub geleistet wird? Was nützen Vorschriften zur Qualitätskontrolle, wenn es keine geeigneten Instrumente gibt, eben diese Kontrollen lückenlos und für alle einsehbar nachzuhalten? Oder versagen die alle?

Aigner macht es sich da leicht, wenn sie in ihrem BamS Gastkommentar schreibt: „Aber Vorschriften machen nur Sinn, wenn sie auch konsequent umgesetzt und überwacht werden.“ Mit dieser Weichspüleraussage verschleiert sie die eigentliche Ursache des Skandals. Diese ist im Markt zu suchen. Warenterminbörsen handeln mit allem, was es zu Verschieben gibt. Auch mit Fleisch. Billig, billig, billig und viel muss es sein. Je mehr verschoben werden kann, umso besser. So ist der Fleischtourismus weltweit auf das Niveau von Linie Aquavit angekommen. Einpacken, einmal um den Äquator und zurück zum Verbraucher.

Der große Unterschied: Der Aquavit darf reifen, Fleisch wird nur älter und bleibt nur solange frisch, wie die Kühlmaschinen einwandfrei laufen, denn sonst ist Gammelfleisch angesagt. Natürlich ist das in dem heute konkreten Fall zu pauschal gewertet. Allerdings weist der Skandal auf ein generelles Problem hin, nämlich auf die Habgier. Habgier hat schon immer erfinderisch gemacht. Und je undurchsichtiger der Markt, umso besser für Etikettenschwindler in Armani und Escada. So wird Fleisch in Bits und Bytes gepackt und via Internet solange durch das globale Dorf gebeamt, bis ein passender Anbieter gefunden ist. Der hat wohl gerade kein Rindfleisch, aber ein Kontingent an Pferdefleisch auf Lager. Fleisch ist rot, ob Rind oder Pferd. Und weil Pferdefleisch ja billiger ist, gibt’s einen niedrigeren Preis. Es wird also portioniert und auf die Reise geschickt an Empfänger, die es sogleich und ohne aufwendige Kontrollen in die Produktion geben.

Und dann – kommt es raus. Uns Verbrauchern wird abwiegelnd gesagt: „Nichts währt kürzer als die Freude über einen niedrigen Preis.“ Ihr wollt doch immer billigere Lebensmittel. Ist das wirklich so? Die Ursache dürfte aber anders gelagert sein, denn Bedarf kann man auch erzeugen. Und im Verführen an Fleischtresen oder Tiefkühltruhen mit Fertiggerichten ist die Lebensmittelindustrie Weltmeister. „Sonderangebote über Sonderangebote“, billig, billig , billig. Und der nimmersatte deutsche Michel greift zu, nützt die Gelegenheit für sein Schnäppchen. Und die Lebensmittelketten geben Rückmeldung an die Erzeuger: „Wir brauchen mehr!“

Die Folge: Neue Mastställe werden aus dem Boden gestampft, größere Schlachthäuser gebaut, noch kürzere Durchlaufzeiten bei der Mast in Kauf genommen. Und um den Masterfolg nicht zu gefährden, werden die Tiere zusammen mit dem Futter mit Antibiotikum und anderem Zeugs vollgestopft. Es wird Zeit, dass wir aufwachen, dass wir uns nicht mehr länger am Nasenring der Lebensmittelindustrie herumführen lassen.

Die Politik kann sehr wohl unmittelbar eingreifen, um dieser unsäglichen Treiben einen Riegel vorzuschieben:

1. Anhebung der Mehrwertsteuer für Fleischprodukte von sieben auf 19 Prozent.
2. Abschaffung der Ausfuhrsubventionen für Fleischprodukte.
3. Lebensmittelverarbeitung von Fertiggerichten ausschließlich mit inländischen Getreide- und Fleischprodukten

Wir werden sehen, dass die Marktregulierung über den Preis – auch über die Mehrwertsteuer –Verbraucherbewusstsein fördern wird. Eine massive, aufrüttelnde Kampagne zur richtigen Volksernährung würde zwar keine generelle Richtungsumkehr in der Ernährung bewirken, aber helfen. Wenn Gesundheitsappelle auf Verpackungen von Tabakwaren Wirkung haben - davon ist die EU überzeugt -, dann können solcherart Appelle auch auf Lebensmitteln nicht grundsätzlich falsch sein.

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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