Die sonntägliche "Ruhe" auf dem Kirchhofe zu Seelze...

Südansicht der 1755 zerstörten Kirche nach einer Zeichnung von 1746
  • Südansicht der 1755 zerstörten Kirche nach einer Zeichnung von 1746
  • hochgeladen von Andreas Schulze

Man schreibt das 17. Jahrhundert in Seelze. Die Kirche zur Seeltze (so hat man es damals wohl geschrieben, naja wer denn schreiben konnte) hatte es kirchengetreuen Männern erlaubt auf dem Kirchhof ihre Hütten zu errichten. Achte kleine Holzhäuschen waren es wohl gewesen welche sich in lockerer Weise um die Kirche wunden. Die die hier wohnten, waren allesamt einfache Handwerker. Sie konnten keine Felder oder Wiesen als ihren Besitz nennen. Auch waren sie von recht ärmlichen Stand, so dass man ihre Pacht recht niedrig ansetzte. So sollte sie aber der Kirche und den Geistlichen zur Hand wann immer es von Nöten war. Es sollten Botengänge, die Kirchenreinigung sowie Erntehilfe auf Pfarrhofe getan werden.

Christian Basse in Drechslerarbeit als Meister anerkannt, schleppte die neue Seilrolle für die Fähre über den Kirchhof, als die Küster ihn zu sich rief. „Hey Basse`s Christian. Komm näher. Ich habe einen Botengang für dich zu tun“ - „Siehst du doch, dass ich beschäftigt bin, such dir `nen andern. Ich muss nach dem Rotermund, dem Fährmann. Er erwartet meine Arbeit und diese wird gelohnt.“ Brummelt dieser sauer. So stand der Küster mit seinen geschriebenen in der Hand alleine da. Denn zu dieser Zeit galten die Kirchendienste als Ergänzung zur Pacht, jedoch nicht zur Begeiterung aller.
Oh dachte der Küster dort in der Ecke schlurft der alte Henrick, der Leineweber, der solle meinen Gang tun. Aber als er ihn ansprach, werte auch dieser mit barscher Rede ab. Für die Art von Arbeit gab es keinen Lohn. Sein Tagwerk ernähre ihn schon seit langem nicht mehr. So musste denn der Küster sein Anschreiben selber austragen. Schließlich stellte man, nachdem die Dinge immer widerstrebender erledigt wurden, dass Bitten danach ganz ein…

Immer mehr dieser Dinge ließen den Pastor und den Küster verdrießen. So sagte der Küster: “Schaut nur Pastor, der Krämer Rosemeyers Hans. Er treibt schon wieder Schweine und diverses Federvieh über den Kirchhof. Will zum Kirchgang am Sonntag ein extra Geschäft machen.“ „Ja ja“, antwortet dieser recht ungehalten, „es ist eine schade zu sehen wie er auch noch Feuerholz zerspaltet; am heiligen Sonntag.“ Ihm wurde Gefängnisstrafe angedroht wenn er nicht so aufsässiges Verhalten unterlasse. Auch solle er dass halten von Gänsen auf dem Kirchhofe einstellen, sodass die Verschiedenen wider ihre verdiente Ruhe bekämen. Waren doch eine Anzahl von Gräbern auf dem Hof. Aber wie die Zeit zeigte, half das alles nicht. Die Kirchhöfner trieben ihren Frevel nur noch weiter.
So kam es, dass sie, um ihr kärgliches Einkommen aufzubessern, Brandwein ausschenkten. Was sich auch auf Sitte und Moral als schädlich auswirkte. So saß an einem Lauen Sonntag morgen in der Früh die Badersfrau Anne Rosememeyer in unanständig aufreizender Weise auf dem Schoß des ältlichen Kirchgänger. Ich glaube aus dem Lettischen war er. Pastor Hollenberger war dem sonntäglichen Treiben nicht mehr gewachsen. Jetzt störte dieses, ja man muss es sagen "Saufgelage", sogar schon den Gottendienst. Also wurde kurzerhand die ganze Sache, durch den Amtmann Koch aus Blumenau verboten. Natürlich fanden sich Mittel und Wege seine sonntäglichen Brandwein auch danach noch zu genießen.

Doch was am 30.Juli 1755 geschah, war ein Vielfaches an Not und Elend, von dem was sich bis dahin um den Kirchhof bot. Eines des kleinen Stroh gedeckten Dächer auf dem Kirchhofe fing Feuer. Es war heiß und trocken gewesen. Ludwig Christian Mensching, seinerzeit Pastor in Seelze, tat sein möglichstes um Mensch und Gut zu retten. Auch die Dorfjugend half nach Kräften, aber die Feuer waren einfach zu groß.

Nachdem aus gründen der Enge die Kirchhofhütten nicht wieder erstellt wurden sahen Bewohner sich anderweitig nach Behausung um. Nun hatte der Kirchhof endlich wieder Patz und weite, um der, als bald stetig anwachsenden, Kirchgemeinde zu dienen wozu er ursprünglich gedacht war. Nämlich um den Verschiedenen eine letzte Ruhstätte zu gewähren…

Angaben (Zahlen und Fakten) der Geschichte aus den "Seelzer Geschichtblättern" Nr. 1 von 1988

Bürgerreporter:in:

Andreas Schulze aus Seelze

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